Das hässliche Frankfurt

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Nils Bremer /

Folge 2: Der Goetheplatz


Der Goetheplatz ist eine stadtplanerische Tragödie. Dem einst funktionalen, kalten Nachkriegsspielplatz bot sich eine Chance, als unter ihm ein neues Parkhaus errichtet werden sollte, weil die ausschlaggebenden Lokalpolitiker der Meinung waren, das Frankfurt noch nicht genug Autoverkehr in seinem Zentrum hätte. Der Goetheplatz also alsbald aufgerissen, doch was mit seinem Deckel passieren sollte, das war weithin unklar. Einig war man sich nur, dass man das Platz-Triptychon Rathenauplatz, Goetheplatz und Roßmarkt zu einem Bild formen wollte. Ein Büro aus Berlin wurde mit dem Gestaltungsentwurf beauftragt und spätestens da ahnt man, dass das nichts werden konnte. Wer sich auf dem Alexanderplatz wohlfühlt, der wird es auch auf dem neugestalteten Goetheplatz. Rechteckige Formen, Stufen, die vollkommen willkürlich in den Bodenbelag gefräst und eine unwillkommene nächtliche Stolperfalle sind, dann Kirschbäume, in Rrrreih und Glied - ein Exerzierplatz preußischer Tradition ist so in Frankfurt entstanden, einer Stadt, die sich so nach Mediterranität sehnt und am eigenen Betonfaschismus zwischen Autobahnkreuzen, Flughafenpisten und vierspurigen Einfallstraßen verzeifelt. Den Entwurf des Dramas kann man immer noch auf der Seite der Stadt nachlesen, das ausschlaggebende Architekturbüro schmückt sich mittlerweile lieber nicht mehr damit. Es ist auch nicht so, dass andere Ideen nicht genannt worden wären. So kursierte der Vorschlag einiger Stadtplaner, doch den Platz zur Straße hin mit einer Galerie von Cafés zu begrenzen. Ach, eines hätte auch gereicht, um dem Goetheplatz ein wenig Leben einzuhauchen. Selbstverständlich wurden die Vorschläge alle abgeschmettert, um sicherzugehen, dass das Stückchen Stadt eine Totgeburt wird. Immerhin entschloss man sich, das Goethedenkmal umzutopfen. Da schaut er nun, der Dichterfürst, auf den Beton. Wenigstens sein Sockel lädt zum Verweilen ein. Von dort hat man einen wunderbaren Blick auf Frankfurts Makel.

Wird fortgesetzt.


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