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Foto: Jeremy McKnight/Unsplash
Foto: Jeremy McKnight/Unsplash

Corona-Krise: Kinderhilfswerk Arche

Beziehungsrelevant

Millionen Kinder sind von Armut betroffen, die Corona-Krise erhöht den Druck zusätzlich. Bernd Siggelkow, Gründer des Kinderhilfswerks Arche, befürchtet, dass das Schlimmste erst noch aussteht. Denn: Die Politik ignoriert aktuell die schutzbedürftigsten Mitglieder der Gesellschaft.
Etwa jedes fünfte Kind in Deutschland ist von Armut betroffen, in Ostdeutschland sogar jedes vierte Kind – und das auch unabhängig von der aktuellen Corona-Krise. Die derzeit von der Politik primär geplanten, und natürlich auch notwendigen, Hilfspakete für Wirtschaft, Kultur und Gesundheitssystem erreichen leider nicht die Menschen, die ohnehin verstärkt auf Schutz und Hilfe angewiesen sind. Im Alltag versuchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinderhilfswerks Arche zumindest einen Teil der von Armut betroffenen Familien und Kinder zu unterstützen; an 25 Standorten in insgesamt 13 deutschen Städten und Regionen erreicht die Arche 4000 Kinder und Jugendliche. Weitere Anlaufstellen gibt es in der Schweiz und in Polen.

Mit der Schließung der Schulen und Kindertagesstätten mussten auch die Einrichtungen der Arche schließen. Viele der Familien, die dringend auf die Unterstützung angewiesen sind, stellt das vor enorme Herausforderungen. „Der Unterschied zwischen uns und anderen Einrichtungen ist, dass bei uns der Schwerpunkt auf den persönlichen Beziehungen liegt, nicht auf dem Programm – wobei wir natürlich ein umfangreiches und tolles Programm haben. Wir pflegen grundsätzlich zu allen Familien einen sehr engen Kontakt“, erklärt Arche-Gründer Bernd Siggelkow. „Wir haben bereits vor den verordneten Schließungen erkannt, dass wir einen Plan B benötigen und vorsorglich alle Telefonnummern aktualisiert und sichergestellt, dass wir den direkten Kontakt in die Familien und vor allem zu den Kindern haben.“

Mit der Schließung der Einrichtungen fallen vor allem die kostenfreie Essensversorgung und die Vor-Ort-Betreuung der Kinder weg. Für die Familien, die schon vor der Corona-Krise sozial stark benachteiligt waren, wird der Druck nun ungleich größer. Die finanziellen Mittel reichen oft nicht aus, um eine Versorgung über mehrere Wochen zu stemmen. Hinzu kommt, dass die günstigen Lebensmittel durch „Hamsterkäufe“ in den Supermärkten zur Neige gehen. Zusätzlich steige durch die Zwangs-Isolation das Risiko der häuslichen Gewalt, weiß Bernd Siggelkow. „Wir betreuen Familien, in denen teils acht Personen auf 70 Quadratmetern zusammenleben. Es ist enorm wichtig, dass wir nah bei den Familien bleiben und beruhigend einwirken, damit solche Situationen nicht eskalieren.“

Konkret bedeutet das für den Pastor und sein Team Dauereinsatz mit bis zu 18-Stunden-Tagen. Die Pädagoginnen und Pädagogen halten mit den Kindern Kontakt über Whatsapp und Facetime, halten sie bei Laune und helfen bei den Hausaufgaben. Dabei stellt Bernd Siggelkow fest, dass die Kinder selten erpichter darauf waren, ihre Hausaufgaben zu machen: „Die sind einfach so froh, uns zu sehen.“ An den verschiedenen Standorten packen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Hilfspakete mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln und bringen diese zu den Familien. Dabei steht die Arche vor den gleichen Herausforderungen wie der Rest der Bevölkerung. „Wir haben große Probleme, Toilettenpapier aufzutreiben. In Leipzig haben wir außerdem nicht mal mehr Desinfektionsmittel, um uns selbst zu schützen. Wir benötigen Konserven, haltbare Lebensmittel, Waschmittel und Süßigkeiten für die Kinder. Am Wochenende rief mich eine Mutter an und sagte mir, dass sie nicht mal mehr Spülmittel hat. Es hat ja niemand mit der aktuellen Situation gerechnet. Außerdem brauchen wir dringend gebrauchte Smartphones, um mit den Kindern Kontakt halten zu können“, sagt Siggelkow. Besonders dramatisch seien aber vor allem die Szenen, die sich an den Türen abspielen, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arche die Hilfspakete bringen: „Die Kinder kommen sofort angerannt, wollen uns um den Hals fallen – aber wir müssen Sie wegschieben und ihnen sagen, dass wir sie gerade nicht umarmen dürfen. Das verstehen viele gar nicht.“

Auf die Frage, ob er in der aktuellen Situation Unterstützung durch die Politik erhält, bricht Bernd Siggelkow zunächst nur in Gelächter aus. „Natürlich nicht. Es gab in unserer Gesellschaft schon immer abgehängte Personen, mit denen man sich abgefunden hat. Wir haben schon vor dieser Krise keine staatliche Unterstützung erhalten, das ist jetzt nicht anders. Würde der Staat uns helfen, müsste er zugeben, dass Kinderarmut ein großes Problem darstellt.“ Die Arche finanziert sich überwiegend über Spenden, in Krisenzeiten werden die wichtiger denn je. Die Politik ignoriert bisher in der aktuellen Pandemie die von Armut betroffenen Kinder. „Ich bin Pastor und halte mich an das Zitat von Martin Luther: ‚Bete, als ob alles Arbeiten nichts nützt und arbeite, als ob alles Beten nichts nützt.‘ So gehe ich auch mit der Politik um“, sagt Siggelkow. „Die Politik kann die Rahmenbedingungen schaffen. Aber in einer Situation, in der allen das Wasser bis zum Hals steht, wird zunächst Politik für die gemacht, die für die Wahlen wichtig sind. Auf uns kommt das Schlimmste erst noch zu. Denn das Geld, das jetzt ausgegeben wird, wird nach der Krise nicht mehr für die sozialen Bereiche übrig sein. Wir müssen die Zukunft der Kinder mehr ins Auge nehmen. Nicht nur, weil sie unsere Zukunft sind, sondern weil sie uns jetzt, in der Gegenwart, brauchen. Und weil sich sonst niemand für sie interessiert.“

Es werden dringend Spenden benötigt. Geldspenden können gerichtet werden an:

Die ARCHE, IBAN: DE78 1002 0500 0003 0301 00

Lebensmittel und Hygieneartikel können zudem direkt an den Standorten der Arche abgegeben werden, die dann an die Familien weitergereicht werden. Ebenso Smartphones und Prepaid-Karten, die an die Kinder verteilt werden, um mit ihnen in Kontakt bleiben zu können.


Informationen und Kontaktdaten zu den Arche-Einrichtungen in Frankfurt finden Sie hier.
 
24. März 2020, 11.00 Uhr
Ronja Merkel
 
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. – Mehr von Ronja Merkel >>
 
 
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