Psychothriller auf der Bühne

"The Collector" fesselt im English Theatre

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Das Stück „The Collector“ (1950), das im English Theatre Premiere feierte, erinnert an den Fall der Natascha Kampusch: Ein obsessiver Mann entführt eine Frau, mit der er zusammenleben will.

Nicole Brevoord /

Frederick Clegg hat Schmetterlinge nicht nur eingerahmt als Bestandteil seiner Sammlung, er hat auch Schmetterlinge im Bauch, weil er sich obsessiv in die Kunststudentin Miranda verliebt hat. Sie ist ein besonders hübsches, gut situiertes Exemplar, mit dem er sich schmücken will, an das er aber kaum herankommt. Als er Geld gewinnt, schmiedet Frederick den perfiden Plan Miranda zu entführen und im ausgebauten Kellerverlies seines Hauses zu verstecken. Durch die Nähe soll sie lernen, seine „Liebe“ zu erwidern. Doch Miranda verabscheut zunächst ihren Kidnapper und demütigt ihn so viel sie kann, schon alleine wegen der Klassen- und Bildungsunterschiede zwischen den beiden. Bald aber glaubt sie, durch Kooperation ihrem Ziel, der Freiheit, näher zu kommen. Mit fragwürdigem Erfolg. Letztlich entpuppt sich die tolle Miranda als weniger perfekt als von Frederick angenommen. Die raffinierte psychologische Studie nach dem Roman von John Fowles erforscht die menschlichen Abgründe und stellt die beiden Hauptdarsteller David Blackwell und Meghan Treadway mit einer beachtlichen Textmenge in den Vordergrund. Während Blackwell als Frederick von Anfang an leicht autistische Züge aufweist, die anfangs eher ulkig und dann immer unberechenbarer werden, fand Meghan Treadway als Miranda bei der Premiere am Freitag erst langsam ins Spiel. Hie und da konnte man ihr die Angst eingesperrt zu sein nicht so recht abnehmen, nach der Pause jedoch, in dem lebhafteren Teil des Stücks, kommt Treadway in Fahrt und zeigt deutlich, welches Wechselbad der Gefühle sie durchlebt, beispielsweise in der Szene als sich Miranda überwindet und versucht, den so gar nicht an Sex interessierten Entführer zu bezirzen.

Eingebettet in ein facettenreiches Bühnenbild, das mit so mancher technischen Überraschung aufzuwarten weiß, schafft es Regisseur Guy Unsworth die beklemmende Situation der Entführung spürbar zu machen. In Anlehnung an den Roman wird auch im Stück deutlich, dass die literarische Vorlage aus drei Teilen besteht. Zunächst berichtet Frederick von seiner Liebe zu Miranda und über seine Beobachtungen. Schon hier stellen sich dem Zuschauer ob des auf der Bühne aufflackernden Wahnsinns die Nackenhaare auf. Im zweiten Teil wird die Geschichte aus der Perspektive von Miranda erzählt, anhand ihrer Eintragungen, die sie heimlich in ihr Tagebuch macht. Und zum Abschluss zieht Frederick noch mal sein beängstigendes Fazit.

Beide Schauspieler sind übrigens ab dem 16. Mai auch in dem Stück „Venus in Fur“ (bis 2.7.) immer im Wechsel mit „The Collector“ (bis 4.7.) zu sehen. Hier spielen sie konträre Rollen. Meghan Treadway übernimmt als Wanda die dominante Position im Spiel zwischen Mann und Frau und David Blackwell muss sich ihr als Thomas unterwerfen und seine bisherigen Lebenseinstellungen zu Liebe, Beziehung und Sexualität auf den Prüfstand stellen. Das English Theatre zeigt beide Stücke in einem „Double Feature“. Dieselben Schauspieler in beiden Stücken, inszeniert von zwei Regisseuren. Kombitickets sind ab 48 Euro erhältlich, ermäßigt für 25 Euro.

>> Gallusanlage 7, www.english-theatre.de


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