Zwölf internationale Künstler nehmen die Besucher in der Ausstellung „There Will Come Soft Rains“ mit auf eine Zeitreise in das Jahr 2318 – eine Welt ganz ohne Menschen. Wie stellen sich die Künstler so eine Welt vor?
Martina Schumacher /
Wie sieht eine Welt ohne Menschen aus? Was passiert, wenn der Mensch nicht mehr da ist und wie entwickelt sich die Welt weiter? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Ausstellung „There Will Come Soft Rains“, die eine Zeitreise in das Jahr 2318 initiiert und heute Abend eröffnet.
Ausgehend von der heutigen Welt, in dem der Mensch eine dominante Rolle innehat, erproben zwölf internationale Künstler einen besonderen Erfahrungskontext mit verschiedenen Installationen. In den Ausstellungsräumen treffen die Besucher ausgehend von diesem fiktiven Zeitpunkt auf eine neuartige Welt ohne menschliche Spezies – und es ist eine spannende, aber auch zugleich aufrüttelnde Reise, die einen zum Nachdenken anregt.
Um die Besucher für den Prozess der Zeitreise zu öffnen, werden in einem separaten Projektionsraum fünf filmische Arbeiten von Hicham Berrada, Galina Leonova, Uriel Orlow, Mario Pfeifer und Superflex gezeigt. Sie erkunden in assoziativer Weise die möglichen Ursachen für ein zukünftiges Verschwinden der Menschheit. Dass die Filme auf eine große Leinwand projiziert werden, hat einen bestimmten Grund: „Wenn der Besucher reinkommt, hat er das Gefühl, er ist direkt im Bild drin. Als würde man selbst überflutet werden“, erklärt Kurator Bernard Vienat und bezieht sich auf „Flooded McDonalds“ von Superflex.
Ihre eigenen Eindrücke einer non-humanen Welt präsentieren die anderen Künstler mit neu konzipierten Installationen, Videos und Objekten.
Pinar Yoldas’ „Ecosystem of Excess“ behandelt das Phänomen des “Great Pacific Garbage Patch”, ein Unterwasser-Müllwirbel im Nordpazifik, der Millionen Tonnen von Plastikmüll in die Ozeane treibt und das Wasser immer weiter verschmutzt.
Ausgehend von diesem Hintergrund entwickelte die türkische Künstlerin in ihrer Installation eine Serie von Organismen, welches aus dieser „Plastiksuppe“ entspringen und in einer solchen Umgebung gedeihen könnte.
Die Installation „Pacific Fiction – Study for a Monument (2016)“ des Schweizer Künstlers Julian Charrière ist das Ergebnis einer Expedition zum Bikini Atoll, welches zu den Marshall-Inseln gehört. Zwischen 1946 und 1958 diente das Atoll als Kernwaffentestgebiet für das US-Militär. Rund 23 Kernwaffen wurden hier detoniert. Während des ersten Tests am 1. Juli 1946 wurden neunzig Schiffe voll mit Tieren im Bereich der Testarena platziert, die dann aufgrund der Explosion sanken.
Die Bilder des Films „Iroojrilik“ des gleichnamigen Künstlers, entstanden an Land und unter Wasser im Bereich des Bikini Atolls. Sie zeigen die Folgen sowie die Erholung der Umwelt nach einem solchen Angriff. Es gibt keine Menschen, denn sie sind geflohen und die Natur holt sich langsam zurück was ihr gehört: Im Meer werden die Schiffwracks mit Algen überdeckt, an der Küste erblüht neue Vegetation.
Was nicht so vergänglich ist wie die Menschheit ist die Radioaktivität, die selbst Jahrzehnte nach Verlassen jeglicher Bevölkerung immer noch intakt bleibt und sogar die neu wachsenden Pflanzen in dem Gebiet noch belastet. Um dies zu verdeutlichen, brachte Charrière radioaktive Kokosnüsse von dem Atoll mit und überdeckte sie mit Blei. Diese sind ebenfalls ausgestellt und ähneln mit der neuen Ummantelung eher Kanonenkugeln, die für Schutz stehen – ein metaphorisches Paradox.
In ihrem Video „Esto no es agua/This Is Not Water“ zeigt die britische Künstlerin Carolina Caycedo Wasserfälle, die jeder Schwerkraft zu trotzen scheinen. Das Wasser schießt aus allen Seiten der Leinwand und fällt in verschiedene Richtungen; nach oben, nach unten, horizontal. Auf dem Boden liegen lange, große Kissen, die mit ihren Mustern an die Natur im Video erinnern und mit dem Video assoziiert werden. Sie laden die Besucher zum Verweilen und Entspannen ein.
Des Weiteren zeigt die Ausstellung Installationen von Jeronimo Voss namens „Kassandras Höhle“, die sich auf Bücher bezieht und Marcela Armas, bei der es um Magnetismus und daraus resultierende Töne geht. Das Duo Andreas Greiner und Tyler Friedman präsentieren mit speziellen Effekten und in absoluter Dunkelheit ihre Vorstellungen darüber, was passiert, wenn der Mensch wieder zu einem Organismus mutiert, welches in Zellkolonien im Wasser lebt.
Der Ausstellungsname "There Will Come Soft Rains" bezieht sich auf das gleichnamige Gedicht von Sara Teasdale, das im Harper's Magazin im Juli 1918 veröffentlicht wurde. Es behandelt die Natur, die sich nach einem langen Gefecht ihr Kampffeld wieder zurückholt. Das Gedicht deutet ebenfalls eine Welt ohne Menschen an. Ein zweiter Teil der Ausstellung ist für das kommende Jahr geplant. >> There Will Come Soft Rains, basis e.V., Gutleutstraße 8-12, 16.2..-15.4., Eröffnung: 15.2., 19 Uhr, Weitere Infos unter: www.softrains.org