Friede den Hütten

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Nils Bremer /


Die Bäume wiegen sich und spiegeln sich im grünblauen Wasser des Mönchwaldsees, man muss kurz verweilen, weil einen der Anblick so rührt: an diesem sommerlichen Sonntag erscheint der Kelsterbacher Wald wie der Inbegriff der Idylle. Nur wenige Schritte vom See mit dem romantischen Namen entfernt klettert Stephanie Müller einen Baum hoch, in der einen Hand ein Seil, in der anderen ein Transparent. "Nur mit brutaler Staatsgewalt kriegt ihr unseren Wald", steht dort. Die brutale Staatsgewalt, sie wird für diese Nacht erwartet. Der Kelsterbacher Bürgermeister hat einzig bis um 19 Uhr eine Duldung des Walddorfes erlaubt, danach kann die Polizei die Sache ganz schnell auflösen. Wobei Stephanie sagt: "Einfach wird das nicht." Die 22-jährige Medizinstudentin ist aus Hamburg angereist, sie freut sich über das sonntägliche Treffen der Bürgerinitiativen, hier am Ort des Geschehens, dort wo laut den Planungen des Flughafenbetreiber Fraport in dreieinhalb Jahren eine neue Landebahn stehen soll. Etwa 50 Menschen haben seit der vergangenen Woche Zelte aufgeschlagen und Baumhäuser errichtet, in denen sie nächtigen, in denen sie ausharren wollen, um die Rodung des Kelsterbacher Waldes zu verhindern. Während die Bürgerinitiativen den Aufbau des Zeltdorfes durchweg gutheißen, sorgt er bei einigen Politikern durchaus für Unruhe: eine unkontrollierbare Situation wie beim Ausbau der Startbahn West möchten sie verhindern. So will der Kelsterbacher Bürgermeister Manfred Ockel die Flughafenausbaugegner vertreiben, obwohl seine Kommune zu den Klägern gegen die Nordwestlandebahn gehört. Offizieller Grund: man könne Fraport das Betreten des Grundstücks nicht verweigern und gleichzeitig für Flughafengegner öffnen. Zugleich verhandelt die Stadt mit der Fraport über den Verkauf des Waldes – bei einer möglichen Enteignung würde sie wahrscheinlich keine gute Ernte mehr einfahren können. Der Flughafenbetreiber ist ungeachtet der Rechtsstreitigkeiten, die wohl erst im kommenden Jahr beigelegt werden, bemüht, recht bald mit ersten Vorarbeiten auf dem Gelände in Kelsterbach zu beginnen. Vermessungen anzustellen, den Kampfmittelräumdienst zu bestellen, erste Wege abzustecken. Wenn dann der Gerichtsentscheid kommt, will man direkt loslegen. Da stört ein Hüttendorf natürlich nur. Stephanie Müller rechnet damit, dass die Polizei in den frühen Morgenstunden mit Hubwagen anrückt. "Wir sind friedliche Demonstranten", sagt sie. Der Polizei will sie sich nicht in den Weg stellen. "Die lassen nicht mit sich reden – und greifen meist ziemlich hart durch." Solch staatliche Repression kennt sie schon von anderen Aktionen. Es sieht also danach aus, als würde die Idylle am Mönchwaldsee recht bald empfindlich gestört. Nicht das letzte Mal bevor sie endgültig dahin ist.

Update, 3.6.2008: Die Stadt Kelsterbach hat das Gespräch mit den Waldbesetzern aufgenommen, Freitag will man zusammenkommen und eine einvernehmliche Lösung suchen.


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