Warum es 2009 nur besser werden kann

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Andreas Dosch /

herr_pHerr P. fährt Bahn

Die Feiertage waren ruhig verlaufen für Herrn P. Er hatte sich mit einem neuen Hut beschenkt und es wie jeden Heiligabend genossen, die junge Dame von der Telefonseelsorge mit Schwänken aus seinem Leben aufzumuntern. Er war in menschenleeren öffentlichen Verkehrsmitteln durch die hell erleuchtete Stadt gefahren und dabei von einem leicht lädierten Hartz-IV-Empfänger um ein Autogramm gebeten worden. „Wie machen Sie das bloß?“, erkundigte sich der Mann. „Immer in der Bahn sitzen, des geht doch ins Geld.“ „Wissen Sie“, antwortete Herr P., „ich warte auf besseren Service. Ständig diese Fahrpreiserhöhungen, da muss er doch mal kommen.“ Sein Gegenüber lachte: „Da können Sie warten, bis Sie schwarz werden.“ „Oder schwarz fahren …“, rief er im Hinausgehen, „gutes neues Jahr!“
Apropos: Jedes Silvester ließ Herr P. genau eine Rakete steigen, und diesmal sollte es eine besondere sein. Im Fachhandel riet man ihm zum „Counter Striker XPO Megaforce III“, denn „den haben sie auch schon im Irak-krieg benutzt“. Klang gut, fand Herr P., aber das Ding war nur noch in einem Außenbezirk zu haben. Also bestieg Herr P. die von den nachfestlichen Umtauschkonsumenten völlig überfüllte Bahn und musste geschlagene 20 Minuten im Gewühl stehen, weil es sich um einen Kurzzug handelte, der auf freier Strecke wegen eines Signalschadens zum Erliegen kam. Als er die Feuerwerksfabrik erreichte, holten gerade finstere Zeitgenossen Dutzende Kisten von ausrangierten Lastwagen mit osteuropäischen Kennzeichen, Herr P. wurde zu einem Seiteneingang geführt und bekam gegen Bargeld den Counter Striker zugesteckt, eine große Schachtel mit Totenschädel drauf. Auf dem Rückweg dann das gleiche Spiel: Kurzzug, Gedränge, technische Panne – Herr P. hatte nicht übel Lust, den Knaller gleich hier zu zünden, was ihm jedoch sein Anstand verbot. Schließlich war es dann so weit: Am 31.12. kurz vor Mitternacht packte Herr P. zu Hause die Kiste aus, schraubte den Explosivkörper zusammen, schenkte sich ein Glas Sekt ein, trat auf den Balkon, zählte rückwärts und steckte den Counter Striker XPO Megaforce III mit einem Zündholz an. Es qualmte, machte „Zopp“, der Counter Striker gab ein kurzes Jaulen von sich und danach kläglich puffend den Geist auf. „Was für ein miserabler Service“, dachte Herr P., trank seinen Sekt aus, schaute sich noch einen Moment lang das nächtliche Feuerwerk an und machte die Balkontür hinter sich zu.

Erschienen unter dem Titel "Warum es 2007 nur besser werden kann" im Journal Frankfurt, Ausgabe 1/2007


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