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Lebendiges Museum

Der Jazzkeller feiert 60. Geburtstag und lädt im Rahmen der „Nacht der Museen“ am 21. April ins historische Gewölbe ein. Im aktuellen JOURNAL FRANKFURT erzählt Clubchef Eugen Hahn von seinem „Marketingcoup“, auf diese Weise neues Publikum in seinen geliebten Laden zu locken. Zum Jubiläum hier nun einige Grußbotschaften.
1952 von Carlo Bohländer als „domicile du jazz“ gegründet, ist der Jazzkeller seit vielen Jahrzehnten eine der besonderen Frankfurter Institutionen mit Weltruf. Die umfangreiche Liste der Musikerinnen und Musiker, die hier bereits gespielt haben, liest sich wie das Who’s Who der internationalen Jazzgeschichte. Und natürlich sind darunter auch viele Frankfurter Jazzgrößen zu finden. In intimer Clubatmosphäre haben Eugen Hahn und seine Vorgänger als Verantwortliche des Jazzkellers bis zum heutigen Tag unzählige Konzerte veranstaltet und damit den Jazzfans der Region zahlreiche unvergessene Konzerterlebnisse ermöglicht. Ihnen allen danke ich für die anhaltend engagierte Arbeit und gratuliere herzlich zum 60jährigen Jubiläum des „Jazzkeller Frankfurt“.
Kulturdezernent Prof. Felix Semmelroth

Der Jazzkeller feiert seinen 60. Geburtstag. Sechzig Jahre! Die meisten Jazzclubs sterben schon nach den ersten paar Jahren, ein paar glücklichere schaffen es ein paar Jahre länger. Aber 60 Jahre. Unglaublich! Der Jazzkeller erinnern mich an all das was ich immer an meinen Lieblings-Jazzclubs wie dem Village Vanguard oder dem alten Fat Tuesday in New York City mochte. Klein und intim, meistens „Underground“ und mit einer großartigen Atmosphäre für Livemusik. Der Jazz jedenfalls passt in den Jazzkeller wie eine Hand in einen perfekt gefertigten Handschuh – bequem und warm. Und – das ist ganz wichtig: es gibt da einen Inhaber, der die Musik liebt und die Musiker respektiert. Genau das fehlt in den meisten modernen Club. Ich habe im Jazzkeller viele schöne Abende erlebt, auf der Bühne und als Zuhörer. Und darauf freue ich mich für viele weitere Jahre. Gratulation zum 60!
Jim McNeely, Chefdirigent hr-Bigband

Ich kam 1953 (17jährig) zum ersten Mal in den Jazzkeller. Damals war der spätere Wirt, Willi Geipel, noch in Kanada, und Carlo Bohländer hatte eine Denise an der Bar, und Franz Eirich als Wachhund an der Tür, der mich zunächst nicht hinein ließ. Erst als Horst Ommert, der damals einer der Hauspianisten war, für mich ein gutes Wort einlegte, durfte auch ich hinein, sogar ohne zu bezahlen. Das war wie ein Ritterschlag. Im Prinzip war der Jazzkeller für mich Musikhochschule und Jazzakademie in einem. Es gab Zeiten, da war ich jeden Abend dort, es war wie eine Sucht. Es gab so viele Musiker, wie auch Stilarten in denen sie spielten, die ich alle kennen lernen wollte. Es lebten zu jener Zeit eine ganze Menge Musiker in Frankfurt, die alle in den unzähligen Clubs der Air Force und der Army im Rhein-Main-Gebiet ihr Geld verdienten. Nach der Arbeit im Club ging es dann in den Jazzkeller. Es gab noch keine Poliziestunde, und so kam es schon vor, dass wir z.B. an Pfingsten (damals fand zu dieser Zeit das Jazz-Festival statt) morgens um 8.00 Uhr aus dem Keller kamen. Zu trinken gab es für uns Youngsters maximal ein Bier, denn mehr Geld hatten wir nicht.

Durch Horst Lippmann, der gute Verbindungen zu Leonard Feather und Norman Grantz hatte, kamen so langsam alle wichtigen Bands und Musiker aus den USA nach Frankfurt, gastierten im Althoff-Bau, und die meisten von ihnen kamen anschließend auch in den Jazzkeller. Ich hörte Stan Getz, Sonny Rollins, Lester Young, das Modern Jazz-Quartett, Horace Silver, Blue Mitchell, Musiker der Bands von Basie, Ellington, Woody Herman und viele mehr. Es war 1955, als wir mit unseren "New Orleans Ramblers" zum ersten Mal im Keller spielen durften. Es war eine große Ehre, mit Geldverdienen hatte das allerdings nichts zu tun, denn es gab keine Gagen, erst ab Mitte der 60er Jahren. Wir hatten schon eine relativ große Fangemeinde, die uns von den "Tanztees" im Känguru(h)-Club in der Uni-Mensa kannten. Peter Trunk, der später einer der besten europäischen Bassisten werden sollte, spielte bei uns Trompete. Eines Tages kam ich an einem Sonntagabend in den Jazzkeller um die "Two Beat Stompers" zu hören, und gleich kam Horst Lippmann auf mich zu, und fragte, ob ich mitspielen könne, Emil Mangelsdorff sei verhindert. Ich raste zu Fuß nach Hause (Bornheim) um mit der Klarinette wieder zurück zu kommen. Nach dem Konzert fragte er mich:"Spielst Du immer so?" Er hatte mich offenbar noch nie gehört. Als ich bejahte, machte er mir das Angebot am 5.12.1955 in der ersten deutschen Jazz-TV-Sendung in Baden-Baden beim SWF mitzuwirken: "Jazz gehört und gesehen". In dieser Sendung spielten nicht nur die "Two Beat Stompers", sondern auch Claus Ogermann, das Quartett von Chet Baker, der gerade seinen Partner Gerry Mulligan verlassen hatte, und andere, die ich leider vergessen habe. Ich durfte beim letzten Titel "Sweet Georgia Brown", den wir alle zusammen spielten, neben Chet Baker stehen. Chet Baker war zu dieser Zeit der absolute "King", von Miles Davis sprach kaum jemand. Es gab damals noch keine MAZ, so konnte diese Sendung leider nicht aufgezeichnet werden.

Carlo Bohländer wurde gewissermaßen mein Lehrer. Er erklärte mir, wie man einen interessanten Chorus aufbaut, wie man phrasiert, wann man Pausen macht usw. Er spielte noch selbst Trompete, und war in Deutschland einer der besten. Seine neue Harmonielehre hat er gleich an mir ausprobiert, in dem er meinte, wenn du das verstehst, versteht das jeder. So habe ich bis in die 1980er Jahre im Jazzkeller gespielt, 30 Jahre lang. Ich gründete Bands mit Volker Kriegel unsere "Sound Constellation" später mit Klaus Göbel und Kurt Bong die Gruppe "FROM", aber irgendwann ließ der Beruf mir keine Zeit mehr. Aber vor etwas über einem Jahr war ich mal wieder dort, und habe mit Paul Kuhn, Günter Lenz und Keith Copeland gespielt, alles Musiker der ersten Jahre. Es war wie in alten Zeiten, auch Paul hat sich sehr gefreut. Wir hatten alle zusammen großen Spaß. Das wurde von einem Filmteam aufgenommen, und wird für das Porträt Carlo Bohländer verwendet.
Gustl Mayer, Tenorsaxophonist und Klarinettist

Was mir der Keller bedeutet? Ich bin nun schon seit bestimmt 16 Jahren Gast im Jazzkeller und mittlerweile ist der Keller mein Wohnzimmer. Am Anfang war ich mit meinen Eltern dort bei Tony Lakatos mit Wesley G, der anfangs noch Uwe Gehring hieß. Bei Ernie Watts, Steve Wilson oder Dr. Soul and the Chain of Fools.... Seit ca. 9 Jahren gehe ich regelmäßig auf die Session. Damals war ich noch in der Schule und es wurde noch im Keller geraucht. Also war ich Donnerstag früh im Geschichtsunterricht immer etwas abwesend, leicht am dösen und wenn ich mal dran kam heißer und "frisch" aufgewacht! Das dort nicht mehr geraucht wird finde ich super. Jetzt fühle ich mich Donnerstags nicht mehr krank. Als Saxophonist rauchte man passiv auf Lunge!!! Während meines Studium habe ich unzählige Konzerte im Jazzkeller besucht. Ich habe Al Foster, Don Braden, Drad Leali, mehrere Male Ernie Watts und eine Menge andere gute Musiker (nicht nur Saxophonisten, an die ich mich gerade am besten erinnere) dort gehört und ich konnte auch immer was lernen. Man ist so nah dran, dass man sich Griffe abschauen kann. Man kann bei einigen lernen wie man Ansagen machen sollte oder besser nicht und man lernt viel über Spannungsaufbau im Set, im Stück, im Solo-Intro, im Solo, etc..... Es ist der einzige Club, den ich kenne hier in der Umgebung in dem man so regelmäßig gute Jazzkonzerte erleben kann.


Wie ich die Junge Szene vertreten sehe/vertrete?

Dadurch, dass es keinen Jazzstudiengang in Frankfurt gibt, ist die junge Szene immer sehr überschaubar. Außerdem habe ich im Jazz momentan das Gefühl, dass solche Plattformen wie Sessions nicht regelmäßig wahrgenommen werden. Man kann also schon wie ich 9 Jahre auf der Session unterwegs sein und immer noch neue Leute kennen lernen, die nicht neu in der Stadt sind sondern nur noch nie oder lange nicht mehr auf der Session waren. Dadurch dass die Szene hier so überschaubar ist gab es immer schon Gäste aus anderen Städten in der Jungen Szene. Meist aus Köln und Mainz, gelegentlich aus Mannheim, Würzburg, Nürnberg und Stuttgart. Alles Städte mit Jazzstudiengang. Mittlerweile spricht sich die Junge Szene rum. Gerade bei den jungen Musikern die ernsthaft mit Musik ihr Geld verdienen wollen und jetzt (wie ich vor 3 Jahren) im Bundesjazzorchester sind und wie fast alle dort an einer Musikhochschule in Deutschland Jazz studieren.


Der Spagat Tradition und Innovation:

Dem Keller wird gerne nachgesagt, dass er nur eine Programmschiene fährt. Eher sehr traditionell. Da ist was dran. Aber ich habe jetzt durch meine regelmäßigen Konzertbesuche im Jazzkeller und durch die Konzertreihe erfahren, dass man nicht alles im Jazzkeller machen kann. Denn es ist nun mal ein Gewölbekeller mit gleich bleibender Bühnenbeleuchtung ohne Vorhang und mit permanent verfügbarer Bar. Das kann bedeuten, dass man es sehr schwer haben kann mit sehr konzertanter Musik, da einige Leute eher kommen um eine Drink bei gepflegter Jazzmusik einzunehmen und sich eventuell ein wenig unterhalten. Es kann vorkommen, dass das Publikum lauter ist als die Band. Wenn man also ein nicht hundertprozentig überzeugendes Programm hat bekommt man sofort die Quittung dafür. Aber die Publikumsgeschichten gibt es zuhauf. Auch Al Foster hatte schon mal ein lautes Publikum, dass er auf seine Art wieder bekam..... Mit der Jungen Szene gibt es aber eine Plattform Jazzmusik zu präsentieren die jünger ist als der Hard Bob, obwohl auch schon mal eine sehr junge Hard Bob Band bei uns gespielt hat. Also es wird gerne mal funky und die Band kann dann auch mal lauter und wilder als das Publikum sein um dieses zu gewinnen oder auch in Maßen Avantgarde, wenn Sebastian Sternal mit seinem Trio den "Köln-Film" präsentiert oder zeitgenössisch wenn Yuriy mit seinem Contrast Quartet spielt. Ich spiele für ein Publikum. Ich finde es wichtig fürs Publikum zu spielen, denn ich selbst höre mir auch nicht gerne eine Band an die nur für sich spielt und mich nicht mitreist, weil ich ihr als Zuhörer egal bin. Ich möchte unterhalten mit Überraschung, Virtuosität, Harmonie im weitesten Sinne und gewürzt wird mit etwas Dissonanz, Punk, Avantgarde und Selbstironie. Da es ja kaum Jazzstudenten in Frankfurt gibt, setzt sich meiner Meinung nach das Publikum im Jazzkeller aus Zuhörern zusammen, die sich nicht den ganzen Tag mit Musik beschäftigen, die aber Musik lieben und auf hohem Niveau unterhalten werden möchten. Und das vermag der Keller zu leisten.

Sie sehen ich bin „Pro-Jazzkeller“ eingestellt. Ich liebe mein Wohnzimmer. Peter Klohmann, Saxophonist, Junge Szene Rhein/Main
 
10. April 2012, 10.29 Uhr
Felix Semmelroth, Jim McNeely, Gustl Mayer, Peter Klohmann
 
 
Fotogalerie:
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