Wir sehnen uns nach Wildnis. Mir ist das neulich klar geworden, als ich des Nachts auf einem verlassenen Offenbacher Hochhausparkplatz einen Fuchs traf. Wir waren beide erstaunt, glaube ich, denn wir blieben stehen, schauten verdutzt auf die herbstlichen Atemwolken des jeweils anderen, gingen in großem Bogen aneinander vorbei und blickten uns schnelleren Schrittes noch einmal zueinander um. Biologen sagen schon lange, dass sich Stadt und Land in gewisser Weise miteinander versöhnen. Waschbären, Wildschweine und Wanderfalken integrieren sich – und das gerade in Frankfurt, wo Stadtwald und Grüngürtel nie fern sind.
Frankfurt: Wo sich Fuchs und Hai gute Nacht sagen
Vor den Lichtern der Großstadt hat die Fauna keine Furcht. Das lässt sich auch mit Zahlen belegen: 14 verschiedene Fledermausarten haben in Frankfurt ein Zuhause. 1300 Pflanzenarten haben Wurzeln geschlagen. Und Tausende Zugvögel schlagen gerade ihr Winterquartier am Main auf, seit der Klimawandel die Winter milder werden lässt.
Eine Wildnis anderer Art zeigt sich im Bahnhofsviertel, an dessen Rand unsere Redaktion liegt. Ein Rundgang ist jedes Mal ein Erlebnis. Da verkauft der türkische Fischhändler ganze Haie an Japaner. In kleinen Gläschen werden Traubensetzlinge feilgeboten und im nächsten Hauseingang so allerlei Drogen. Das alles ist nicht immer schön, manchmal auch richtig hässlich, aber eben das Leben mit seinen Höhen und Tiefen. Da mutet es etwas seltsam an, wenn sich Luxushotelbesitzer über den Schmutz und die Druckräume vor ihrer Tür bei der Stadt beschweren und Frankfurts Law-and-Order-Politiker gleich mal den Kärcher befüllen. Aber das ist meine Meinung.
Was denken Sie: soll die Wildnis des Rotlichts gelichtet werden? Darüber würde ich gerne mit Ihnen diskutieren. Schreiben Sie an chefredaktion@mmg.de oder kommentieren Sie gleich hier und jetzt.