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Foto: Dirk Ostermeier
Foto: Dirk Ostermeier

Ein Spaziergang mit Philipp Demandt

Das neue Herz der Altstadt

Nach zwei Jahren fühlt sich Philipp Demandt in Frankfurt angekommen. Auf einem Spaziergang durch Frankfurt hat er dem JOURNAL FRANKFURT erzählt, wie er als Direktor des Städel Museums, der Schirn Kunsthalle und der Liebieghaus Skulpturensammlung neue Akzente setzen möchte.
Wir treffen Philipp Demandt in der Rotunde der Schirn, der Leiter des Städel Museums, der Schirn Kunsthalle und der Liebieghaus Skulpturensammlung hat uns zu einem Spaziergang durch „sein“ Frankfurt eingeladen. Unser Weg wird uns durch die neue Altstadt führen (natürlich), zur Fixiestube, vorbei am Café Sugar Mama, über die Alte Brücke und schließlich im Metzler Park am Museum Angewandte Kunst enden. Doch zunächst lassen wir uns den Außenbereich der Schirn zeigen, hier soll bald einiges verschönert werden. Innen ist bereits viel geschehen, die Sanierung war eines der ersten größeren Projekte Demandts. Der neue Parkettboden wurde gerade pünktlich zur Eröffnung der nicht unkritisch diskutierten Ausstellung „König der Tiere. Wilhelm Kuhnert und das Bild von Afrika“ fertig. Auch außen soll der leicht angegrünte postmoderne Bau wieder zum Strahlen gebracht werden.

Seit die neue Altstadt fertiggestellt ist, hat die Schirn einen ganz neuen Stellenwert erlangt, da soll sich das Haus natürlich in seinem besten Licht zeigen. „Die Schirn ist durch die neue Altstadt baulich wieder ins Zentrum gerückt. Durch die Baustelle war sie über Jahre marginalisiert, jetzt sind wir in gewisser Weise das neue Herz der Altstadt,“ sagt Demandt. Seit zwei Jahren ist er für Städel, Schirn und Liebieghaus zuständig, vorher leitete er die Alte Nationalgalerie in Berlin. Es ist kein einfaches Erbe, das er angetreten ist. Sein Vorgänger Max Hollein, inzwischen Direktor des Metropolitan Museum of Art in New York, erfreut sich unter den Frankfurtern noch immer außerordentlicher Beliebtheit. Den Vergleich hat Demandt dennoch nie gescheut. Er bewundert Hollein und dessen untrügliches Gespür für die Frankfurter Kunstszene, hat aber klare, eigene Vorstellungen für seine Museen.





Wir verabschieden uns von der Kunsthalle und laufen los. Wir nehmen den Weg durch die Bendergasse und die Fahrgasse und erreichen bald die Fixiestube in der Kurt-Schumacher-Straße. Nach seiner Ankunft vor zwei Jahren hat sich Philipp Demandt als erstes einen Fahrrad-Fachhandel mit Werkstatt gesucht. Normalerweise ist er mit dem Fahrrad unterwegs, ohne ein Rad fühle er sich nur wie ein halber Mensch, sagt er. Wobei das Fahren auf zwei Rädern in Frankfurt seine Tücken habe, wie er hinzufügt: „Fahrradfahren ist in Frankfurt teilweise extrem gefährlich. Ich bin ein sehr vorsichtiger Fahrer, aber es ist schon eine Herausforderung, hier mit dem Rad zu fahren. Die Verkehrsführung in dieser Stadt ist ja ohnehin ein Buch mit sieben Siegeln.“ Die Fixiestube ist der Laden seines Vertrauens, wenn es um den Drahtesel geht. Gleich daneben befindet sich das Café Sugar Mama, dort kann man Philipp Demandt oft zur Mittagszeit antreffen. Das Essen sei fantastisch und die Apfelschorle eine der besten, die er je getrunken habe, sagt er.

Während wir die Brücke in Richtung Sachsenhausen überqueren, erzählt Demandt von seinen Plänen für die drei Museen. Er hat Großes vor. Nach der Sanierung der Schirn steht demnächst die Umgestaltung des Städel-Skulpturengartens an – und natürlich ist auch ein Ausstellungsprogramm zu machen. Der Kunsthistoriker möchte neue Akzente setzen, mit denen sich seine Häuser vom Mainstream abgrenzen: „Es gibt leider immer mehr Museen, die sich in ihrer Präsentation ähneln wie die Shoppingmeilen von internationalen Flughäfen, da man wieder und wieder die gleichen 15 oder 20 Positionen sieht. Ich möchte doch in ein Museum gehen und etwas Neues entdecken, etwas, das mir neue Perspektiven aufzeigt und mich in meinem Denken anregt.“ Im Städel Museum verspricht die Ausstellung „Making Van Gogh. Eine deutsche Liebe“, die im Oktober 2019 eröffnet, in vielerlei Hinsicht besonders zu werden. Zum einen werden die 140 Werke, darunter 50 zentrale Arbeiten des niederländischen Malers, in den Gartenhallen zu sehen sein. Ein mutiger Schritt, ist dieser Teil des Museums doch eigentlich der Präsentation der Gegenwartskunst vorbehalten, während die Sonderausstellungen traditionell im Peichl-Bau zu sehen sind. Zum anderen setzt sich die Schau ganz anders mit dem Œuvre Vincent Van Goghs auseinander, als es wohl die meisten Besucher erwarten würden. Die Ausstellung wird unter anderem deutsche Galeristen und Sammler und deren Bedeutung für die Kunst der Moderne in den Fokus nehmen. Außerdem wird Van Goghs Vorreiterrolle für den deutschen Expressionismus beleuchtet. „Für mich ist die Van-Gogh-Ausstellung deshalb so wichtig, weil viel zu selten erzählt wird, wie mutig und progressiv Sammler, Autoren, Museen und ihre Direktoren hierzulande in den 1910er- und 20er-Jahren die sonst oft angefeindete Moderne durchgesetzt haben,“ erklärt Demandt.





Ein weiterer wichtiger Baustein in Philipp Demandts Arbeit ist der auffällige Fokus auf weibliche Künstlerinnen. Auffällig deshalb, weil auch heute noch Frauen in der Kunst längst nicht mit der Selbstverständlichkeit gezeigt werden, wie ihre männlichen Kollegen. Mit Lotte Laserstein ist aktuell im Städel Museum eine fast in Vergessenheit geratene Künstlerin der Weimarer Republik zu sehen. Hanna Ryggen, in Norwegen seit vielen Jahren eine Ikone, wird im Herbst in der Schirn Kunsthalle ihre erste umfassende Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum erhalten. Kurz darauf folgt Lee Krasner, die „so viel mehr ist als nur die Ehefrau von Jackson Pollock. Sie ist eine Pionierin des abstrakten Expressionismus und hat ein einzigartiges, dichtes Œuvre geschaffen.“

Unser Spaziergang neigt sich dem Ende zu, wir erreichen das Museum Angewandte Kunst. Im Sommer verbringt Demandt viel Zeit im Metzler Park, für ihn sei das einer der schönsten Orte Frankfurts. Das Museum Angewandte Kunst ist eines seiner Lieblingsmuseen. Man spürt: Philipp Demandt ist angekommen in Frankfurt. Die Menschen, die Architektur, die viel gerühmte Vielfalt der Stadt – all das haben es dem Museumsdirektor angetan: „Wenn ich auf Reisen war, vom Flughafen aus mit dem Taxi über die Brücke zurück in die Stadt fahre und dann die Skyline sehe, denke ich immer ‚Wow‘. Das ist mein persönliches Frankfurt-Feeling.“

Dieser Text ist zuerst in der Print-Ausgabe 01/2019 des JOURNAL FRANKFURT erschienen.
 
29. April 2019, 11.37 Uhr
Ronja Merkel
 
 
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