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Foto: © Heyne Verlag
Foto: © Heyne Verlag

Achim Achilles im Interview

"Echte Läufer rennen den Winter durch"

Seit Jahren schreibt Achim Achilles in seinen Kolumnen übers Laufen, immer mit einer kräftigen Prise Humor und einem Augenzwinkern - dahinter steht Journalist Hajo Schumacher, der am Samstag nach Frankfurt kommt. Wir haben den Freizeitsportler zum Interview getroffen.
JOURNAL Frankfurt: In einer ihrer letzten Kolumnen haben Sie die unterschiedlichen Läufertypen charakterisiert, vom Daueroptimierer bis hin zum Entspannten. Wo würden Sie sich selbst einordnen?

Achim Achilles: Wie jeder gute Freizeitsportler bin ich schizophren, also ganz viele. An manchen Tagen laufe ich unruhig und supergestresst, weil ich mich außer Form fühle und mit drei kurzen Sprints schneller zu werden hoffe. An anderen Tagen ist mir alles egal und ich bin so eine Art laufender Buddha. Nur eines bin ich nicht mehr: der Vollidiot, der so richtig derbe in den Schmerz hineinläuft. Habe ich lange genug gemacht, weil ich dachte: Nur was weh tut, hilft, egal wobei. Totaler Unsinn.

Der ewige Streit: Laufen mit oder ohne Musik? Wie halten Sie es?

Eines meiner zahlreichen Körperprobleme besteht darin, dass meine Ohren nicht für Kopfhörer gemacht sind: zu groß, zu klein, zu rutschig, zu eklig, irgendwas nervt immer. Zudem schwitze ich oft, gern und viel gerade in der Ohrengegend, womit sich diese bei Hipstern sehr angesagten Riesenteile ohnehin verbieten. Ist ja peinlich, wenn´s da raus tropft. Was tun? Selber singen. Oder den Vögeln lauschen. Wenn gerade keine da sind - auch gut. Dann mache ich was super Abgefahrenes: Stille genießen.

Der Winter geht langsam dem Ende zu; die Schönwetter-Laufsaison beginnt. Was sollte man beachten, wenn man jetzt mit dem Laufen anfangen möchte?

Erst mal das mentale Eingeständnis, ein Weichei zu sein. Echte Läufer rennen natürlich den Winter durch. Wer erst im Frühling anfängt, ist vermutlich viel zu dick und zu langsam. Deswegen als erste Trainingseinheit unbedingt im Fachgeschäft komplett neu einkleiden, um die Hüftringe zu kaschieren. Dann sehr langsam starten, damit auch alle die schönen neuen Klamotten sehen. Als Faustregel gilt: Ziele halbieren, Vorbereitung verdoppeln. Wer also in kompletter Selbstüberschätzung für Mai einen Halbmarathon plant, ist mit einem Rennen über 10 Kilometer im Juli gut bedient. Zuviel wollen bei zu wenig Können, das ist der sicherste Weg zum Orthopäden, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Hetzt ja niemand, außer uns selbst.

Und was wäre der schlimmste Fehler?

Druck machen, ob von innen oder von außen. Warum holen wir uns den Stress des Berufsalltags auch noch in die Freizeit und ins Lauftraining: Du musst..., Du musst..., Du musst... – wie krank ist das denn? Und dann gibt es da noch Spinner, die sich „Trainer“ nennen, obwohl sie nie eine Ausbildung gemacht haben und von medizinischem Fachwissen komplett unbelastet sind. Die versprechen neue Bestzeiten, auch wenn die Hälfte der Athleten durch Überlastung eingehen. Entspannt euch, Leute: Zu Olympia kommt eh keiner mehr von uns.

Karl Lagerfeld sagte, wer eine Jogginghose trage, habe die Kontrolle über sein Leben verloren. Menschen verstopfen mit ihren SUVs die Straßen. Sie sagen: Es gibt einen Trend zum Fake Sport. Was meinen Sie damit?

Die schlimmsten Diktatoren tragen die coolsten Sonnenbrillen, heißt eine ewige Weisheit. Und eine weitere lautet: Die dicksten Kinder haben die teuersten Sportschuhe. Der Trend ist eindeutig: So wie manche Menschen Sonnenbrillen tragen ohne dass die Sonne sich blicken lässt, tragen andere feinste Sportsachen ohne sich mehr zu bewegen als ein Koala. Oder fahren einen SUV, weil sie abenteuerlich aussehen wollen. Oder tragen Trinkgurte, weil sie von Survival träumen. Wir haben es hier mit dem Trend zum darstellenden Leben zu tun: Viele Zeitgenossen leben in ihrer eigenen kleinen Oper, die im Wesentlichen mit Konsumgütern dekoriert ist. Ist ja schon bizarr, wieviel Klimbim manche Menschen mitschleppen, um fünf Kilometer zu laufen. Hemd, Hose, Schuhe – los. Das Einfache und Unkomplizierte macht das Laufen so schön und faszinierend.

Zurück zum echten Sport: Angenommen, ich möchte in sechs Monaten einen Halbmarathon laufen – was müsste ich jetzt tun?

Sich von Familie und Freunden verabschieden, von Alkohol und Kohlehydraten, also umgehend das Leben eines Mönches anfangen. Und ab sofort zweimal am Tag trainieren, besser drei Mal, Kraft natürlich, Koordination und Rumpfstabilität. Mit solchen ambitionierten Plänen fangen viele an, um nach drei Tagen festzustellen, dass systematisches Training mit dem Alltag eines berufstätigen Familienvaters nicht ganz so leicht zu vereinbaren ist. Wer zu viel von sich verlangt, handelt sich nur schlechte Laune ein. Deswegen ganz entspannt prüfen, an welchen Tagen wirklich Zeit ist. Samstag und Sonntag sind bei mir ideal, vor allem, wenn es gelingt, früher als die Familie aus dem Bett zu kriechen. Einen guten Laufkumpel suchen, der idealerweise ein ganz klein wenig schneller ist. Vielleicht an einem Wochentag ganz bewusst sehr früh aufstehen, weil es sich einfach den Tag über gut anfühlt, wenn das Training bereits erledigt ist. Idealerweise schafft man drei, besser vier Trainingstage die Woche: einer mit Tempointervallen, einer mit längerem, ruhigen Lauf, einer mit einem wachsenden Abschnitt Tempodauerlauf und einer natürlich zum Regenerieren. Wer auf Sicht 40 Kilometer die Woche rennt und Tempo wie Strecke behutsam steigert, der dürfte lebendig und womöglich sogar gut gelaunt durchs Ziel rennen.

>> Achim Achilles: Sehnen lügen nicht. Heyne Verlag, 240 S., 9,99 €.
Lesung: Frankfurter Laufshop, Große Friedberger Straße 37 – 39, 11.3., 18 Uhr, Eintritt frei; Anmeldung per Mail erforderlich unter team@frankfurter-laufshop.de
 
9. März 2017, 10.00 Uhr
Christoph Schröder
 
 
Fotogalerie:
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