Nach 15 Jahren und sieben Alben wollte der Chef ihrer Plattenfirma ein „Best Of“-Album. Oliver Augst und Marcel Daemgen nahmen die Herausforderung an und präsentieren ihr Aufarbeiten und Konzentrieren von Dagewesenem an drei Konzertabenden.
Detlef Kinsler /
JOURNAL FRANKFURT:Es klingt als wären Sie selber überrascht worden von der Anfrage Ihres Labelchefs nach einer „Best Of“-CD. Es gibt ja viele Varianten: by public demand, by artist demand, auch by label demand. Aber im Bereich von, nennen wir es einmal „Kunstmusik" ist das doch eher überraschend. Wie konkret sah denn die Nachricht des Plattenfirmenbosses bei aus oder ist das nur ein vorgeschobener Grund für ein listenreiches Spiel? Oliver Augst: Unser Labelchef, Eckart Rahn, meinte tatsächlich nachdem wir die letzte Produktion „Dein Lied“ abgeschlossen hatten, dass es doch nach 15 Jahren und sieben Alben mal an der Zeit für ein Best Of-Album wäre. Wir fanden das erst erheiternd aber dann auch angemessen und herausfordernd, in dem Sinne wie in der Bildenden Kunst nach so einem vergleichbaren Produktionszeitrahmen mal eine Retrospektive angesagt wäre, ein Aufarbeiten, Sammeln und Konzentrieren von Dagewesenem.
Wie haben Sie sich dem „Best of...“ genähert Als Quasi-Synonym taucht ja auch der Begriff „Listen“ auf ...? Welche Kriterien spielen denn eine Rolle bei Künstlern die keine Hits haben? Die Frage nach den Auswahl-Kriterien der Titel war dann interessant, welche Kriterien gibt es, welche sind für uns relevant? Es waren völlig verschiedene Listen unserer Musik vorstellbar: So unter anderem Das Schlageralbum oder Das Noisealbum etc.. Jedes dieser Alben würde eine ganz eigene Sicht auf unser Schaffen werfen. Letztendlich wollten wir etwas Neues machen, das Alte neu angucken, verdichten, auf den Punkt bringen. Daher: es sind Remixe geworden, letztlich neue Stücke …Und außerdem haben wir tatsächlich so etwas wie einen echten Best of-Song: „Der heimliche Aufmarsch“ von der „Marx“-CD 2004, immerhin mit aktuell 104686 Aufrufen bei youtube… Und der ist unbearbeitet, so wie damals veröffentlicht, auf der neuen CD. Übrigens mit einem bemerkenswerten umfangreichen und lesenwerten internationalem Anhang an inhaltlich-politischen Kommentaren und Diskussionen bei youtube…
Kommt Ihnen und Marcel Daemgen das Konzept „Minimale Aufführungen“ für ihre drei aktuellen Konzerte entgegen? „Minimale Aufführungen"“als Konzept ist uns insofern hilfreich, als es uns einen Rahmen bietet, innerhalb dem wir performative und konzertante Formen, die fragmentarisch bleiben können, ohne großen technischen und konzeptionellen Aufwand realisieren können. Das Konzept der minimalen Aufführungen, was wir seit 1998 verfolgen, war auch immer als ein „ Hakenschlagen" verstanden worden, mit den begrenzten Fördermitteln, die uns zur Verfügung stehen, nicht zu versuchen mit großen Institutionen, Theatern, Festivals etc zu konkurrieren, sondern „aus der Not eine Tugend zu machen“, wesentliche Anliegen auf den Punkt bringen zu können, indem wir auf formale Rahmenbedingungen, Technik, großen Aufwand verzichten, um uns nicht ständig selbst auszubeuten. Die „Best of“-CD ist jetzt auch eine minimalisierte Augst & Daemgen-CD geworden, viel Balast ist raus geworfen worden, und die Aufführungen in der Basis sind minimale Besetzung, Entzerrung von Augst & Daemgen auf drei Abende plus alter Künstlerfreund (so der Geniale Dilletant Frieder Butzmann), minimale Zwischenspiele mit Listen, Interviews, Vorträgen, Erzählungen von unserem neuen Partner Bastian Zimmermann und illustren Gästen, den Tänzern und Performern Norbert Pape und Philipp Bergmann…