Docma Award 2015 im Museum für Kommunikation

Ein Selfie aus der Leichenhalle

Favorisieren Teilen Teilen

Beim Fotowettbewerb der Fachzeitschrift Docma widmeten sich die Teilnehmer den Grenzen zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit. Die besten Werke sind im Museum für Kommunikation zu sehen.

Laura Roban /

Wird der rote Buzzer gedrückt, sollte die Frisur sitzen. Denn sonst ist es zu spät – das Foto ist aufgenommen und schon ist man Teil der Ausstellung „Im Blitzlicht – Wenn Privates öffentlich wird“. Wer von sich ein Foto macht, braucht nur ein paar Schritte um den Aufbau zu laufen, an der die interaktive Installation befestigt ist, und sieht sich selbst auf einem Cover. Per Zufallsgenerator entscheidet sich die Schlagzeile, mit der zusammen das Bild für eine Weile zu sehen ist. Wer sich beim Gedanken an die unvorhersehbare Kombination unwohl fühlt, wird den schmalen Grat zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit schnell erkennen.

Alle anderen Fotos der Ausstellung stammen aus dem Wettbewerb des Bildbearbeitungsmagazins Docma. Es galt, das Thema „Privatsphäre kaputt? – Das Leben vor der Kamera“ umzusetzen. Von der Jury des Docma-Awards wurden schließlich rund 50 Einsendungen ausgewählt, die bis Oktober im Museum für Kommunikation gezeigt werden.

In die Perspektive eines stillen Beobachters, eines Voyeurs versetzt, fühlt man sich beim Betrachten des Bildes „Geheimes Verlangen“, das von der Fotografin Kimberley Pottkämper stammt. Man schaut von unten durch ein Gitter auf die nackten Beine einer gehenden Frau – und unter ihren Rock. Um die Bildwirkung zu beeinflussen, änderte die Künstlerin die Kontraste des schwarz-weißen Motivs, dunkelte unter anderem das Gesicht ab. Mit ihrem Werk wolle sie provozieren, sagt Pottkämper. Nun belegte die Kölnerin, die ihre Fotografen-Ausbildung vor zwei Wochen beendet hat, den zweiten Platz des Fotowettbewerbs in der Kategorie Lehrlinge. Zusätzlich gibt es noch die „Gesellen“ und „Meister“, als die sich die Teilnehmer nach ihrem technischen Niveau selbst einschätzen konnten. Die einzige Kategorie, um die man sich nicht bewerben konnte ist die des Docma Bad Pixel Awards. Die Zeitschrift Docma vergibt den Negativ-Preis in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal. Aus verschiedenen Vorschlägen wählte die Jury ein Werbebild der Autovermietung Sixt, auf dem ein Mietwagen vor Palmenkulisse zu sehen ist. Es seien die Perspektive und der Lichteinfall, die nicht stimmen – und schließlich habe man „die Grundregeln fachgerechten Montierens ignoriert“, so die Begründung.

Von der Fotografie, über die Montage und Zeichnung bis hin zum 3D-Rendering konnten die Künstler jedes beliebige Verfahren anwenden, um ihr Werk zu gestalten. Das Thema habe man wegen der verschiedenen möglichen Ansatzpunkte gewählt: Auf der einen Seite wenden sich Menschen gegen die Überwachung von Geheimdiensten, während sie sich auf der anderen Seite in sozialen Netzwerken selbst entblößen, wie Hans Doc Baumann, Herausgeber der Zeitschrift Docma, sagt. Beim Betrachten mancher Bilder fällt der Blick direkt in eine vermeintliche Kameralinse, wie etwa beim Werk „Nachsicht ist besser als Vorsicht“ von Maximilian Müller, das den zweiten Platz in der Kategorie Gesellen belegte. „Das letzte Selfie“ von Jack Struss greift das Thema ironisch auf. Im Leichenschauhaus liegend, greift der Beinahe-Tote zum Handy, um sich noch einmal in Szene zu setzen.

Ein Accessoire, das ihm allerdings noch fehlte, ist ein Selfie-Stick, der nun sogar im Museumsshop verkauft wird. – Auch wenn das widersprüchlich zur Ausstellung gesehen werden kann, wie Baumann sagt. Im August und September bietet das Museum sogar zwei Selfie-Workshops an, in denen es um die Perfektionierung der modernen Selbstdarstellung geht. Am 14. Juli hält Günter Steppich außerdem einen Vortrag mit dem Titel „Pubertät 2.0 – Einblick ins digitale Kinderzimmer“, in dem es um die Mediennutzung von Kindern geht.

>> „Im Blitzlicht – Wenn Privates öffentlich wird“, 9.7. –25.10., Museum für Kommunikation, Schaumainkai 53, Eintritt 3 Euro.


Anzeige
Anzeige

Mehr Kultur-News

Anzeige
Anzeige

Ausgeh-Tipps

 
Anzeige
Anzeige

Kalender

Anzeige