Jo van Nelsen

Weihnachtsprogramm ohne Winteridyll

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Mit der Grammophon-Lesung widmet sich Jo van Nelsen seiner Leidenschaft für Schellackplatten und präsentiert ein ganz neues Bühnenkonzept. Am Donnerstagabend kommt er in die Romanfabrik.

Detlef Kinsler /

Anfang des Jahres lud der Frankfurter Sänger, Schauspieler, Moderator, Autor und Regisseur Jo van Nelsen zum Jubiläumskonzert ins Neue Theater Höchst ein. Zum 25. leistete sich der Chansonnier erstmals eine Jazzband, bot das Programm aber auch im Trio mit Kontrabass und Klavier an. „Weil ich so auch ein paar kleinere Bühnen bedienen kann, die sich fünf Mann nicht leisten können“, sagt er in einer Mischung aus Loyalität und Pragmatismus. Da er damit einen guten Lauf hat, spielt er es über 2014 hinaus. „Ich habe alle Jubiläumsprogramme über mehrere Jahre gespielt. Es wird ja nicht schlecht“, schmunzelt er. Zum letzten Mal wird er allerdings dieses Jahr sein erfolgreiches Musikkabarett „Wunschlos“ am 6.12. in der Käs aufführen. Er und sein langjähriger Pianist Thorsten Larbig gehen danach mit einem „Sag niemals nie“ auf den Lippen getrennte Wege. „Jetzt ist für beide wichtig, wieder neue Impulse zu kriegen und neue Projekte zu verfolgen.“

Für das erste, das am 18.12. in der Romanfabrik seine Frankfurt-Premiere feiert, hat das Multitalent gleich ein neues Format entwickelt: die Grammophon-Lesung. Die Ursprünge dieser Leidenschaft liegen lange zurück. „Ich habe immer meine Großeltern in Luzern besucht. Wir gingen oft in ein Restaurant, gegenüber war ein Antiquitätengeschäft“, erzählt van Nelsen, damals zarte 11 Jahre alt. „Da stand ein Koffer-Grammophon und ich habe meinem Großvater gesagt, ich wünsch mir nur das und nichts anderes. Er war schwer beeindruckt.“ Schließlich hatte er in den Zwanzigerjahren noch die Berliner Bühnen besucht. „Dann habe ich sehr schnell angefangen Schellackplatte zu sammeln“, faszinierte den erklärten Nicht-Technik-Menschen das einfache Prinzip der Abspielgeräte so sehr wie das Repertoire der Vor-Vinyl-Generation aus den 20er, 30er und 40er Jahren.

Zu seinen Lesungen bringt er sein Grammophon und seine Platten mit. Die Musik kommt aus dem Trichter, van Nelsen ist hier „nur“ Erzähler. Weil er auch die Augen bedienen will, gibt es dazu eine Powerpoint-Präsentation mit alten Bildern und Postkarten. Da neben dem Lametta und der Gans auch der Siegerkranz im Titel auftaucht, darf man bei einem, der für die Auswahl seiner Texte immer sein „kabarettistisches Auge“ bemüht, kein Winteridyll erwarten, sondern eher Obskures, Skurriles, auch Schauriges. „Das Weihnachtsprogramm ist das politischste, was ich seit langem gemacht habe“, warnt van Nelsen. Kennen Sie die Nazi-Fassung von „Es ist ein Ros entsprungen“? Sie werden sie zu hören bekommen. Denn eine Botschaft des Abends ist auch, aus der Geschichte zu lernen.

>> „Lametta, Gans und Siegerkranz“, Grammophon-Lesung, 18.12., 20 Uhr, Eintritt: 15,–


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