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Kid Rock: Solider Rock und ein böses Wort

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Schon vor Konzertbeginn ist in der Offenbacher Stadthalle ein Vibrieren zu spüren in der Luft und unter den Füßen. Das ist der Vorbote für das Beben, das das Kid Rock-Konzert später entfesseln soll. Kid Rock betritt die Bühne unter grell-weißen Licht, zuerst ist nur seine Silhouette zu sehen. Da steht dann er in gleißendem Glorienschein: breitbeinig, die Arme nach oben gereckt, die ganz große Rock-Star-Pose schon als Anfangsbild. Der Mann hat Mut, denn das Versprechen wird er jetzt einlösen müssen. Die Musik kommt sofort zur Sache: "Rock'n'Roll Jesus" spielt er als erstes Stück, ein brüllender Straßenfeger vom gleichnamigen aktuellen Album und das Bekenntnis zum Revival des Rock. Das Publikum ist vom ersten Ton an dabei. Kid Rock fordert auf: Macht mal Krach da unten. Get up and dance, yeah. Kaum einer kann sich dieser Dynamik entziehen.

Und so geht es auch weiter. Schon im ersten Teil des Konzerts kommt "All Summer Long", der in Deutschland bekannteste Hit. Er erzählt die Liebesgeschichte zwischen zwei sehr jungen Leuten, das Mädchen schon junge Frau, der Junge noch zwischen Kind und Mann, Tendenz natürlich sehr deutlich Mann, und das alles im Sommer, am Strand, schon schön prickelnd. Musikalisch basiert der Song auf einer – na, sagen wir mal – Neuinterpretation der Lynyrd Skynyrd-Nummer "Sweet Home Alabama". Live spielt Kid Rock den Hit nicht in der Ohrwurm-Radio-Version, sondern etwas zögerlicher und kantiger, sehr schön, die Musiker zeigen, was sie können, dann stellt er Band vor und dann geht es direkt von "All Summer Long" über zu Lynyrd Skynyrd, zu dem schwülen Gitarrensound des Southern Rock und den Refrain singt das Publikum: "Sweet Home Alabama, where the sky is blue...coming home to you..." und dann noch mal die Gitarre und noch mal das Publikum mit dem Refrain und noch mal und dann geht das Vibrieren über ins Beben, in der Stadthalle wackeln die Wände und auch das Dach. Sweet Home Stadthalle Offenbach.

Danach zeigt Kid Rock, was er alles kann. Er kann viel und er spielt es alles. Grundlage seiner Musik ist ein schnörkelloser, solider Rock. Aber es geht auch anderes: Blues, Country, Rap, Hardrock, ruhig Balladenhaftes und Zitate aus Soul, Funk und Folk. Alles authentisch gespielt mit Herz und nicht ohne Verstand. Man ahnt plötzlich, dass Kid Rock vielleicht doch nicht der Blödmann von der Titten-und-Bier-Fraktion ist, sondern ein guter und leidenschaftlicher Musiker. Er singt, er spielt Klavier und er spielt Gitarre, er spielt auch Schlagzeug, er wirft und fängt das Mikro ebenso grazil wie die Schlagzeugstöcke, und das alles mit einer Haltung von Mühelosigkeit und Leichtigkeit. Ebenso vielseitig ist seine Band. Slidegitarre, Funkgitarre, Hardrockbaß, ein sprödes Saxophon, zwei Backgroundsängerinnen mit großen Stimmen: die Band geht jeden Wechsel mit. Dabei gelingt auch Überraschendes. Nach einem spannungsvollen Intro erwartet man einen knalligen Rocksong, kommt aber nicht, sondern ein ziemlich schwarzer Rap; nach einer rockigen Gitarre hofft man auf das Schlagzeugsolo, kommt aber nicht, sondern ein melodiöses Zwiegespräch zwischen Gitarre und Schlagzeug. Kid Rock spielt ganz unangestrengt mit den Erwartungen seines Publikums ohne es je zu enttäuschen. Die Musik bleibt immer leicht zu hören und geht vom Ohr ohne jeden Umweg in die Beine. Roll on, Rollercoaster! Gute Rockmusik braucht gutes Timing und das haben Kid Rock und die Band drauf.

Inhaltlich geht es im wesentlichen um Weiber und Whisky, Reihenfolge und Prioritäten sind variabel. Machomäßig wird klargestellt, dass jede Frau austauschbar ist gegen eine, die ihn besser behandelt. Mann, sind wir aber beeindruckt und die nächste Strophe singt eine Frau: ewig an der Bar rumhängende Kerle gehen mal gar nicht, das letzte Wort behält aber selbstverständlich Kid Rock. Das böse Wort mit dem F ist der sich ständig wiederholende Grundrhythmus des Programms. Das böse Wort mit dem F kommt in fast jedem Lied vor, in einem Refrain mit drei Zeilen ist es fünfmal untergebracht. Denjenigen, die nicht jeden Kid Rock Song auswendig können, ermöglicht diese Struktur raschen Zugriff auf den Text und beherztes Mitsingen: mmh...böses Wort ...mmh ...böses Wort....mmh böses, böses Wort. Die Moderation von Kid Rock läuft nach demselben Muster: Danke..böses Wort..Offenbach, Ich...böses Wort...liebe Euch...böses Wort...alle und it is..böses Wort..great in..böses Wort..Germany.

Zur letzten Zugabe zieht Kid Rock dann endlich das Hemd aus, unser all-american-dream-boy. Die Tätowierung wirkt vergleichsweise dezent. Die Musik rockt und rollt und kracht noch mal so richtig, jetzt hebt das Offenbacher Stadthallen Dach ab und dann als Schlussbild Kid Rock wieder in der ganz großen Rock-Star-Pose: diesmal nicht wie zu Anfang statuenhaft, sondern in Bewegung. Das grell-weiße Licht flackert und blitzt und Kid Rock springt mit empor gerissenen Armen in die Luft. So sehen Sieger aus, so sehen Rock Stars aus. Das war eine großartige Rock-Show, nicht mehr, aber auch nicht weniger und ...jetzt noch ein letztes mal das böse Wort.. gut.
 
14. Dezember 2008, 14.12 Uhr
Barbara Leiff
 
 
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