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No Sex in the City
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Kolumne von Ana Marija Milkovic
 

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Isch guet?

Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder
Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic hat diesmal über die unterirdische Linienführung Frankfurts gegrübelt. Über Umwege führte es sie nach Mailand – wo hiesige Verkehrsbetriebe viel lernen könnten, wie sie schreibt.
Kennen Sie Leonhard Adler? Leonhard Adler war ein verheirateter Mann, ein Mailander Stadtrat, der am Ende seines Lebens in den Franziskanerorden mit dem Segen des Papstes übertrat. ich möchte heute von Männern, Stadträten und Juden aus der Mitte des Lebens erzählen.

Ich habe kürzlich in Zürich einen Unternehmer anlässlich eines Nachtessens, so werden in der Schweiz Abendessen genannt, kennen gelernt. Dieser Mann hat die Mitte des Lebens in Zentralfrankreich gefunden. Urs besitzt dort ein Schloss, das wiederum auf einem Anwesen steht, wo er jeden Tag einen Baum fällen kann und kein Hahn, sprich, keine untere Naturschutzbehörde, danach kräht. Mit dem Denkmalamt verhält es sich ähnlich. Brüssel liegt in einem anderen, weit entferntem Land. Nach der topografischen Mitte denkt Urs im nächsten Schritt über die innere Mitte zum Ende seines Lebens in einem Kloster nach.

Das erinnerte mich an Leonhard Adler. Adler liess in der letzten Phase seines Lebens von seiner Frau ab. Leonhard Adler wurde als Spross einer österreichisch-jüdischen Industriellenfamilie 1882 in Mailand geboren. Er wanderte nach Wien aus. Die Emigration nach Berlin folgte auf dem Fuße. Dort konvertierte er zum katholischen Glauben. Dem parteilosen Stadtrat Adler verdankt Berlin nach wie vor viel. Adler war treibende Kraft für den Ausbau des Flughafens Tempelhof. Er wurde erster Aufsichtsratsvorsitzender der neu gegründeten Berliner Flughafengesellschaft. Mit dem Röhm-Putsch widerfuhr jedoch allem Glorreichen, nicht nur in Berlin, ein finsteres Ende. Zumindest der Osten Deutschlands, also BER, hat sich bis zum heutigen Tag noch nicht davon erholt.

1936 jedenfalls emigrierte Adler nach Italien. Es folgte die Flucht nach Lybien, wo er bis 1947 für die britische Besatzungsmacht tätig war. 1948 (bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1952) wurde Leonhard Adler Mailänder Stadtrat für Verkehr sowie Generaldirektor für die dortigen Verkehrsbetriebe. Er war treibende Kraft für die Planung und den Bau der Mailänder Metro. Die Bauarbeiten der Mailänder U-Bahn begannen 1958. Bis zum heutigen Tag funktioniert die rote, die grüne, die gelbe Metro-Linie ausgesprochen gut. Worauf ist also bei einem Erfolgskonzept zu achten:

Der Fahrgast passiert zu einem Preis von 1,50 Euro die Eingangskontrolle zur Metro. Darauf leiten ihn stringente Wege und ein klares Design (das in Mailand noch aus der Ursprungsdekade stammt) direkten und schnörkellosen Weges in die U-Bahnen. Das Verkehrskonzept lässt unterirdisch keine Marketingflächen aus Geschäften und Gastronomiebereichen zu. Facility Management bedeutet in Mailand guten Gewissens das Funktionierende zu pflegen und mit einer neuen, lila farbenen Linie auszubauen.

Es kann demnach hilfreich sein, wenn politische und verkehrstechnische Entscheidungen auf Sachkenntnis beruhen. Diese Messe würde Priester Leonhard Adler den Frankfurtern singen, da die doch tatsächlich an ein Marktparadies im Frankfurter Hauptbahnhof glauben. 1956 hielt Adler jedenfalls als frisch geweihter Priester seine erste Messe vor den Arbeitern im Depot der Mailänder Straßenbahn. Kein schöner Land auch mit Gottes Segen durch die Stadt zu fahren.

Isch supa!
21. Januar 2016
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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