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Kulturdebatte im MAK

Vom Frevel an der Kultur zu sparen

Warum sollte eine Stadt weniger für Kultur ausgeben, wo man doch ebenso gut mehr darin investieren könnte. Die Podiumsdebatte am Dienstagabend im Museum Angewandte Kunst förderte wenig Neues zu Tage, wie zu erwarten war.
Wie aus der Zeit gefallen wirkte die Podiumsdiskussion der Frankfurter Rundschau am Dienstagabend im Museum Angewandte Kunst (MAK). Vielleicht lag es daran, dass zu den Diskutierenden die „üblichen Verdächtigen“ gehörten. Neben dem MAK-Chef Matthias Wagner K, diskutierten unter anderem die Leiterin des Museums für Moderne Kunst Susanne Gaensheimer, der Intendant der Oper Frankfurt Bernd Loebe, der unter dem Spardiktat leidende Kulturdezernent Felix Semmelroth (CDU) sowie als Vertreter der freien Kulturszene, Willy Praml vom Naxostheater. Da fragt man sich unweigerlich, warum nicht einmal Stadtkämmerer Uwe Becker (CDU) eingeladen wurde, der von Semmelroth das Einsparen von 9 Millionen Euro erwartet, wovon bisher laut Becker nur 1,7 Millionen erreicht wurden, während der Kulturdezernent von immerhin 4 Millionen spricht. Vielleicht könnte Uwe Becker, dem man Ambitionen auf den Posten des Oberbürgermeisters nachsagt, mal erklären, welchen Stellenwert Kultur in einer Stadt wie Frankfurt künftig haben sollte. Und hätte es nicht eine Zuhörerin bei der Podiumsdiskussion angesprochen, dann wäre auch die aus Ersparnisgründen in Erwägung gezogene Schließung des Ikonenmuseums unerwähnt geblieben. Die Ikonen sollen dann im MAK ausgestellt werden können. Auch dass andere Museen zusammengelegt werden sollen, etwa das Institut für Stadtgeschichte und das Archäologische Museum, war nicht mal eine Randnotiz wert. Und so bliesen fünf Kulturschaffende ins gleiche Horn: An der Kultur zu sparen ist ein Frevel. Widerspruch zwecklos, weil gar nicht vorhanden. Dass am Ende des Abends wenig neue Erkenntnisse vorlagen, wundert daher nicht.

"Kultur ist unverzichtbar"

Semmelroth klagte zunächst, dass man immer glaube, es sei leichter beim Kulturetat etwas einzusparen als in anderen Bereichen des Haushalts. „Weil man es als freiwillige Leistung sieht.“ Dabei werde auch übersehen, dass es in der Kulturszene viele langfristige Verträge zu erfüllen gebe, die man aus Spargründen nicht eben mal so aufkündigen könne. „Kultur ist vollkommen unverzichtbar und ein wesentliches Element der Stadt“, appellierte der Kulturdezernent. „Mit Einsparungen schädigt man das Ansehen!“ Und jedes Sparen habe seine Grenzen, bestätigte auch Bern Loebe. Die Oper Frankfurt muss 3,2 Millionen Euro Mehrkosten verkraften, die durch den Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst zusammenkommen. Doch die Stadt hat sich bereit erklärt, mehr als 70 Prozent zu übernehmen.

Das Leben könnte schlimmer sein...,

...meint man. Dennoch: Die Oper habe in den vergangenen zwei Jahren 2,5 Millionen Euro eingespart, sagt Loebe und man habe noch bis mindestens 2018 vor diesen Einsparkurs fortzusetzen. Während Semmelroth negierte, dass man in der schwarz-grünen Koalition wenig Verständnis für Kultur habe, aber einräumte, viele Vorurteile ausräumen zu müssen, bestätigte Susanne Gaensheimer, dass es um den Ruf Frankfurts als Kulturstadt gut bestellt sei. Auch andernorts werde bei den Kulturetats gestrichen, dass Frankfurt diesbezüglich in einer Krise stecke, fühle man außerhalb der Stadt nicht. Willy Praml machte hingegen deutlich, dass sein ganzes Theater seit jeher unter dem Spargebot stehe, weil es anders gar nicht gehe, nun plage ihn noch die Neukonzeptionierung der städtischen Theaterförderung. Sein Mitgefühl mit Institutionen wie der Oper halte sich in Grenzen, schon allein, weil sich etwa Bernd Loebe noch nie für das Naxostheater interessiert habe. Schnell wurde an dieser Stelle wieder eine Art Graben gezogen, zwischen der freien Kulturszene und den etablierten Bühnen und Museen der Stadt.

Die Zwitterhaltung der Stadt

Diese Trennlinie mag MAK-Leiter Matthias Wagner K so aber nicht sehen. „Wir arbeiten in einem Bereich, in dem es um Vielfalt geht, und das geht nur, wenn keiner ausgeschlossen ist.“ Während Semmelroth Praml entgegenhielt, dass man die Förderung des Naxostheaters seit er im Amt sei von anfangs 39 000 auf mittlerweile 85 000 Euro angehoben habe, appellierte Bernd Loebe, man könne gar nicht genug für die kulturelle Bildung in der Stadt ausgeben. „Ich finde jedes Sparen am Kulturetat ist eine Sünde. Jeder ausgegebene Cent ist sinnvoll.“ Die Stadt nehme eine Zwitterhaltung ein. „Einerseits fordert man Einsparungen von 9 Millionen, gleichzeitig ist man stolz auf das kulturelle Angebot der Stadt und schießt sich letztlich doch ins Bein.“

Dass sich Frankfurt zur Kulturstadt aufgeschwungen habe, das konnte Matthias Wagner K nur bestätigen, lange konnte er den Blick von außen auf die Stadt werfen, bevor er selbst Teil der hiesigen Kulturszene wurde. „Das hat einen Wert bekommen, den man nicht zerstören soll.“ Auch Susanne Gaensheimer ist sich sicher, dass man in Frankfurt den eigenen kulturellen Wert gar nicht annähernd so würdige wie Außenstehende. Selbst die ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth sei überrascht gewesen von der Qualität des MMK, was wiederum eine Überraschung für Gaensheimer gewesen sei.

Die Vielfalt droht aufgelöst zu werden

Als Felix Semmelroth nochmals attestierte, dass man in Frankfurt die Vielfalt der Kultur brauche, meldete sich eine Dame zu Worte, die sich als Ikonenmuseumsfans outete und fragte, warum man dann Vielfalt durch die Auflösung des Museums unterbinde. „In der Tat ist vielfältige Kultur unverzichtbar, das heißt aber nicht, dass sie nicht veränderbar ist.“ Das Thema des Ikonenmuseums sei zu speziell, es sei einfach sehr klein und habe wenig Besucherfrequenz. Da sei es doch einsichtig, dass man die Fläche lieber zur Lagerung des Anne Frank Nachlasses nutzen wolle bis der Erweiterungsbau des Jüdischen Museums fertig sei. Eine Kooperation mit dem Dommuseums sei ja denkbar und die Ikonen könnten auch im MAK gezeigt werden.

Stärkere Beteiligung des Landes gefordert

Dass sich das Land Hessen mehr finanziell an der Kulturszene beteiligen müsse, darüber herrschte Einigkeit. In anderen Städten fange das Bundesland doch auch Kosten auf, aber Frankfurt benehme sich noch wie eine freie Reichsstadt. Loebe gab zu bedenken, dass nur 34 Prozent der Besucher der städtischen Bühnen aus Frankfurt stammen, der Rest stamme aus Hessen oder sogar von weiter her. Doch ohne Geld für die Vermittlung von Kunst und Kultur grabe man sich langfristig das Wasser ab, argumentierte Susanne Gaensheimer, die lange um eine Stelle für Kunstpädagogik hatte ringen müssen.

Ist Frankfurts Kultur also wirklich bedroht, wie der Titel des Stadtgesprächs vermuten ließ? Wenn man sich die Geschichte Frankfurts ansieht, etwa die Schließung des TAT und die Abschaffung des Balletts, so war die Kultur in der Finanzmetropole Frankfurt schon immer bedroht, aber eine allzu homogene Podiumsdiskussion kann daran nun mal auch wenig ändern.
 
7. Mai 2014, 10.42 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
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