Elf geflüchtete Jugendliche bemalen gemeinsam mit drei Frankfurter Street Art-Künstlern eine Brücke zwischen Gallus und Griesheim. Damit wollen sie ein Zeichen für Vielfalt, Toleranz und interkulturelle Zusammenarbeit setzen.
Tamara Marszalkowski /
Philipp Alexander Schäfer wollte aktiv werden. Als im Sommer 2015 der Flüchtlingsstrom auf einem Rekordhoch war, die Medien Fotos von mit Menschen überfüllten Schlauchbooten zeigten, kam ihm eine Idee für ein Projekt. Denn seiner Meinung nach funktioniere Integration nicht von oben herab, von der Politik bestimmt - sie müsse aus der Zivilgesellschaft heraus angestoßen werden. Als seine Freundin ihn fragte, was er denn selbst dafür tun würde, machte er sich darüber Gedanken, was er in seinem Bereich, mit seinem Selbstverständnis tun könne. Heraus kam das Projekt die "Bunte Brücke". Denn in seinen Augen habe besonders Kunst das größte Potential, dass Menschen sich näher kommen. "Da bin ich ein verkappter Romantiker und Idealist", sagt Schäfer.
Gemeinsam mit elf geflüchteten jungen Erwachsenen und zwei Street Art-Kollegen verwandelte er eine graue Autobahnbrücke auf dem Griesheimer Stadtweg in ein buntes Kunstwerk. Die Brücke, die Gallus und Griesheim trennt, führt unter der A5 durch. Mit dem Projekt will er "bunte Brücken bauen zwischen unterschiedlichen Kulturen, kultureller Teilhabe und unterschiedlichen Künstlern", sagt Schäfer. Über drei Tage habe der Workshop gedauert, in dem die Brückenpfeiler und -wände gestaltet wurden. Er und die beiden Frankfurter Street Art-Künstler Il-Jin Choi und Guido Zimmermann unterstützten die Jugendlichen lediglich bei der künstlerischen Gestaltung.
Sie arbeiteten vorher gemeinsam ein Konzept aus. Schäfer, der auch als Dozent an der Frankfurt University of Applied Sciences arbeitet, band das Projekt sogleich in seine Lehre mit ein. In seinem Seminar "Kunst und Demokratie" konnten sich seine Studierenden den Kurs als Praktikum anrechnen lassen. Dort arbeiteten sie gemeinsam organisatorische Schritte aus. "Einige der geflüchteten Jugendlichen haben sich über das Projekt hinaus mit den Studierenden befreundet und unternehmen heute noch gemeinsam Dinge", sagt Schäfer.
Unter den elf Flüchtlingen waren sogar drei Frauen. Darauf scheint Schäfer besonders stolz zu sein. "Das sieht einfach toll aus, wenn da eine junge Frau im Kopftuch mit einer Spraydose die Wand besprüht", sagt er. Die Flüchtlinge waren zwischen 20 und 30 Jahre alt. Von ihnen hatte jedoch niemand zuvor Erfahrung mit Graffiti sammeln können. "Ein paar konnten richtig gut zeichnen", sagt Schäfer. Die meisten kamen aus Syrien und Afghanistan. Schäfer habe Rückmeldung von den Flüchtlingen bekommen, dass es ihnen gut getan habe, dass sie selbst mal nicht im Zentrum gestanden hätten. In den Bildern verarbeiten sie ihre Geschichte, Sehnsüchte und Wünsche.
Schäfer plant das Projekt im September mit neuen Flüchtlingen und Studierenden durchzuführen. Eine besondere Brücke hat er bereits auch schon im Blick: Die Main-Neckar-Brücke, auf der die Züge in den Hauptbahnhof einfahren. Noch akquiriert er Gelder. Doch er gerät jetzt schon ins Schwärmen: Die großen Pfeiler bieten viel Platz für Bilder.