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No Sex in the City
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Kolumne von Ana Marija Milkovic
 

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Grüne Technologie ist Opium fürs Volk

UN-Klimakonferenz, ein Taifun namens Haiyan und eine Kolumnistin, die sich noch vor einer Woche ein Buch kaufte, dass besser auf Katastrophen vorbereitet als die Tagesschau. Ein Erklärungsversuch.
Waren wir vor 10.000 Jahren noch ungefähr eine Millionen Menschen auf der Erde, waren es vor 200 Jahren eine Milliarde. Vor 50 Jahren zählten wir dann aber bereits drei Milliarden. Während Sie gerade diese Zeilen hier lesen, sind wir nun schon sieben Milliarden. Damit aber nicht genug, Ende dieses Jahrhunderts werden wir dann mindestens zehn Milliarden sein. Vielleicht aber auch, und hier die schlechte Nachricht, 28 Milliarden.

Stephen Emmott, Wissenschaftler und Autor des Suhrkamp-Buchs "Zehn Milliarden", zieht bei drei Milliarden Menschen eine einschneidende Zäsur. Die grüne Revolution nennt er das, was von 1960 an folgt. Das Böse zog fortan in die Welt: Pestizide, Herbizide, Mineraldünger. Parallel dazu explosionsartige Ausweitungen landwirtschaftlicher Nutzflächen für Fischfabriken, Legebatterien, Schweinefarmen. Menschen konsumierten über ihren Bedarf hinaus und Staaten sorgten für expandierende Verkehrssysteme, für einen reibungslosen Transport rund um den Globus. Unser Wasserbedarf explodierte. Dürrezeiten, heftige Überschwemmungen folgten. Treibhausgase in der Atmosphäre stiegen. Mögen die Nebenwirkungen auf dem Beipackzettel unseres menschlichen Daseins momentan noch klein gedruckt sein, wird sich das in absehbarer Zeit ändern.

Das hängt auch damit zusammen, dass sich der Bedarf an Nahrungsmitteln bis 2050 verdoppeln wird. Schon jetzt aber benötigen wir 70 Prozent des auf der Erde verfügbaren Trinkwassers für die Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen. Wenn wir Menschen bei 10 Milliarden Exemplaren unserer Spezies ankommen, dürften es um die restlichen 30 Prozent nicht so gut bestellt sein. Können Sie mir folgen?

Fossile Brennstoffe sind übrigens im Gegensatz zu Trinkwasser ausreichend vorhanden. Angst und bange sollte uns allerdings werden, wenn Regierungen nichts auslassen und Investoren die Sicherheiten bieten, die Ressourcen auch bedingungslos abzuschöpfen. Emmott erklärt am Beispiel des Autobaus, wie sich aus aller Herren Länder Unmengen an beladenen Frachtern in Bewegung setzen, um Erze, Kautschuk, Öl, Blei und mehr hin- und herzuschaffen. Und um unseren zukünftigen Energiebedarf zu decken, müssten wir 1800 Staudämme bauen, 23000 neue Atomkraftwerke ans Netz nehmen, 14 Millionen Windräder aufstellen, 36 Milliarden Solarmodule oder einfach 36.000 neue Kraftwerke bauen, damit wir mit Öl, Kohle und Gas weitermachen können. In Anbetracht dessen, dass die Erdöl-, Kohle-, und Gasreserven mehrere Billionen Dollar wert sind, erübrigt sich die Frage, ob Regierungen und die Öl-, Kohle-, und Gasfirmen das Geld in der Erde lassen.

Wenn wir nun über Ressourcen nachdenken, helfen auch grüne Technologien nicht weiter. Zum einen decken sie den Bedarf nicht annähernd, zum anderen können diese Technologien doch gar nicht grün sein, wenn im großen Stil Metalle und Seltene Erden abgebaut werden, die für die Herstellung zum Beispiel von Silizium-Solarzellen benötigt werden. Grüne Technologien sind Opium für das Volk. Regierungen und Lobbyisten machen uns glauben, mögliche Antworten gefunden zu haben. Bei den erschreckenden Bildern der Auswirkungen des Taifuns Haiyan, macht die Tagesschau uns tatsächlich glauben unzureichende Dämmung in den Vereinigten Staaten könnte eine der Ursachen sein. Vielleicht muss die Tagesschau uns das glauben machen, denn sie hat ja einen öffentlichen Auftrag. Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass energieeffizientes Bauen auf Kosten der Ressourcen in der Tiefe und der Breite an Flächenbedarf geschieht, erübrigt sich jeder weitere Kommentar dazu.

In meiner Kolumne PET-Flaschen zu Ziegelsteinen machte ich auf den den jährlichen Bedarf von über 37 Millionen qm mit Bioziden angereicherten Wärmedammverbundsystemplatten aufmerksam. Bereits jetzt ist der Passivhausstandard überdurchschnittlich teuer in der Herstellung. Bei diesen Herstellungskosten wird es aber nicht bleiben. Eine böse Überraschung droht und uns allen: Die Kosten der Umweltschäden betragen jährlich weltweit 3,1 Billionen Dollar. Emmott nennt diese Kosten "externe Kosten". Für die kommt derzeit niemand auf. Das wird sich ändern. Bald!

Auf der anderen Seite Welt werden wiederum drei Milliarden Menschen darum bemüht sein, ihren Lebensstandard zu ändern. Diese Menschen müssen im Gegensatz zu uns mehr konsumieren, um ihr Leben zu erhalten. Zum Ende des Jahrhunderts werden es dann 5 Milliarden dieser benachteiligten Menschen sein, die mehr an Wasser, mehr an Nahrung, mehr an Energie, mehr von Allem dringend benötigen. Unser Clash der Kulturen ist kein religiöser, er ist ein wirtschaftlicher. Das Opfer, der zum Täter seiner eigenen Agenda werden sollte: Der Klimaflüchtling.

Harald Martenstein empfiehlt in seiner letzten Kolumne in der Zeit schärfere Waffengesetze. Er hat Gründe das zu tun. Dennoch seine Meinung teile ich nicht. Ich empfehle Ihnen das Buch Zehn Milliarden eifrig zu studieren, einen klaren Kopf zu bewahren und einen Kampfsport zu erlernen. Warum ich das tue? Lesen sie selbst!
12. November 2013
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_kolumne_GALERIE_WHILE#}
 

Leser-Kommentare

Kommentieren
 
Setzfehler . am 12.11.2013, 19:52 Uhr:
Donnerwetter (das kann man wohl schon bald wörtlich nehmen!), die Beiträge dieser Kolumne bessern sich zusehends! Danke für den Buchtipp!

So, wie wir uns jetzt gegen (Boots-)Flüchtlinge abschotten, werden wir uns in Zukunft gegen ganze (bewaffnete) Heerscharen abschotten müssen. Feines Leben, das wir hier (noch) führen ...
 
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