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Kommunalwahl

Was wollen die FlughafenAusbauGegner?

Seit 2001 sitzen die FlughafenAusbauGegner im Römer. Die neue Landebahn haben sie nicht verhindern können. Im Interview erklärt Fraktionschef Rainer Rahn, warum sie trotzdem wiedergewählt werden wollen.
Journal Frankfurt: Der Flughafenbetreiber heißt nicht mehr FAG, sondern Fraport. Und der Flughafen selbst wird Ende des Jahres ausgebaut sein. Warum nennt sich ihre Gruppierung immer noch FlughafenAusbauGegner?
Rainer Rahn: Wir haben uns natürlich überlegt, den Namen zu ändern. Auf das Kürzel FAG wollten wir auf keinen Fall verzichten, das ist seit zehn Jahren bekannt. Und zum Flughafenausbau selbst: Richtig ist, dass es einen Planfeststellungsbeschluss gibt, dass gebaut wird. Auf der anderen Seite ist noch eine Klage anhängig. Entschieden ist es noch nicht.

Die Chancen, dass der Ausbau noch komplett gestoppt wird, sind aber eher marginal.
Das stimmt. Doch ich darf einmal an den Spruch erinnern: Nach dem Ausbau ist vor dem Ausbau. Es ist überhaupt nicht ausgeschlossen, dass die Fraport die nächsten Expansionspläne bereits in der Schublade hat. Zum anderen beziehen wir den Begriff Ausbau nicht auf die bloße Betonpiste der Nordwestbahn, sondern auch auf die Belastungen, die dadurch auf die Menschen in der Region zukommen. Und eben diese wollen wir möglichst verträglich gestalten.

Was heißt das zum Beispiel?
Es muss Beschränkungen im Betrieb geben, und dazu gehört ein wirkliches Nachtflugverbot. Darüberhinaus sollten einige Gebiete zu bestimmten Zeiten nicht überflogen werden. Man kennt das aus London, wo um die Mittagszeit die Anflugrouten wechseln. Die einen haben vormittags den Krach, die anderen nachmittags – aber niemand die ganze Zeit. So etwas wäre in Frankfurt auch vorstellbar.

Seit einigen Tagen gibt es neue Anflug- und Abflugverfahren. Sind Sie mit dieser Regelung zufrieden?
Nicht mal im Ansatz. Diese Verfahren werden von der Flugsicherung festgelegt. Für die ist das primäre Ziel, und das ist durchaus verständlich, den Verkehr flüssig abzuwickeln, aber eben auch so, dass es für die Lotsen mit geringstem Aufwand verbunden ist. Das heißt in letzter Konsequenz: billig. Es gibt auch andere Verfahren wie das Continuous Descent Approach. Das wäre aber teurer, deswegen wird es nicht in Erwägung gezogen.

Und das jetzige Verfahren?
Das ist eine Verschlimmerung des bisherigen Verfahrens. Frankfurt betrifft das zwar nicht, aber im Osten in Gelnhausen und im Westen bei Bad Kreuznach zum Beispiel drehen die Flieger in nur 1000 Meter Höhe ein und legen relativ lange Strecken im Horizontalflug zurück. Das bedeutet: mehr Krach und mehr Abgase, weil die Triebwerke auf 70 Prozent laufen müssen, um die Höhe zu halten.

Sie wollen bei der Kommunalwahl am 27. März ins Stadtparlament wiedergewählt werden. Dort sind die Einflussmöglichkeiten auf Anflugverfahren und Flugverbote aber doch eher gering.
Das Parlament kann indirekt Einfluss nehmen. Die Stadt ist in der Fluglärmschutzkommission vertreten, und die Stadt ist Anteilseigner bei Fraport.

Mit ihren derzeit vier Sitzen können Sie es schwerlich erreichen, dass Frankfurt Vorschläge im Aufsichtsrat einbringt.
Richtig, aber in der Vergangenheit haben wir trotz unserer nur vier Sitze vieles erreicht. Zum Beispiel ist unser Antrag, das die Stadt Klage für das Nachtflugverbot einreicht, angenommen wurden.

Was daran lag, dass sich CDU und Grüne im Koalitionsvertrag geeinigt hatten, sich bei Flughafenfragen zu enthalten.
Ja, und die Oberbürgermeisterin hat sich heftigst mit einem Veto gegen die Klage der Stadt gewehrt. Genutzt hat es ihr aber nichts. Sie sehen also, das man in bestimmten Konstellationen auch als Minderheit etwas bewegen kann.

Sehen Sie das als Ihren größten Erfolg in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode an?
Ja.

Die Grünen stehen laut einer Umfrage derzeit bei 25 Prozent – und hatten sich außerhalb Frankfurts stets als Ausbaugegner positioniert. Graben die Ihnen das Wasser ab?
Eine Umfrage ist kein Wahlergebnis. Und außerdem haben die Grünen in Frankfurt in den letzten Jahren nichts aktiv gegen den Flughafenausbau unternommen. Es gab keinen einzigen Antrag, und bei unseren Anträgen haben sie sich enthalten. Vom Ergebnis ist ihre Meinung durchgesetzt worden, sie haben aber nichts dazu beigetragen.

Lassen Sie uns einmal grundsätzlich zum Flughafenausbau kommen. Warum gab es anders als bei der Startbahn West diesmal keine derart breite Protestbewegung?
Das weiß ich nicht. Meine Vermutung ist, dass die Bevölkerung wurde immer wieder systematisch belogen wurde. Stichwort Nachtflugverbot. Roland Koch hat es geradezu beschworen: kein Ausbau ohne Verbot. Und sein Argument hat sicherlich viele überzeugt zu sagen: Gut, tagsüber wird es mehr Krach geben, dafür nachts keinen mehr. Jetzt klagt die Landesregierung sogar gegen das Urteil des VGH Kassel, um ihr eigenes Versprechen nicht einhalten zu müssen. Das ist schon pervers.

Die Landesregierung hat ihre Meinung überdacht.
Das denke ich nicht. Die Landesregierung hatte das von Anfang geplant – eben um die Proteste gering zu halten. Dabei war das Ergebnis des Mediationsverfahren schon ein Kompromiss. Nach dem Gesetz liegt die Nacht zwischen 22 und 6 Uhr, laut der Mediation wurde die Nacht um zwei Stunden verkürzt – zwischen 23 und 5 Uhr sollte nicht geflogen werden. Wenn die Landesregierung nochmals Ausnahmen durchsetzen will, dann kann man nicht mehr von einem Verbot sprechen.

Wie wollen Sie es schaffen, den Flughafen einzuschränken und dennoch die wirtschaftliche Kraft Frankfurts zu fördern?
Natürlich ist der Flughafen ein bedeutender Wirtschaftsfaktor – den niemand abschaffen will. Man muss aber auch sehen, dass der Frankfurter Flughafen größer ist als der in New York, eine Stadt die zehnmal so groß wie unsere ist. Stichwort: Arbeitsplätze. Natürlich ist es richtig, dass durch mehr Flugbewegungen auch mehr Leute gebraucht werden, um die Flugzeuge abzufertigen. Was dabei aber überhaupt nicht betrachtet wird, ist, dass der Flughafen nicht nur Arbeitsplätze schafft, sondern auch welche vernichtet.

Wie das?
Zum Beispiel im produzierenden Gewerbe, weil Waren hierher geliefert werden, die anderswo produziert werden. Zum Beispiel günstige Kurzreisen wie die Diskoflüge nach Mallorca – die jungen Leute würden das Geld sonst in den Frankfurter Clubs ausgeben. Allgemein gesprochen: Kaufkraft wird exportiert und vor Ort werden Arbeitsplätze vernichtet.

Der Flughafen zieht jedoch auch viele Unternehmen nach Frankfurt – das sorgt auch für neue Arbeitsplätze.
Neu würde ich nicht sagen, es handelt sich doch oft genug um eine Verlagerung von Arbeitsplätzen. Außerdem gibt es in Frankfurt schon jetzt mehr als genug Arbeit. Auf 100 Einwohner kommen hier 92 Arbeitsplätze, die Hälfte wäre schon ausreichend. Das ist mithin ein Grund für die großen Pendlerströme. Die am Flughafen Beschäftigten fahren mitunter über 100 Kilometer zu ihrer Arbeitsstätte. Dass die Region ohne den Ausbau verelenden würde, ist völliger Unsinn.

Viele ausländische Unternehmen kennen Frankfurt vor allem durch seinen Flughafen.
Und den würde es auch weiterhin geben. Der Ausbau wird nur damit begründet, dass Frankfurt ein Umsteigeflughafen bleiben soll. Die Passagiere fliegen von Delhi nach New York mit Zwischenstopp – die wollen gar nicht nach Frankfurt. Sie sollen aber auf dem Flughafen shoppen gehen. Fraport verdient sein Geld mittlerweile vor allem mit der Vermietung von Laden- und Restaurant-Immobilien. Der Fraport-Vorstandsvorsitzende Stefan Schulte hat es deutlich gesagt: wir sind ein Einkaufszentrum mit angeschlossener Landebahn.

Doch durch diese Umsteigefunktion gibt es eben auch mehr Direktflüge aus anderen Ländern nach Frankfurt – und damit ist der Flughafen für viele hier ansässige Unternehmen auch attraktiver.
Es gebe weniger, aber sicher trotzdem genug, um jeden Ort der Welt zu erreichen. Wenn Sie heute nach New York fliegen wollten, könnten sie zwischen 30 Flügen wählen. Würden nur noch 20 Flüge angeboten, wäre das mit Sicherheit kein Standortnachteil.

Ist die FAG eine Einthemenpartei?
Das suggeriert der Name. Als wir vor zehn Jahren das erste Mal ins Parlament gewählt wurden, sind wir sicherlich nur mit dem Flughafen angetreten. Mittlerweile ist unser Spektrum aber breiter geworden, wir arbeiten in vielen Ausschüssen aktiv mit und haben in der vergangenen Dekade verschiedenste Anträge eingebracht. Wir waren zum Beispiel die ersten, die in Frankfurt einen Bürgerhaushalt vorgeschlagen haben.

Die anderen Parteien haben die Wohnungspolitik für sich entdeckt. Was planen Sie dort?
Wir sind dafür, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft mehr Raum für Geringverdiener zur Verfügung stellt. Das ist in den vergangenen Jahren ziemlich zum Erliegen gekommen. Man sieht das im Mainfeld. Die Hochhäuser dort sind in einem insgesamt ordentlichen Zustand, sie müssten saniert, aber nicht abgerissen werden. Die ABG Holding will genau das tun, und einen zweiten Westhafen bauen.

Wie wird die Wahl ausgehen?
Keine Ahnung. Unser Ziel ist es, unser Ergebnis von 2006 zu halten.

Diesmal stehen 18 Listen zur Wahl, etliche sind ganz neu dabei. Eine Konkurrenz?
Schon. Der Bürger hat mehr Auswahl, und einige der neuen Gruppierungen werden es sicherlich auch ins Parlament schaffen. Und selbst wenn es einer Partei gelingt, die inhaltlich nichts mit uns zu tun hat, viele Nichtwähler zu mobilisieren, wird sich das aufs Gesamtergebnis auswirken.

Die CDU setzt sich vehement für eine Fünf-Prozent-Hürde ein, um die Kompetenz im Parlament zu stärken.
Das ist aus ihrer Sicht verständlich. Je mehr Gruppen im Parlament sind, desto komplizierter wird die Koalitionsbildung. Das Regieren wird also schwieriger. Es könnte zum Beispiel gut sein, dass es diesmal für einer Zweierkoalition nicht reicht. Kleinere Gruppierungen, die aus dem Bürgerwillen heraus entstehen, können aber durchaus wichtige und neue Impulse für das Parlament geben. Das sagen mir übrigens auch immer wieder Abgeordnete von der CDU. Die Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde hat die Kommunalpolitik in Frankfurt bereichert.
 
22. März 2011, 11.12 Uhr
Interview: Nils Bremer
 
 
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