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Viel gewollt, wenig erreicht

Den Bürgerhaushalt wird es so nicht mehr geben

Mehr Beteiligung hatte sich Uwe Becker (CDU) für den Bürgerhaushalt gewünscht. Zwar werden die Vorschläge gelobt, aber eines scheint dennoch klar: so kann es künftig nicht weitergehen.
Der Bürgerhaushalt ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits sollen hier ganz im Sinne der Demokratie auch mal die Ansichten der Wähler und letztlich auch Steuerzahler Gehör finden, andererseits bringt es wenig, wenn eben diese Bürger diese Chance erstens nicht nutzen und sie zweitens von dem Nutzen des Ganzen offenbar wenig überzeugt sind. Vor dem Hintergrund der jetzt veröffentlichten Zahlen darf der Bürgerhaushalt als Konzept auch mal kritisch beleuchtet werden, denn in der zweiten Auflage der Bürgerbeteiligungsaktion haben sich weder bedeutend mehr Frankfurter mit Ideen eingebracht, noch signifikant mehr Internetnutzer zu Kommentaren verleiten lassen.

Die Idee für den Bürgerhaushalt ist bestechend simpel. Die Frankfurter können sich für einen befristeten Zeitraum mit Ideen einbringen, die nach eingehender Prüfung dann auch tatsächlich in den Haushalt der Stadt einfließen können, falls die politische Zustimmung dafür da ist. Um dafür ein Internetportal zu errichten, es auszuwerten und zu bewerben, hatte die Stadt 1,2 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt. Letztlich sei es doch günstiger geworden. „Wir haben aber nur 800 000 Euro aufgewendet“, so Uwe Becker. Da das Grundgerüst mit dem Onlineportal geschaffen sei, würden sich die jährlichen Kosten des Bürgerhaushalts im Rahmen halten und lägen nur noch bei 200 000 bis 250 000 Euro. Eine gute Investition, wie Brigitte Geißel, Professorin für Politikwissenschaft und politische Soziologie an der Uni Frankfurt, sagt. Sie hat sich gemeinsam mit Alma Kolleck um die wissenschaftliche Begleitung des Bürgerhaushalts verdient gemacht.
„Bürgerbeteiligung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Man könnte genauso gut die Wahlperioden von fünf auf zehn Jahre verlängern, das würde auch Geld für die Wahlen sparen“, sagt Geißel ebenso provokant wie plakativ.

Dennoch: Mit 3038 Nutzern beim Bürgerhaushalt im vergangenen Jahr und 3304 politisch Engagierten in diesem Jahr hat man nicht den Eindruck, dass der Bürgerhaushalt Frankfurt, eine Stadt mit immerhin 700 000 Einwohnern, bewegt. Teilnehmen konnte man per Internet, was die meisten nutzten, aber auch per Telefon oder per Post. Wurde beim Bürgerhaushalt 2013 moniert, dass insgesamt nur 1328 Vorschläge gemacht wurden, so hat sich dieser Wert aktuell mit 1269 Bürgervorschlägen sogar noch verschlechtert.

„Ziel des Bürgerhaushaltes soll es ein, denjenigen eine Stimme zu leihen, die sonst nicht bei Ortsbeiratssitzungen, Stadtverordnetenversammlungen und Bürgerinitiativen Gehör finden“, sagt Uwe Becker. Soweit die Theorie. Angesichts der Zahlen gibt der Stadtkämmerer aber zu: „Das Fazit ist ein Stück weit ernüchternd, das ist beim Vergleich der Beteiligungsquote bei anderen Städten jedoch ähnlich.“ Köln oder Darmstadt könne man in Punkto Beteiligung mit Frankfurt vergleichen. Vielleicht, so Becker, „weil es noch nicht als Instrument der Partizipation im Bewusstsein der Bürger verankert ist.“ Letztlich habe man ohnehin eher diejenigen erreicht, die ohnehin politisch interessiert seien, als diejenigen ohne eine entsprechende Neigung. „Wir hatten uns mehr Vorschläge und eine höhere Beteiligung gewünscht. Aber die Einsendungen hatten eine hohe Qualität und zeigten die Prioritäten der Bürger.“

Dennoch ist das Ergebnis der wissenschaftlichen Evaluierung, dass die hochkarätigen Vorschläge, denn doch nicht die anvisierten Entscheidungshilfen seien, die man sich bei der Stadt ursprünglich erhofft habe. Aber Zweidrittel der Vorschläge habe man umgesetzt, wenngleich auch nicht alle wegen der Bürgerbeteiligung, sondern auch, weil die Themen ohnehin im Stadtparlament behandelt wurden. Beispiele dafür sind der Erhalt der Kleinmarkthalle und die Einhausung der A661.

Aber wie der Bürgerhaushalt 2013 zeigte, gibt es auch Themen, die den Bürgern unter den Nägeln zu brennen scheinen, die dann jedoch nicht von der Stadtpolitik gehört werden. So gehörten Einsparvorschläge, die das Stadthaus betrafen und die Abschaffung des vakant werdenden Dezernats von Volker Stein, zu denen am meisten genannten. Nichts desto trotz wurden beide Ideen von der schwarz-grünen Regierung abgeschmettert.

Auch kein gutes Signal an diejenigen, die fürchten, dass sie ihre Stimme erheben können, aber der Hall letztlich verpufft. „Die Wahrnehmung der Verpuffung ist die Gefahr, die bei diesem Bürgerhaushalt besteht“, räumt Brigitte Geißel ein. „Da ist die Politik sehr stark mit der Transparenz gefragt. Es ist die Aufgabe der Politik, Rechenschaft über ihr Handeln abzugeben.“

Die wissenschaftliche Evaluierung hat den Stadtkämmerer zu folgender Erkenntnis kommen lassen: „Wir werden den Bürgerhaushalt in der Form nicht weiterführen. Das werde ich im Magistrat auch so vorschlagen.“ Dem CDU-Politiker schwebt jetzt eine Umwandlung in ein ganzjähriges Petitionsmodell vor. Das Ergebnis sei dann, dass Anliegen im Magistrat und bei der Stadtverordnetenversammlung behandelt würden. Wie das dann aussehen könnte, soll bis zum Sommer beraten werden. Zunächst aber soll aus den aktuellen Vorschlägen des Bürgerhaushalts 2014 die TOP-100-Liste erstellt werden, die mit einer fachlichen Stellungnahme der Verwaltung versehen wird und am 27. April dem Bürgerforum vorgelegt werden soll. Dort dürfen rund 100 Bürger darüber diskutierten. Danach fließen die TOP-100-Vorschläge in die Beratungen der Stadtverordnetenversammlung zum Haushalt 2014 ein.
 
23. April 2013, 11.16 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
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