Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs

Ralf König in der Caricatura

Homo religiosus

Die Caricatura widmet Ralf König bis zum 3. August eine Ausstellung. Im Mittelpunkt stehen die religionskritischen Arbeiten des Comic-Autors, aber seinem Stammthema, Homosexualität, bleibt König treu.
Als Gott den Menschen erschuf - genauer gesagt: den Mann – war ihm sein „Prototyp“ alles andere als gelungen: Grobschlächtig und etwas tumb wirkt er, dieser glatzköpfige, aber sonst stark behaarte Kerl. Da ist es kein Wunder, dass einer seiner Nachfolger, Noah, auch nicht gerade der Schönste und schon gar nicht der Toleranteste unter der Sonne geworden ist. Ganz zu schweigen von dem homophoben Wirrkopf Paulus, der nicht zu verwechseln ist mit Paul, jenem schwulen, erfolglosen Autor historischer Pornoromane, der sich jetzt in Science Fiction mit hohem Testosterongehalt versucht ...

All diese Figuren entstammen dem Schöpfer Ralf König. Versammelt sind sie in der Ausstellung „Paul versus Paulus“, die bis 3. August im Caricatura zu sehen ist. Fast 400 Blätter mit Zeichnungen werden präsentiert, vor allem aus den vergangenen Jahren, in denen sich der Comic-Zeichner von seinem Hauptthema Homosexualität (zum Beispiel in „Der bewegte Mann“) zur Religion bewegt hat. Daraus hervorgegangen ist die Bibeltrilogie aus „Prototyp“, „Archetyp“ und „Antityp“.

"Nicht nur schwul"
25 Jahre lang habe er Geschichten über Schwule geschrieben, bis es begann, ihn zu langweilen, sagt König. „Ich bin nicht nur schwul“, sagt er. „Ich rege mich auch über andere Dinge auf.“ Und dazu gehöre eben auch die Religion. Seit dem 11. September 2001 sei das Thema im Gespräch, spätestens aber seit dem Streit um die dänischen Mohammed-Karikaturen im Jahr 2005 fühlte sich auch der Zeichner Ralf König von dem Thema tangiert. „Das hat mich wütend gemacht“, sagt er. „Ich fühlte mich in meiner Berufszunft betroffen.“

Es wäre eine schlimme Entwicklung, findet er, wenn man sich nicht über Religion lustig machen dürfte. Ralf König, der sich nicht als Atheisten bezeichnet, wollte dem etwas Eigenes entgegensetzen und fertigte sieben Cartoons an, die er mehreren Zeitungen anbot – doch nach anfänglichem Interesse zogen sich die Redaktionen aus Angst zurück. Schließlich bekam König von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) das Angebot, zwei Wochen lang den Strizz-Macher Volker Reiche zu vertreten. Der Zeichner nahm an und schuf den Comic-Strip „Prototoyp“, eine eigenwillige und ironische Version der Geschichte um Gott, Adam und die Schlange. Viele Leser empörten sich über den Comic, einige sollen deswegen sogar ihre Abos gekündigt haben. „Die FAZ fand die Aufregung gut“, sagt König, der später die Geschichte auf Buchformat streckte und erneut veröffentlichte.

Vom Archetyp zum Antityp
Zwei Jahre später, im Jahr 2009, verpflichtete die Zeitung König erneut, dieses Mal mit der Erzählung „Archetyp“, in der es um Noah geht. Der Held, oder eher Anti-Held, ist ein religiöser Fundamentalist, dem Frauen und Schwule gleichermaßen zuwider sind. So bringt er Gott, der sich eigentlich mehr darüber aufregt, dass die Menschen links und rechts auf der Rolltreppe stehen, dazu, den Sündenpfuhl Erde mit einer Sintflut zu bereinigen.

Der dritte Teil von Ralf Königs Bibel-Trilogie, „Antityp“, erschien 2010 – allerdings nur in Buchform. Wieder geht es blasphemisch zu, wenn der Apostel Paulus als ein Verrückter dargestellt wird, der seine Bekehrung einer schweren Gehirnerschütterung nach einem Sturz vom Pferd zu verdanken hat. In der Geschichte ist es dieser Irre, der überhaupt erst die Mythen des Christentums um Jesus in die Welt setzt und den Kult begründet. Obwohl König erneut Grenzen religiöser Befindlichkeiten überschreitet, hat das Buch „Antityp“ nach eigenem Bekunden keine heftigen Reaktionen ausgelöst. Im Gegenteil: König erzählt, er habe Theologen und Pastoren kennengelernt, die sich über das Buch amüsiert hätten. Einmal wurde der Autor sogar in eine evangelische Kirche eingeladen, um während des Gottesdienstes aus seinem Werk vorzulesen.

Bibel ist auserzählt
Auch wenn die Bibel noch viel Stoff für weitere Adaptionen biete, sei für ihn das Buch erst einmal „auserzählt“, sagt König. Deshalb ist er seit einigen Jahren in seiner Arbeit wieder zu den Schwulen zurückgekehrt. In seinem jüngsten, im März erschienenen Buch, „Raumstation Sehnsucht“, widmet er sich erneut seinen altbekannten Figuren, dem ungleichen Paar Konrad und Paul. Sein nächstes Projekt ist ein Science-Fiction-Comic, das an den aktuellen Band anschließen soll.

Die Ausstellung im Caricatura bildet vor allem Königs Bibeltrilogie ab, am Rande sind aber auch andere religionskritische Werke zu sehen, die sich etwa mit dem Islam beschäftigen. Dabei kommen auch immer wieder schwule Themen und Motive vor. So ganz ohne geht es für Ralf König dann doch nicht.

>>>Ralf König wird in diesem Jahr mehrere Male in Frankfurt gastieren: Am 27. März tritt er beim Lichter Filmfest auf, am 17. April wird er im Caricatura sein neues Buch vorstellen, bei der Nacht der Museen am 10. Mai hält er mehrere Lesungen, eine weitere findet am 10. Juli im Caricatura statt. Schließlich wird er auch beim Festival der Komik VI (29. bis 31. August) sowie bei der Frankfurter Buchmesse (8. bis 12. Oktober) vertreten sein.
 
27. März 2014, 10.00 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
Fotogalerie: Ralf König im Caricatura
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Hans-Jürgen Hellwig hat eine umfangreiche Sammlung mit Werken des französischen Künstlers Honoré Daumier zusammengetragen. Aus Anlass des 125-jährigen Jubiläums hat er dem Städelschen Museums-Verein seine Sammlung geschenkt. 
Text: Jasmin Schülke / Foto: Harald Schröder
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
15. Mai 2024
Journal Tagestipps
Pop / Rock / Jazz
  • Laibach
    Batschkapp | 20.00 Uhr
  • Jazz Montez presents
    Kunstverein Familie Montez e.V. | 20.00 Uhr
  • Ocie Elliott
    Das Bett | 20.00 Uhr
Klassik / Oper/ Ballett
  • Die kleinen Gärten des Maestro Puccini
    Hessisches Staatstheater Wiesbaden | 19.30 Uhr
  • Gary Hoffman und Sir András Schiff
    Casals Forum | 19.45 Uhr
  • If you don't get lost in the woods, you haven’t been to the woods
    Senckenberg, Forschungsinstitut und Naturmuseum | 18.30 Uhr
Theater / Literatur
  • Tupoka Ogette
    Literaturhaus Frankfurt | 19.30 Uhr
  • La Fleur
    Mousonturm | 19.00 Uhr
  • Jan Koneffke
    Romanfabrik | 19.30 Uhr
Kinder
  • Deine Kämpfe – Meine Kämpfe
    Schauspiel Frankfurt | 20.00 Uhr
  • Nichts als die Wahrheit
    Theaterhaus | 10.00 Uhr
  • Na warte, sagte Schwarte
    Staatstheater Darmstadt | 10.00 Uhr
und sonst
  • Tatort Frankfurt – Frankfurter Kriminalfälle & Rechtsgeschichte
    Frankfurter Stadtevents | 18.00 Uhr
  • Sunset X Skyline-Tour
    Primus-Linie | 21.00 Uhr
  • Your brain – your choice: Die möglichen Auswirkungen des Haschischkonsums im Jugendalter
    Haus am Dom | 19.00 Uhr
Freie Stellen