Fragil und verletzlich, stark und maskulin

Schauspieler August Zirner lobt die hr-Bigband

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Jazz & Poesie zusammen zu führen, dass wäre August Zirner und Jim McNeely zu einfach gewesen. Ein Jazz-Melodram sollte es werden, das jetzt bei zwei Konzerten seine Premiere feiert.

Detlef Kinsler /

„Ich kenne viele solcher Klangkörper, aber so filigran, fragil und verletzlich einerseits, aber auch voller Kraft, stark und maskulin andererseits, dann wieder klar und leuchtend wie die hr Bigband, das ist eine neue Erfahrung.“ Das klingt fast wie eine Liebeserklärung, die August Zirner, der in den Staaten geborene und aufgewachsene österreichische Theater-, Film und Fernsehschauspieler, hier formuliert. „Die Arbeit mit den macht so viel Spaß, ihnen zuzuhören, dass ich dabei fast meine Einsätze vergesse. Wenn es gegenüber dem Publikum nicht respektlos wäre, würde ich wie seinerzeit Miles Davis mit dem Rücken zum Publikum stehen, so begeistert bin ich von der Dynamik und dem Können der Musiker.“ August Zirner hat sich nach den Proben für die beiden Konzerte am Freitag, 16. März, 20 Uhr im hr-Sendesaal in Frankfurt und am Sonntag, 18. März, 20 Uhr im Hessischen Staatstheater Darmstadt Zeit genommen für Interviews, um zu erzählen, wie es zum „Melodram in Jazz“ gekommen ist. Die Geschichte nahm ihren Anfang, als Zirner 14 war und in einer Schülerband Blues auf der Blockflöte spielte. „Meine Mutter heuerte Jim McNeely an, der 21 war, um mir etwas Ordentliches beizubringen“, sah sich der junge Musiker plötzlich mit ionischen, äolischen, phrygischen, lydischen und mixolydischen Kirchentonleitern konfrontiert. Ein Horror damals, ein Glück in Blick zurück. „Ich habe dabei eine Menge gelernt, bewusst wurde mir das aber erst 30 Jahre später. Diese Anleitungen schlummerten in mir.“ Die Leidenschaft für die Querflöte und den Jazz rühren her aus dieser Zeit. „Ich bin meiner Mutter außerordentlich dankbar für ihre Idee“, sagt Zirner heute. „Und Jim McNeely.“

Den traf Zirner – schon lange ein anerkannter Schauspieler in Europa – wieder, als der gefragte Jazzsolist, Komponist, Arrangeur und Orchesterleiter, damals als Gastdirigent in Frankfurt, seine „Poems, Stories and Plays“ auf die Bühne brachte. Grund genug für Zirner, Kontakt aufzunehmen, sich als Sprecher anzubieten. McNeely erkannte „der kleinen Augey“ auf dem beigelegten Foto wieder. Man traf sich nach 43 Jahren wieder, um eine Zusammenarbeit zu verabreden, deren Ergebnis jetzt zu erleben ist. „Ich verspürte schon immer eine große Lust, die Sprache zur Musik zu bringen oder umgekehrt“, bekennt Zirner. Arnold Schönbergs „Gurre-Liedern“ oder Leonard Bernsteins „Kaddish“-Sinfonie gehörten längst zu seinem Erfahrungsschatz. Denn es sollte mehr als Jazz & Poesie werden. „Da fehlt ein wenig die Spannung, wenn eines dem anderen folgt“, suchte das Team lieber die Gegensätze, den Kontrapunkt. Und so realisierten sie McNeelys Idee, sich mit Ralph Ellisons „Invisible Man“ einer Romanvorlage anzunehmen und entwickelten aus der Geschichte eines „sozial unsichtbaren Mannes“, der gegen die Härte der Diskriminierung als Afro-Amerikaner seine Identitätsfindung voran treibt, den ersten Teil des Abends. McNeely komponierte dafür eigens neue Musik, mal leicht, mal schwer, um den Stimmungen zwischen Leid und Freude gerecht werden. Im zweiten Teil des Konzertes kommen dann kürzere Stücke zu Gehör. Texte von Jazzlegenden, von Charles Mingus, Miles Davis und Duke Ellington, und auch Motive aus ihren unsterblichen Kompositionen.


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