„Made In Germany“ gilt auch beim Sex als Gütesiegel. Drei Frankfurter garantieren die ästhetische Umsetzung des Themas in Wort, Ton und Bild. In der ARD-Reportage „Sex – Made in Germany“ am Montag, 22:45 Uhr.
Detlef Kinsler /
Tina Soliman hat ein Faible für die existentiellen Themen. Ob für „Kontraste“, „37°“ oder „Panorama“ – es sind immer „schwere“, sozial relevante Themen, denen sich die Fernsehjournalist annimmt. Aus ihrem NDR-Beitrag „Für mich bist du gestorben – Wenn Menschen plötzlich den Kontakt abbrechen“ hat sie ein erfolgreiches Buch gemacht. „Funkstille“. Die Publikumsreaktionen bei einer vom JOURNAL FRANKFURT im 25h-Hotel präsentierten Lesung im März 2011 zeigten, dass sich aufgrund ihres Credos, schonungslos am Thema, einfühlsam gegenüber den Protagonisten, die Betroffenen aus der Deckung wagen. Das ist schon bei der Recherche wichtig. Ohne Identifikation für die Sujets lässt sich kein Vertrauen bei den Interviewpartnern aufbauen für intime Bekenntnisse zu sensibelsten Aspekten.
„Sex – Made in Germany“ heißt ihre neue ARD-Dokumentation. Mit Kollegin Sonia Kennebeck war sie zwei Jahre im Milieu unterwegs, in Edelbordellen, Flatrate-Puffs, Webcam-Studios. Sex-Unternehmer, Huren, Amtsleiter, Finanzbeamte kommen zu Wort, sogar ehemalige Zwangsprostituierte im fernen Rumänien. Das erste Bild im Feature zeigt aber die Elbestraße. „Komm“ steht über dem Eingang des „Crazy Sexy“ – als Einladung zum Sex. Obwohl Solimans Schreibtisch inzwischen in Hamburg steht, die alte Verbundenheit zu Frankfurt bleibt. „Auch weil mir das Bahnhofsviertel besser gefällt als die Reeperbahn“, sagt sie. Schon immer spielt Musik eine große Rolle in ihren Stücken. So lerne sie Insa Rudolph, die Schwester einer „Panorama“-Kollegin kennen. „Ihre Stimme passt unglaublich gut zu den Bildern“, fragte Soliman Rudolph, ob sie den „Soundtrack“ beisteuern wolle. Ein unmoralisches Angebot?
„Ich hatte für eine dokumentarisch-musikalische Milieustudie namens ,Rotlicht' am Deutschen Theater in Göttingen schon zum selben Thema recherchiert", erzählt die Sängerin und war dabei. „Ich habe versucht, die emotionalen Bilder von Torsten Lapp musikalisch zu spiegeln. Als ich sie zum ersten Mal sah, hatte ich das Gefühl, sie sind die bildhafte Übersetzung meiner Musik – mit bewusst gesetzten Störfaktoren, Unschärfen und verwackelten Bildern, die die Stimmungen evozieren", schwärmt Rudolph von der Ästhetik des Frankfurter Kameramannes. „Informativ, dokumentarisch und authentisch schließt eine emotionale, künstlerische Umsetzung solcher Themen ja nicht aus." Denn dröge Dokus braucht kein Mensch. Übrigens: nach Jazz-Pianist Michael Wollny zieht es auch Insa Rudolph „der Liebe wegen“ von der Spree an den Main. „Ich werde weiter am Pendeln sein, will aber weniger aus dem Koffer leben und Frankfurt nicht nur als Reiseziel, sondern als permanente Adresse haben.“