Welch hehre Worte kann man lesen, seit die Europäische Zentralbank ein Wiener Architektenbüro damit beauftragte, mit einem Zwillingshochhaus die altehrwürdige Großmarkthalle, die "Gemieskirch", den "Bauch Frankfurts" zu verschatten und sich die Planer gar anschickten, die Gewölbe zu dekonstruieren, zu zerschneiden. Die Erben des Großmarkthallenentwerfers Elsässer sprachen von einem "Werk der Baukunst", wohlgemerkt in Bezug auf den alten Backsteinbau. Und Matthias Arning, Lokalchef der einst linken Rundschau, lässt sich in einem Kommentar gar zu Sätzen wie diesen hinreißen: "Wer allerdings um die Geschichte des von den Hochbauten der Bank erniedrigten ursprünglichen Gebäudes weiß, also die Großmarkthalle als Ikone moderner Architektur aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch kennt, kann den Eingriff der Geldmanager nur als Verletzung verstehen. Als Zerstörung historischer Substanz. Als bewussten Akt geschichtsvergessenen Vorgehens, der für weitere Debatten zum Umgang mit historischen Gebäuden und über Rekonstruktionen alter Häuser nichts Gutes vermuten lässt."
Und wenn man dann im Ostend am Main entlangschlendert, dann kann man es kaum fassen, dass dieser Trumm, dieses Ungebilde solch Verteidigungen hervorruft. Frankfurt hat sich schon wahrlich schönerer Bauten entledigt. Der Vergleich mit einer Kirche, einer Kathedrale drängt sich wahrlich nicht auf. Und nur weil ein Bauwerk sehr groß und aus den 20er-Jahren ist, muss man es noch lange nicht erhalten. Eine Ikone der Architektur seiner Zeit - dieses Argument ist keines. Auch das äußerst schlimme Commerzbank-Hochhaus ist eine Ikone der nicht weniger schlimmen 90er-Jahre.
Und benachbart des Messeturms wurde vergangenes Jahr die altehrwürdige Direktion der Bundesbahn abgerissen, um Platz zu schaffen für ein steinernes 185 Meter hohes Hochhaus, in das die Unternehmensberatung PwC einziehen möchte. Das ist mal Dekonstruktion par excellence. Vielleicht auch eine Idee für die Großmarkthalle, selbst wenn die EZB kein Geld findet. Wir dürfen Hoffnung haben: die einst groß durch die Lokalpresse getragene Internetseite www.rettet-die-grossmarkthalle-frankfurt.de ist abgeschaltet worden.