Emiliana Torrini hautnah

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Julia Lorenz /

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Emiliana Torrini? Wer ist das denn? Dachte ich, als ich von dem „hr3 – ganz nah“-Konzert erfuhr. Doch dann fiel es mir ein: „ge-raggadung-gedung-gedugga-dugga-dung-dung“ – die Ohrwurm-Zeile aus dem Sommerhit „Jungle Drum“. Na dann wollen wir doch mal schauen, was die Isländerin noch so zu bieten hat.

emiliana 2 Emiliana macht Musik, seit sie denken kann. Sie ist Komponistin, Sängerin und Musikproduzentin. Davon konnte sich auch schon Kylie Minogue überzeugen. Emiliana schrieb ihr den Hit „Slow“ und wurde dafür sogar für einen Grammy nominiert. Den richtigen Startschuss für ihre Karriere lieferte aber Heidi Klums Show „Gemany’s Next Topmodel“. Dort lief der Song „Jungle Drum“ rauf und runter und schoss raketenartig auf Platz eins der deutschen Charts. Jeder wollte wissen, um wen es sich da handelt. Der große Durchbruch war geschafft. Allerdings ist dieser Hit nicht von ihrem ersten, sondern von ihrem sechsten Album „Me and Armini“. Ihr erstes Album erschien nämlich bereits vor 15 Jahren. Ein „One Hit Wonder“? Emiliana? Wohl doch nicht.

Gestern gab die Isländerin mit ihrer Band im Foyer des Sendesaals im Hessischen Rundfunk ein sehr intimes „hr3 – ganz nah“-Konzert und spielte sich in die Herzen ihrer Fans. 50 Hörern, die sich mit ihren Geschichten, „wann und warum ihr Herz das letzte mal ge-raggadung-gedung-gedugga-dugga-dung-dung gemacht hat“, bei dem Radiosender beworben hatten, kamen in den Genuss der außergewöhnlichen Stimme der Sängerin. (Oft wird sie aufgrund ihrer Herkunft und ihrer vielleicht teilweise ähnlich klingenden Stimme mit Björk verglichen. Aber der Vergleich hinkt – finde ich. Was wohl auch daran liegen könnte, dass ich die andere Isländerin nicht so mag.) Und Emiliana gab sich auch wirklich „ganz nah“. Immer wieder erzählte sie auf Deutsch – mit einem sympathischen isländischen Akzent – Anekdoten zu ihren Songs. So handelt „Sunnyroad“ von der großen Liebe zum falschen Zeitpunkt. „Manchmal muss man mehrere Lieben ,lieben’ (sollte wohl ‚leben’ heißen) bevor man wieder vor der Tür der großen Liebe stehen und sagen kann: TATA, da bin“, erzählte sie.

emiliana 3In vielen Songs verarbeitet Emiliana Eindrücke, die sie auf ihren Reisen gesammelt hat. So lebte sie auch eine zeitlang in Mörfelden-Waldorf, weil ihr italienischer Papa dort eine Pizzeria hatte. Als sie wieder in Island lebte, besuchte sie ihre Tante regelmäßig in den Ferien. „In Island hatten wir drei Monate Sommerferien. Da habe ich dann immer meine Tante in Mörfelden-Waldorf besucht“, erzählte Emiliana von ihrer Kindheit. „Typisch für meine Tante – ich musste in die Schule gehen um Deutsch zu lernen. Zurück in Island habe ich ihr geschrieben. Die kamen aber immer zurück. Und die falschen Wörter waren rot unterstrichen.“ Ihre Geschichten sorgten oft für Schmunzeln und Lachen im Publikum.

Leider weiß ich nicht mehr, wie das nächste Lied hieß und auch meine Internetrecherche hat mir nicht weiter geholfen, aber die Anekdote muss ich einfach los werden: Emiliana war bei ihrem Kumpel im Studio und sie haben viel Whiskey getrunken. „Am nächsten Morgen hatte ich so einen ‚Whoopi-Goldberg-Ghost-Moment’. Ich wusste nicht mehr, dass ich dieses Lied geschrieben hatte. Ich habe mir gedacht, vielleicht ist eine Frau gestorben und ihr ‚spirit’ ist in mein Whiskeyglas gefallen.“

blog emotionWährend ihrer Performance ist Emiliana richtig in ihrer Musik aufgegangen. Sie sang jedes Lied mit geschlossenen Augen und viel Herzblut. Man sah ihr einfach an, dass sie ihre Lieder spürt. So als ob sie jedes Erlebnis, das sie mit ihren Songs verbindet, noch einmal durchlebt. Auf der Bühne wirkte sie wie ein kleines Bündel (sie ist wirklich nicht sehr groß, und das trotz High Heels) voll Power. Jedoch wirkte sie auf eine verzaubernde Art und Weise wie aus einer anderen Welt. Und trotz ihrer 32 Jahre total kindlich geblieben. Teilweise dachte ich sogar, was bei ihren Balladen nicht verwunderlich wäre, dass sie kurz vor einem Tränenerguss stand –Melancholie lag in der Luft.

Und dann das Lied, auf das wohl alle den ganzen Abend gewartet haben – „Jungle Drum“. „Als ich dieses Lied schrieb, war ich verliebt und bin verrückt gegangen“, so Emiliana. Ursprünglich wollte sie einer Freundin ein Lied zur Hochzeit schreiben. Ein langsames Lied für den ersten Tanz. Stattdessen bekam ihre Freundin aber diese Uptempo-Nummer – so verrückt kann Liebe machen.

Es folgte „Big jumps“, eine weiterer schnellerer Song, für Menschen, die mutig genug sind, glücklich zu sein. „Und mutig sein muss man, habe ich gelernt.“ Nach diesem Lied war das Konzert vorerst beendet. Aber – oh Wunder – nach tosendem Beifall kamen sie zurück. „Wir können nicht mit einer Uptempo-Nummer enden. Wir sind in einem dramatischen ‚mood’.“ Allerdings hat sie am Ende von „Summerbreeze“ total angefangen zu lachen – ja so dramatisch sind sie, die Isländer.

autogrammNach dem Konzert konnten die Fans Emiliana sogar noch hautnah kennenlernen. Sie gab fleißig Autogramme und stand auch für gemeinsame Fotos zur Verfügung. Eine Person, die man einfach in sein Herz schließen muss – einfach herzig.

Und auch ich habe all meine Vorurteile, sie sei ja nur ein „One Hit Wonder“, über Bord geworfen: Emiliana Torrini hat einen Fan mehr.

Und für alle, die sich von ihrer Stimme, ihrem Herzblut und ihren Liedern überzeugen wollen, gibt es den Mitschnitt des Konzerts am 2. Dezember in „hr3-madhouse“ noch einmal zu hören.

Fotos: Detlef Kinsler


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