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No Sex in the City
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Kolumne von Ana Marija Milkovic
 

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Von der Politie und einer Vase von ittala

Foto: Fotomontage privat
Foto: Fotomontage privat
Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic hat sich diese Woche mit der Politie beschäftigt. Wie weit sind wir in Europa von dem Gemeinwesen entfernt, in dem die Vernünftigen regieren sollen?
Die Politie existiert. Ursprünglich von Aristoteles erdacht, steht Politie für eine Mischung zwischen Demokratie und Oligarchie. Die Politie sichert der Oligarchie, dass demokratische Prozesse nicht zu ihren Lasten ausgeübt werden. Besonnenheit sah Aristoteles als Grundeigenschaft zu regieren und der Oligarchie naturgemäß gegeben. Alternativen kann es in der Politie nicht geben.

Zu erwähnen wäre noch die Pöbelherrschaft, genannt Olchokratie sowie die Philosohenherrschaft, die Epistokratie. Neben der Politie sind Olchokratische und epistokratische Entwicklungen in Europa beeindruckend allgegenwärtig. Nun, da unsere Freiheit durchgehend durch die Brüsseler Politie normativ reglementiert ist, spucken sich Epistokraten und Olchokraten gegenseitig in den Ländern an. Den einen wird vorgeworfen zu weit rechts zu stehen, den anderen zu träumen.

Europa hat sich abgewirtschaftet und gleichermaßen hat sich ein austauschbarer Internationalismus durchgesetzt. Die europäische Moderne wirkt belanglos, grob im Globalen und austauschbar. Zeit zurückzublicken als der europäische Raum noch Identität stiftend, weniger rational dafür mehr regional bestimmt war.

Das war einmal in Finnland, um nicht einfach festzustellen, es war einmal. Alvar Aalto, ein finnischer Architekt und Designer (1898-1976) begann fast zeitgleich zu den Protagonisten des deutschen Bauhaus zu entwerfen. Das Ergebnis konnte nicht gegensätzlicher sein. Aalto wollte die Architektur humanisieren und nicht vorrangig wie das Bauhaus"funktionalisieren". An erster Stelle standen für Aalto Menschen, die auch zur Architektur erzogen werden müssen. Nicht, dass diese Aufgabe nicht möglich gewesen wäre, schliesslich lernten die Menschen in Europa auch Papier vom Müll zu trennen.

Form, sagte Aalto, ist ein Mysterium, das nicht etwa der Funktion folgt. Aalto's Architektur lässt sich daher nur ungenügend formal und funktional beschreiben. Wie ließe sich auch ein Mysterium in Worte fassen, wenn nicht Zwischenräumen der Stille blieben? Aaltos Architektur ist der geistige Prozess, der auch ein Werden bekundet in dem Menschen bereits leben. Seine Architektur gleicht einer organismischen Elastizität, die sich im regionalen Topos entfaltet.

Stadtplanung sollte nach Aalto's Willen den Raum für menschliches Wachstum bieten und nicht lediglich Prozesse normativ formalisieren. Architektur sah Aalto als großartigen synthetischen Prozess, in den sich tausende von menschlichen Funktionen verbinden, in dem Instinkt, Kunst und Seele überwiegen. Eine Wirtschaftlichkeit, die sich gegen den Menschen richtet, konnte seines Erachtens nur falsch sein.

Architektur ist ein Organismus aus kleinsten Einheiten, die sich multiplizieren, addieren, subtrahieren, ergänzen oder wie Tulpen in einer Blumenvase ihrer Natur entsprechend fallen. Noch heute zeugen Tulpen in Aaltos Vase für ittala von einer anderen, schöneren Welt. Dafür stand die Vase 1937 in einer technisierten und dafür steht sie 2015 in einer technokratisch und bürokratisierten Welt.
17. Dezember 2015
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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