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Faith No More: Die Kreise schließen sich

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Interview mit Harmful-Sänger und -Gitarrist Aren Emirze zum Comeback von Faith No More.

Journal Frankfurt: Im aktuellen JOURNAL FRANKFURT wird im Musikfeature für viele vielleicht überraschend der Bezug zwischen Faith No More und Deiner Band Harmful hergestellt. Billy Gould, der Bassist der Crossover-Helden, war ja Produzent Eures Albums „7“, aber Deine Beziehung zu Faith No More begann ja lange davor ...

Emirze: Ich hatte einen Gitarrenschüler als ich 16 war. Der hatte oft keine Lust, Gitarre zu spielen, also haben wir Superchannel angemacht, das war damals ein Musiksender. Einer der ersten neben MTV. Da lief auf einmal ein Video mit harten Gitarren und Keyboards und einer sehr schönen Melodie. Das war „From Out Of Nowhere“. Wir haben uns den Namen angeschaut, Faith No More, am nächsten Tag ist er in den Laden und hat sich die Platte gekauft und wir sind dann echt durchgedreht. Die Platte haben wir rauf und runter gehört und ich hab damals sofort realisiert, dass die Band etwas hatte, was neu war. Natürlich hat mich der Sänger an Anthony Kiedis erinnert, und die Musik war eine sehr interessante Mischung aus allem – Metal war drin, Melodien, Rap. Der Crossover wurde da definiert. Ich konnte nicht beschrieben, warum ich da so angetan war. Danach habe ich zwei Faith No More-Konzerte gesehen, alle Platten verfolgt bis wir dann auch mit Into The Void, das war meine erste Coverband, zwei Lieder von Faith No More gespielt haben. Das Wichtigste ist dabei, dass Faith No More dazu beigetragen haben, dass Harmful existiert ...

Journal Frankfurt: Du hattest früher schon mal von einer richtungsweisenden Probe erzählt ...

Emirze: Wir waren in der Georg-Kerschensteiner-Schule in Obertshausen, Chris und ich, und wir waren zusammen im Musikunterricht, auch Nico, aber den kannten wir noch nicht. Wir spielten Gitarre und Bass, er Schlagzeug, also verabredeten wir, uns mal im Proberaum zu treffen. Zu dem Zeitpunkt hatten Chris und ich einen Schlagzeuger und haben versucht Black Sabbath und solche Sachen nachzuspielen, auch Led Zeppelin. An dem Tag, als Nico dann im Proberaum war, standen wir da und haben uns gefragt was sollen wir jetzt spielen? Nico hat zwei Nummern von Metallica vorgeschlagen, die wir nicht kannten, dann haben ihn gefragt kennst Du Black Sabbath? Er verneinte. Denn es gibt da ein Lied, das wir uns gut vorstellen könnten, „War Pigs“, und er meinte, wie, „War Pigs“? Das ist doch von Faith No More. Auf jeden Fall kannte er die Version von Faith No More und wir die Black Sabbath-Version. Wir haben gespielt und nach zwei Takten wusste ich, alles klar, das ist unser Drummer. Und das ist auch die Geburt von Harmful gewesen – dank Faith No More. Wenn Faith No More diesen Song nicht gecovert hätten (und die Idee, diesen Song zu covern kam – wie sich später herausstellte – von Bill), hätte ihn Nico nicht gekannt und wir hätten diesen magischen Moment nicht gehabt im Proberaum. Es ist unfassbar. Wir haben dann – noch mit einem anderen Sänger – weitere Faith No More-Songs gecovert und fanden immer, dass die Band der Zeit voraus war und sehr frisch und unbekümmert klang – das fand ich immer sehr beeindruckend, auch ihre Selbstironie.

Journal Frankfurt: Wie hat sie die denn geäußert?

Emirze: Sie erweckten den Anschein, sich nicht wirklich ernst zu nehmen, ernste Sätze in Interviews waren eine Rarität, es wurde alles auf die Schippe genommen.

Journal Frankfurt: Es sind ja ein paar Jahre vergangen bis es zum direkten Kontakt kam...

Emirze: Faith No More haben mich aber immer irgendwie verfolgt. Ich habe auch damals, als ich Abitur gemacht hab, für Guns N’ Roses T-Shirts verkauft – Faith No More haben sie supportet mit Soundgarden. Und das ist das Witzige – ich war damals mit auf Tour, weil ich Musiker war, und ich wollte eigentlich keine Shirts verkaufen, sondern wollt Backstage abhängen, wollte die Leute sehen. Und in Stuttgart – das werde ich nie vergessen – war ich Backstage und sehe einen weißen Trabbi und einer fährt damit wild herum auf den Cannstädter Wasen und auf einmal steigt der Bill aus. Da kannte ich ihn natürlich nicht persönlich, aber ich wusste, dass er der Bassist von Faith No More war. Als ich ihn dann kennen gelernt habe, hab ich ihm das erzählt: kann das sein, dass Du das warst? Ja, klar, Wahnsinn, was für ein Zufall, dass Du da dabei warst. Das war irgendwie typisch mit dem Trabbi, denn Faith No More hatten immer einen Hang zum Osten gehabt und die Band hat immer irgendwie interessanteTendenzen gehabt, etwas dieser Ostkult, Bills Liebe zum Balkan zum Beispiel. Jetzt spielen sie auch wieder in Moskau auf der aktuellen Tournee. In einem Video hat Bill auch diese russischen Klamotten angehabt. Auf jeden Fall habe ich Faith No More immer verfolgt.

Journal Frankfurt: Wie kam es dann zu der Idee, nach der sechsten Platte Billy Gould als Produzenten von „7“ ins Augen zu fassen?

Emirze: Ich kannte den Musiker und Produzenten Kader Kesek, der mit Bill zusammen gearbeitet hat, denn er war interessiert an diesem Orient-Sound, den der Kader produziert hat. Und Kader hat mir erzählt, der Bill von Faith No More war hier und ich hab mich auch mit ihm in Istanbul getroffen. Und ich hab ihn natürlich gefragt, hast Du einen Kontakt zu ihm und er meinte, ja klar, ich werde vorher mit ihm reden, damit er Bescheid weiß, wer ihn da anruft. Und dann hat er mir die Telefonnummern gegeben und ich hab einfach – während er am Strand war – ihn angerufen auf seinem Handy und habe ihm erzählt, hey, Bill, ich bin Aren von einer deutschen Band und ich bin mir ziemlich sicher, dass Du unsere Musik sehr gut finden wirst und dass wir harmonieren werden im Studio und eine sehr gute Platte machen können... Er war wohl am Anfang von dieser Direktheit etwas vor den Kopf gestoßen, aber hat sich die Sachen dann auf myspace angehört und war angetan von der Musik und hat sich dann dazu entschlossen, uns zu produzieren...

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Harmful live mit Aren rechts und Billy Gould von Faith No More links

Journal Frankfurt: Hatte er in der Faith No More-losen Zeit eigentlich eine Bands gehabt?

Emirze: Nö. Er hat immer Bands produziert und für sein eigenes Label viele Platten aufgenommen.

Journal Frankfurt: Die noch größere Überraschung war ja dann, dass ihr nicht nur die zwei Wochen zusammen im Studio wart, sondern dass sich Gould dann entschloss, auch mit auf Tournee zu gehen...

Emirze: Was er damals gesagt hat, war, dass er die Parallelen gesehen hat. Faith No More war ja eigentlich auch ein Trio damals – wie Harmful, der Kern waren Roddy, Bill und der Drummer. Die Courtney Love hat mal gesungen, sie haben verschiedene Sänger ausprobiert bis der Mike Patton kam und Faith No More zu dem gemacht hat, was sie jetzt sind, eine große – in Anführungsstrichen – Stadionband. Aber vom Kern her waren große Parallelen zwischen beiden Bands, der Stil, der Geschmack, gewisse Grooves oder Riffs, auch der Songaufbau – ist sehr, sehr ähnlich. Das hat sich während der Aufnahmesessions immer mehr heraus kristallisiert bis ich ihm dann irgendwann beim Espresso das Angebot gemacht habe, als Gitarrist bei uns einzusteigen, weil ich wusste, es musste für ihn etwas anderes, eine Herausforderung sein, weil er liebt die Gitarre und er hat auch in Studio bei einem Lied ein Solo gespielt und das hat mir sehrt, sehr gut gefallen weil es diese Tony Iommi-Feeling hatte womit sich wieder dieser kreis zu Black Sabbath und „War Pigs“ schließt. Nach kurzer Überlegung war es für ihn klar, dass er das macht. Wir haben fast 100 Konzerte gespielt mit dem Bill, wir waren auch auf dem Balkan, und nach diesem Höhepunkt und dieser exzessiven Erfahrung war für uns auch klar, dass wir eine Auszeit brauchen, wir einen Break machen, jeder geht seinen eigenen Weg und sehen, wann wir uns wieder zusammen finden.

Journal Frankfurt: Habt ihr in den letzten beiden Jahren Kontakt gehalten?

Emirze: Bill und ich waren immer wieder in Kontakt, auch wenn ich in Paris war für mein neues Projekt Artar und er auch da war, weil er da eine Wohnung hat, haben wir uns getroffen und ansonsten immer wieder mal telefoniert uns ausgetauscht, wie es mit der Reunion aussieht? Während unserer gemeinsamen Harmful-Tournee haben wir viel über die Komplexität einer Band geredet und auch, dass sich die Strukturen in den Bands sehr oft ähneln und dass man sehr, sehr sensibel sein muss untereinander, um 15 Jahre existieren zu können. Es war für ihn natürlich ein sehr einschneidendes Erlebnis, dass Faith No More sich auf ihrem Höhepunkt aufgelöst haben, weil es ist wie ein Kind zu verlieren. Und dann auf der Straße zu sein und nicht wissen, wo es hingeht. Wir haben viel darüber geredet und uns war irgendwie auch klar, dass es zu einer Reunion kommen wird, weil – die Klammer war noch nicht zu... Der Grund, warum die Band auseinander gegangen ist, war der Drummer. Aus existentiellen Gründen hat er das Angebot von Ozzy Osbourne (da kommt schon wieder Black Sabbath ins Spiel) angenommen, mehrere Monate auf Tour zu gehen, und die Kommunikation innerhalb der Band war wohl sehr undurchsichtig, darum wusste keiner so genau, was der andere über die Band dachte, welche Bedeutung sie für ihn hat. Deswegen hatte man auch Angst, sich zu sehr zu engagieren und als der Drummer dann gesagt, ich kann die gemeinsame Tournee mit Aerosmith nicht spielen, ist diese Kartenhaus zusammen gebrochen obwohl die kommerzielle Ebene funktioniert hat. Und so was hinterlässt natürlich eine Art Neurose in jedem und für Bill war es schon hart, weil es sein Baby war, er auch immer das Sprachrohr der Band war in Interviews oder bei der Gestaltung der Best of-CD war er der Ansprechpartner. Jetzt nach der Reunion ist er sehr euphorisch, er sagt, dass die Band rockt im Proberaum, es hört sich alles sehr gut, sehr tight an...

Journal Frankfurt: Und jetzt steht das Konzert am 22.6. in der Jahrhunderthalle an. Klar, dass ihr euch da sehen werdet. Und eigentlich müssten da beide Bands auf der Bühne stehen, Harmful Faith No More supporten...


Emirze: Ich hätte ihn nicht gefragt, hey, wie sieht´s aus – können wir in der Show spielen. Ich dachte auch, dass sie nur Festivals spielen werden bis er mir sagte, wir planen auch eine Show in Frankfurt und das finde ich sehr schön und vermute auch, dass er den Spirit hier mag, es ihn hierher gezogen hat, denn oft spielen solche Bands ja gar nicht in Frankfurt. Aber ich habe natürlich gehofft, dass es von seiner Seite aus kommt, diese Einladung,. Und dann hat er mich irgendwann angerufen und gefragt, hey, wie sieht´s aus, wir würden uns sehr freuen, wenn ihr uns supporten würdet...

Journal Frankfurt: Habt ihr denn überhaupt zusammen gespielt in letzter Zeit? Denn schließlich warst Du ja sehr stark in Dein akustisches Emirsian-Projekt einbebunden?

Emirze: Wir haben gerade gestern das erste Mal geprobt und haben zwei Jahre nicht zusammen gespielt. Im Prinzip hat Faith No More dazu beigetragen, dass wir nach zwei Jahren wieder in den Proberaum gegangen sind. Sonst wäre das nicht passiert. Das ist doch eine krasse Geschichte oder? Faith No More hat uns zwei Mal zusammen gebracht, zu Beginn und jetzt wieder. Dadurch, dass ich mit Emirsian so beschäftigt bin und meine neue akustische Welt entdeckt habe, in der ich voll aufgehe, wusste ich ehrlich gesagt nicht, wann der Zeitpunkt sein wird oder ob wir mit Harmful den Proberaum je wieder betreten werden. Und nachdem Faith No More uns dieses Angebot gemacht haben, war klar, dass wir gar nicht anders können und es lief alles ganz natürlich. Wir haben geprobt und es hat sich sehr, sehr gut angefühlt. Es wird auf alle Fälle eine weitere Harmful-Platte geben. Dank Faith No More wissen wir das jetzt.

Fotos: Detlef Kinsler
 
9. Juni 2009, 06.39 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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