Vitrinen voller BHs stehen momentan im Museum für Kommunikation. Die ungewöhnlichen Exponate gehören zur Ausstellung „Body Talks“. Die ist dem 100-jährigem Jubiläum des BHs gewidmet und dokumentiert seine vielseitige Geschichte.
Christina Weber /
Man erzählt sich die Erfindungsgeschichte des BHs ungefähr so: Die Amerikanerin Mary Phelps Jacob steht vor ziemlich genau 100 Jahren vor dem Spiegel und hadert mit ihrem Outfit – denn die Korsage zeichnet sich unschön unter ihrem Kleid ab. Entnervt schickt sie nach dem Zimmermädchen, es soll ihr zwei Taschentücher, ein rosafarbenes Band sowie Nähzeug bringen. Kurzerhand schneidert sich Jacob daraus den weltweit ersten BH. Am Abend hagelt es Komplimente für das neue Kleidungsstück – und eine Erfolgsgeschichte beginnt.
Im Laufe der vergangenen 100 Jahre hat sich der BH weiterentwickelt, verändert, angepasst. Immer schon war er auch Ausdruck des Rollenbilds der Frau sowie der Mode der jeweiligen Zeit. Da diesem Kleidungsstück dadurch viel Bedeutung zukommt, nimmt sich momentan das Museum für Kommunikation der Thematik an. Die Idee dazu kam Christoph Potting, der das Ausstellungskonzept mitentwickelt hat. „Der BH ist ein Instrument der Freisetzung“, begründet er. „Er hat die Frauen vom engen Korsett befreit. Er macht den Körper beweglich für Sport und Arbeit. Er ist Symbol für Revolution und wird kapitalistisch in den Medien verwertet.“ Bei so vielen Aspekten sei es durchaus gerechtfertigt, einem Kleidungsstück eine ganze Ausstellung zu widmen.
Kuriert wurde die Schau von Julia Bastian, die betont, dass sie sich nicht textilhistorisch, sondern kulturhistorisch mit dem BH auseinander gesetzt hat. „Die Geschichte des BHs ist wahnsinnig facettenreich“, sagt sie. Um diese Geschichte anschaulich demonstrieren zu können, ist die Ausstellung nach Jahrzehnten gegliedert. Zu jedem Zeitabschnitt gibt es nicht nur BHs zu bewundern. Auch zeigt je eine berühmte Persönlichkeit ihre Sicht auf den Brusthalter. Angefangen von Jacob, über Sängerin Janis Joplin („Ich bin das erste Hippie-Pin-up-Girl der Welt“) bis hin zu Conchita Wurst. Er beschreibt den BH aus Sicht von Travestiekünstlern und Crossdressern. Ausserdem ist jeweils ein „Schrankgeheimnis“ ausgestellt. „Das ist ein pikanter Gegenstand, den die Menschen in der jeweiligen Zeit wohl im Schrank versteckt hätten“, erklärt Bastian. Um 1900 waren es Fotografien einer Dame, die sich gerade umzieht. Sie trägt ein langes Unterkleid und ist in mehr Stoff gehüllt, als Frauen heutzutage tragen, wenn sie zur Arbeit gehen. Das Schrankgeheimnis der 1990er-Jahre ist da schon deutlich gewagter: ein Latext-BH mit offenen Cups.
Die Ausstellung zeigt viele interessante Entwicklungen. Zum Beispiel hatte der BH in den 1920er-Jahren nicht die Aufgabe, den Busen zu betonen. Im Gegenteil, er wurde abgeschnürt. Denn im Zuge der Emanzipation sollen Frauen damals eine flache Brust als ideal angesehen haben. In den 1940er-Jahren kehrten plötzlich Korsett und Mieder zurück, dank Ikonen wie Marilyn Monroe. Und in den 1990er-Jahren ist schließlich das Gegenteil der 20er-Jahre erreicht: Es gilt, je größer der Busen, desto besser.
>> Body Talks – 100 Jahre BH bis 15. Februar 2015 im Museum für Kommunikation, Schaumainkai 53. Öffnungszeiten sind Dienstag bis Freitag 9 bis 18 Uhr, Samstag, Sonn- und Feiertag 11 bis 19 Uhr; Eintritt: 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro