„Das ist heute mal wieder ne etwas ruhigere Aktion nach dem Wirbel in der Bild“, seufzt Petra Tursky-Hartmann. Stimmt. Verglichen mit dem Medienrummel, den ihr hüllenloser Einsatz zu Gunsten der Aids-Hilfe verursachte, scheint das Plätzchenbacken im Kreise der Genossinnen geradezu Labsal für die aufgekratzte Seele der SPD-Politikerin. Sie kocht Kaffee während die anderen den Teig ausrollen und schon mal mit dem Ausstechen anfangen. Fünf Parteifreunde aus Schwanheim, Oberrad und Sachsenhausen hat sie sich in ihre Küche eingeladen, um Y-förmige Plätzchen mit rotem Zuckerguss zu backen. „Unser Benedikt ist auch Koch und hatte die Idee zu dieser Aktion“, freut sich Tursky-Hartmann. „Die Damen sind außerdem alle bei der Arbeiter-Wohlfahrt. Da kennt man sich mit kochen und backen aus.“ Am Wochenende sollen die „Ypsis“ auf dem Weihnachtsmarkt in Schwanheim an den Wähler gebracht werden. Außerdem will ihr Wahlkampfteam die Plätzchen persönlich an Haushalte verteilen, „um mit den Leuten über die Landtagswahl im Januar ins Gespräch zu kommen.“
Ins Gespräch gekommen war Tursky-Hartmann schon Anfang der Woche. Das Foto, das am Dienstag in der Zeitung mit den großen Lettern erschienen war, zeigte sie nackt auf einem Bett liegend, umringt von Dutzenden kleinen Teddybären der Aids-Hilfe. „Ich habe die Wirkung des Fotos wirklich unterschätzt“, gesteht die 47-Jährige.
Dabei sei das Motiv so gar nicht geplant gewesen. „Wir haben Quatsch gemacht. Das Bild ist spontan aus einer Laune heraus entstanden.“ Zwar bereut sie die Aktion nicht, dennoch ist die „Bembelqueen“, wie die Politikerin in ihrem Wahlkreis im Frankfurter Süden genannt wird, verärgert. Denn da das Foto erst mit einigen Tagen Verzögerung in den Medien erschienen war, entzog es, gelinde gesagt, dem Treffen ihrer hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti mit dem Bildungsexperten Rainer Domisch einiges an Aufmerksamkeit. „Rainer Domisch war an diesem Tag extra aus Finnland zu dem Termin angereist und dann war ich entgegen vorheriger Absprache trotzdem der Aufhänger in den Nachrichten eines führenden privaten TV-Senders. Das ist wirklich dumm gelaufen.“ Als sie feststellte, dass die Meldung über ihr Foto sogar über den DPA-Ticker lief, sei ihr schon etwas mulmig geworden, gesteht sie noch. Allerdings habe sie auch viele E-Mail Zuschriften erhalten, die ihren Mut lobten und ihr Engagement unterstützten, zum Beispiel von einer gewissen bayerischen Landrätin namens Pauli oder der Frau eines kommunalen CDU-Politikers.
„Trotzdem bin ich froh, wenn sich die Wogen wieder geglättet haben“, so die zweifache Mutter. Worüber man sich ihrer Meinung viel mehr aufregen sollte, sei die Tatsache, dass die Regierung Koch in den letzten Jahren die Landesverschuldung von 22 auf 33 Milliarden Euro erhöht habe. Zum Beispiel mit der Digitalisierung der Verwaltung durch ein SAP-Programm dessen Einführung bisher schon 400 Millionen Euro verschlungen habe. Hingegen würden wichtige soziale Projekte im Jugendbereich und zur Bekämpfung von Kinderarmut zusammengestrichen, weil man zwei oder drei Millionen sparen wolle. „Darüber regt sich niemand auf“, ärgert sich Tursky-Hartmann. „Diese Bigotterie und Doppelmoral von manchen Leuten ist wirklich nicht zu überbieten.“