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Der gute Amerikaner – Van Dyke Parks im Mousonturm

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Van Dyke Parks im Mousonturm, eigentlich eine Sensation, denn wann kommt der Mann schon mal – zumal als Solist und unter eigenem Namen – zu Konzerten nach Deutschland. Also hätte der Laden brechend voll sein müssen, gäbe es mehr Menschen, die sich in der Popgeschichte auch in der zweiten Reihe auskennen und vor allem das Kleingedruckte auf Plattencovern lesen. Denn da ist der US-Amerikaner präsent wie kein Zweiter und das seit Dekaden, von Randy Newmans Debüt bis zur letzten Produktion von Rufus Wainwright, nein, noch länger.

Die, die schließlich den Weg ins Ostend fanden, waren Insider und Neugierige, die die Botschaft dann doch noch erreicht hatte. Denn die Medien waren auf Van Dyke Parks Gastspiel eingestiegen und das JOURNAL FRANKFURT sogar Präsentator des Events. Der Meister der großen Orchestrierung ganz schlicht im Trio auf der Bühne – Gitarrist und Kontrabassist nehmen zuerst Platz auf der Bühne, dann kommt der kleine große Mann selbst auf die Bühne, lässig, familiär, fast so, als käme er geradewegs in sein eigens Wohnzimmer, um für Freunde zu musizieren, lachens, fast feixend und gleich eine Stimmung verbreitend, die Laune macht und Lust auf das, was nun folgen sollte.

In der Folge entpuppt sich VDP, den man als Top-Songwriter und guten Produzenten kennt, auch als traumwandlerisch sicherer Pianist und vor allem auch als intelligenter, unterhaltsamer Conférencier. Man hätte alles, was er so von sich gab, mitschreiben und als kleines Bändchen mit „Wahrheiten und Weisheiten des Van Dyke Parks“ veröffentlichen sollen. Aber zunächst einmal kokettiert der 66-Jährige mit seinem Alter, Tenor: Snow on the roof, fire inside, und flachst: „Sie haben mich zuhause gefragt und was spielst Du denn in Deutschland?“ schließlich gibt es keine neue CD und auch sonst keinen Grund, gerade jetzt zu touren (wenn man den Marktgesetzen folgt?? „Hä?“, reagierte der Künstler darauf und meint sinngemäß, schließlich frage auch niemand Moses, wofür er stehe und ob es ein neues, 11. Gebot von ihm gibt?

Van_Dyke_Parks_Foto_www.detlef-kinsler.de_993In jedem Ton, den Van Dyke Parks dann an diesem Abend spielt, hört man heraus, dass der Mann Musik liebt und lebt und dass er nicht nur aber doch vorzugsweise aus der langen amerikanischen Musiktradition schöpft. Da covert er alte Blues- und Bluegrass-Nummern, streift Folk in allen Facetten, klingt wie ein Begleiter zu Stummfilmen, entwickelt sich hin zum Cinemascope (unser begeisterter Filmmann Andreas Dosch, Beatles- und Beach Boys-Fan hörte trotz Absenz eines großen Klangkörpers in jedem Song fast eine Symphonie), spielt Ragtime, Vaudeville, Walzer und Jazz, ist irgendwie Musical und Ur-Americana, möchte – und das ist kein Understatement, sondern eine sympathische Kunstauffassung – musikalisch „the art of cliché“ leben, so wie Warhol mit seiner tomato soup. Kitschig wird er dabei nie. Davor ist schon gefeit, weil keine zuckrigen Streicher zugegen sind und weil er selbst nicht unbedingt mit einer Brian Wilson-Stimme gesegnet ist, auch wenn er zwei seiner Songs, die er für den alten Freund geschrieben hat, live interpretiert.

Wann immer eine Kadenz so simpel zu geraten droht, kommt ein unerwarteter Schlenker im Arrangement, wann immer die Harmonien zu harmonisch zu werden drohen, setzt er eine kleine Dissonanz, schelmisch, nie böse, obwohl er auch Boshaften charmant zu vermitteln weiß. Denn er, der großen Respekt vor der Entwicklung der Deutschen, die er seit der Zeit nach dem Krieg „verfolge“, hat, will sich als toleranten, weltoffenen Menschen verstanden wissen, der jedem auch Zuflucht gewähren würde über seiner Garage, sogar George Bush, den er sich jedoch lieber in Den Haag in einem schönen Hotelzimmer (hier tritt dann mal blanker Zynismus zutage) vorstellen können. Ein guter Amerikaner, dieser Van Dyke Parks, der den neuen US-Präsidenten nicht nur wegen des besseren Klanges seines Namens schätzt, und nicht nur wegen dieser kleinen Bush-Note. Denn VDP ist wie seine Musik durch und durch „Ami“ bei seiner musikalischen Reise durch die Staaten bis hinüber nach Hawaii und dabei so wenig Patriot im engstirnigen Sinne oder gar Nationalist und damit der beste Botschafter Amerikas neben den „Peanuts“ (ohne die Comics jetzt auf mögliche Subtexte abgeklopft zu haben).

„I deserve the right to be wrong“ sagt VDP gegen Ende des Konzertes. Und wenn er ein wenig Verunsicherung unters Volk gebracht habe, vielleicht auch Fragen aufgeworfen hätte, wäre das doch wunderbar. Viel mehr hat der Pianist und Sänger aber die Konzertvesucher begeistert – durch Virtuosität, Verve, Witz und sympathische Präsenz. Nach der zweiten Zugabe springt er unvermittelt von der Bühne, marschiert in eher ironisch gebrochener Siegerpose grüßend durchs Publikum direkt ins Foyer, erspäht dort der Veranstalter Markus Gardian, steuert auf ihn zu, tätschelt ihm die Wange und bedankt sich herzlichst dafür, dass er ihm die Möglichkeit dieses Auftritts gegeben hat. Dann gönnt er sich einen Rotwein an der Bar und beantwortet selig die Fragen seiner Fans.

Fotos: Detlef Kinsler
 
19. November 2009, 12.15 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
Fotogalerie:
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