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Synergien von der Straße?

Musikmesse in der ganzen Stadt

Das am Samstag beginnende „Women Of The World“-Festival soll von nun an regelmäßig zur Musikmesse in Frankfurt stattfinden. Am „Fest der Begegnungen“-Konzept muss dann aber noch viel geschraubt werden.
Es ist schon zu einem Running Gag geworden: die jährlich wiederkehrende Frage, wie die Musikmesse (21. bis 24. März) als Fachveranstaltung mit nur einem Publikumstag „in die Stadt hinein getragen werden kann“? Auf dem Ausstellungsgelände selber tobt der Bär. Auf den Ständen selbst demonstrieren Musiker, die mit der jeweiligen Marke assoziiert sind, die neuesten Instrumente, was in den Hallen mit den elektronischen Klangerzeugern oder Perkussion-Instrumenten immer für eine einzigartige, schon nach kurzer Zeit nervenaufreibenden Kakophonie sorgt. Unter musik.messefrankfurt.com findet man die Vielzahl an Events, die man sich als „Normalo“ – der letzte Tag ausgenommen – erschleichen muss: mit einer Presseakkreditierung oder als Gast eines Musikalienhändlers. Auf der Agora- oder Acoustic Stage geben sich dann die internationalen Gäste der Anbieter ein Stelldichein. Da tauchen sie dann auf, Gitarrenweltmeister wie Jacques Stotzem oder Ulli Bögershausen, Jazz-Solisten mit klingenden Namen á la Jonas Hellborg und Lee Sklar, Hard Rock-Heroen von Whitesnake, Leonard Cohens Bassist Roscoe Beck, der legendäre Smiths-Gitarrist Johnny Marr, tolle Singer/Songwriter mit klingenden Namen (Julian Dawson) – die Menschen sind hier, die Flüge und das Hotel sind bezahlt. Ein Rätsel, warum sich da Stadt, Messe und die Clubs nicht mal zusammen gefunden haben, um aus diesem Pool zu schöpfen und eben diese Musiker allen Frankfurter und Frankfurterinnen durch öffentliche Konzerte in den unterschiedlichen Clubs vorzustellen. Das wäre der offensichtlichste Synergieeffekt. Und wo der auch funktioniert ist am Abschlusstag bei hr3@night. Eine der rund 20 Locations ist das Congress Center an der Messe Frankfurt. Im Saal Harmonie treffen die Söhne Mannheims auf die hr Bigband, also ist auch ein regionaler Klangkörper eingebunden. Und siehe da – wer ein Ticket für hr3@night erwirbt, kann am Samstag – zumindest ermäßigt – auch die Musikmesse besuchen: bei Vorlage des Tickets für 15 statt 29 Euro. Da hat mal jemand nachgedacht und eine logische Verknüpfung realisiert.

Der Versuch einer weiter führenden Antwort zum Thema „Musikmesse in die Stadt hinein tragen“ für 2012 heißt „Women Of The World Festival“. Vom 18. bis 25.3. wird es rund um das Treiben auf dem Ausstellungsgelände stattfinden. Sechzehn Frauen aus der ganzen Welt sollen es nun also richten. Mit einem Programm, das sich liest wie für die Frauen-Fussball-WM im Vorjahr konzipiert und nicht an den Mann (respektive die Frau) gebracht. Trotzdem sprechen die Veranstalter von „Synergien, die auf der Straße lagen“. Frankfurt als weltoffene Stadt, Musik als integrationsstiftendes Medium in einer Multi-Kulti-Kommune und Frauen, die seit Jahren nun auch in der Musikbranche auf dem Vormarsch sind. So weit, so gut. Aber warum muss man dafür in die großen Häuser, die Alte Oper und die Jahrhunderthalle (und jetzt auch notgedrungen in die Union-Halle) gehen? Die Musikszene einer Stadt lebt vor allem von den Clubs, die Brotfabrik als der Ort, an dem die meisten der Weltmusik-Sängerinnen längst ihr Frankfurt-Debüt gefeiert haben, kam erst spät zum Angebot dazu. Bei der ersten Pressekonferenz im Interconti und einer „mit heißer Nadel gestrickten Präsentation“ war neben dem Latin Palace Chango (eher abseits des „normalen“ Live-Club-Kanons) und dem noch nicht eröffneten neuen Musentempel Gibson nach kein Konzert in einem klassischen Frankfurter Club angedacht. Und dass die Abschlussveranstaltung nun im Zoom stattfindet, liegt nur daran, dass das Gibson wegen zwischenzeitlichem nicht wie geplant eröffnet werden kann.

Aber geht das mit den gebuchten Künstlern angesprochene Konzert-Klientel auch auf die Messe, lassen sich Aussteller und ihre Künstler abends zu diesen Konzerten locken, die bis zu 76,85 Euro Eintritt kosten, oder trinken sie doch lieber ein Bier am Stand des Nachbarn oder in der Hotelbar? Fragen, die das Debüt beantworten muss, auch Fragen wie: Warum macht man ein Frauenfestival zu einem eher männerdominierten Phänomen wie der Musikmesse (wenn man zumindest an die Hallen denkt, wo Gitarren, Bässe und Schlagzeuger malträtiert werden)? Warum präsentiert man hauptsächlich Weltmusikkünstlerinnen und ein paar Rock- und Popacts und hat mit nur einer Soul- und einer Jazz-Künstlerin das weite Feld dazwischen kaum besetzt? Warum suggeriert man, man gäbe der Stadt mit dem Festival Musik, die man bis dato so hier nicht habe erleben können? „Ich stieß auf eine Vielzahl von außergewöhnlichen Frauen mit faszinierenden Stimmen, so dass ich es als wunderbare Herausforderung und Aufgabe empfinde, diese Künstlerinnen auf den Bühnen der Stadt meiner Schul- und Universitätszeit zu präsentieren", sagt Veranstalter Klaus Bönisch. Säße er nicht in München, hätte er gewusst, dass Markus Gardian diese Pionierarbeit hier längst geleistet hat. Dobet Gnahoré (Foto), Yasmin Levy, Buika und Ceu sind alte Bekannte für regelmäßige Brotfabrikbesucher, Buika war erst letzten Sommer bei Weltmusik im Palmengarten. Auch Joy Denalane sang gerade erst im Mousonturm, Frida Gold und Jennifer Rostock rockten die Batschkapp. Von Neuentdeckung kann also kaum die Rede sein.

Nur sorgt natürlich ein solch massiver Aufgalopp in wenigen Tagen für entsprechende Aufmerksamkeit und prompt stehen das Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main auch das Frankfurter Dezernat 11 für Integration (Stadträtin Dr. Nargess Eskandari-Grünberg saß bei der Pressekonferenz schon mit auf dem Podium) schon als Unterstützer auf dem Plakat und Noch-OB Petra Roth ließ sich zur Schirmherrin küren. Auf der Pressekonferenz betonten Klaus Bönisch, Geschäftsführer der KBK Konzert- und Künstleragentur GmbH, der ansonsten von Chris deBurgh bis Status Quo vieles auf Tournee bringt, und Bernd Hoffmann (workforce.music+media consulting, Frankfurt) noch, sich für Frankfurt und ihre Idee voll ins finanzielle Risiko zu wagen. Zuletzt hörte man, dass neben der ideellen Unterstützung zumindest schon eine kleine finanzielle Hilfe (zum Plakatdruck?) geleistet wurde. Aber da der Stadt solche Großprojekte gefallen, kann man sich vorstellen, dass im Haushalt für 2013 mehr Geld für die zweite Folge von „Women Of The World“ bereitgestellt werden könnte, da dürfen sich dann all jene Kulturschaffende in der Stadt ärgern, die es bis dato nicht geschafft haben, ein eigenes Konzept zu überzeugender Reife gebracht zu haben. Der Zug ist dann abgefahren wenn das Budget anders verteilt wird. Und in punkto Marketing und sich richtig zu verkaufen müssen sie noch lernen. Was man in den entsprechenden Ämter gerne liest, sind Zeilen wie diese von der Veranstalter-Website: „So ist es der Wunsch und die kühne Vision: Dieses Festival soll Frankfurt einerseits ein wenig das oft zitierte ,kühle’ Banken- und Messestadt-Image erwärmen, andererseits dem bereits gut vorhandenen Frankfurter Kulturangebot etwas Neues, Sinnliches, Buntes und Glamouröses hinzufügen.“ Auch der LEA-Award wird sich entsprechend präsentiert haben und für einen (angeblichen) Image-Gewinn für die Stadt gibt man gerne Geld aus. Wen interessieren da am Ende des Tages noch echte oder herbei geredete Synergieeffekte.

Unser Foto zeigt Yasmin Levy, die am 21. März zusammen mit Anna Depenbusch auftritt.
 
16. März 2012, 11.30 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie: Women of the World 2012
 
 
 
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Text: Sabine Maurer / Foto: © HfMDK
 
 
 
 
 
 
 
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