Manchmal wird man mit den eigenen Lebenslügen ziemlich abrupt konfrontiert. Eine von meinen ist, dass ich ja eigentlich praktisch noch Studentin bin und mich die paar Jährchen, die ich bereits im Berufsleben stehe, sowieso kaum geprägt haben.
[credit Marisa]
Mittwochabend, als We Are Scientists in der ausverkauften Batschkapp auftraten, war es dann höchste Zeit für einige Zugeständnisse: Nicht nur war der durchschnittliche Konzertbesucher um die zehn Jahre jünger als ich und mit größerer Wahrscheinlichkeit TATSÄCHLICH Student. Nein, ich muss in meiner abgeschiedenen Angestelltenwelt auch irgendwie völlig verpasst haben, dass diese Band anscheinend mittlerweile recht bekannt ist.
Erst im Frühjahr hatten die drei New Yorker die Kaiser Chiefs in Neu Isenburg supported - das damalige Konzert war nicht ausverkauft. Was ist seitdem bloß passiert, das sie so beliebt gemacht hat? Naja, möglicherweise ging es ja einigen Leuten wie mir: Nach dem exzellenten Konzert damals habe ich mir die CD gekauft, die nicht nur durch ein ausgesprochen putziges Kätzchencover, sondern auch durch ausnahmslos schöne Lieder beeindruckte. Und so kehrte ich am Mittwoch zurück, als die Band ihr nach eigenen Angaben drittes Konzert in Frankfurt gab.
Die Band betrat nach der eher uninteressanten Vorgruppe Au Revoir Simone zum Klang von - wieso nur?! - Phil Collins' "Against all odds" die Bühne und sang das Lied einfach zu Ende. Da waren sie nun plötzlich und spielten sich mit einer Geschwindigkeit durch ihr einziges Album, die geradezu verschwenderisch erschien, wenn man bedenkt, dass der „Liedervorrat“ nur begrenzt sein konnte. Gerne wurde beim Ende eines Liedes einfach sofort das nächste angestimmt, und das Publikum war begeistert. Während es beim Einlass noch recht kalt gewesen war, schien die Batschkapp schnell 40 Grad zu haben.
Laut ihrer Website haben We Are Scientists mehr oder weniger das gesamte Jahr 2006 auf Tour verbracht, aber von Abnutzungserscheinungen war nichts zu bemerken, weder im Hinblick auf die Spielfreude (es könnte ja mittlerweile nerven, fast jeden Abend dieselben 15 Lieder vorzutragen) noch auf die Laune der ausgesprochen sympathischen New Yorker, die gelegentlich dann doch kleinere Pausen einlegten, um mit dem Publikum zu scherzen.
Insgesamt ein wunderbarer Abend mit New Yorks drei (nach eigenen Angaben) attraktivsten Junggesellen, dessen einziges, winziges Manko für mich war, dass das Art Brut-Cover „Bang Bang Rock’n Roll“, das We Are Scientists auf ihrer aktuellen B-Seiten-Compilation „Crap Attack“ veröffentlicht haben, nicht gespielt wurde – nach „Be My Baby“, einer wiederum einigermaßen bizarren Coverversion, war Schluss.
Bleibt nur noch zu erwähnen, dass mich Chris Cain mit seinem schicken Bärtchen irgendwie frappierend an diesen jungen Mann erinnerte... aber für Analogien zu den frühen Garfield-Comics waren die echten Studenten im Publikum sicher noch zu jung.