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No Sex in the City
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Kolumne von Ana Marija Milkovic
 

Kolumne von Ana Marija Milkovic

Geiz war noch nie geil

Foto: Harald Schröder
Foto: Harald Schröder
Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Warum aber auch sollten Zwanzigjährige Jil Sander tragen? Diese Frage stellt sich unsere Kolumnistin kurz vor der Eröffnung der Mode-Schau im Museum.
Jil Sander wird heute im Museum für Angewandte Kunst ihre Ausstellung eröffnen. Es werden 3000 Menschen erwartet. Der Direktor des Museums, Wagner K, riet mir ab, zur Eröffnung zu kommen. Bei der Menschenmenge würde es keinen Sinn machen, einen Eindruck von der Ausstellung zu gewinnen. Dabei geht es doch heute darum, die Ikone deutscher Mode zu sehen. Außerdem werden 3000 Lemminge in Kostümen von Jil Sander erwartet. Die meisten unter den Gästen sind wahrscheinlich Bewunderer und über 60 Jahre alt. Ich sehe die Bewohner eines Altersheims, die sich auf den weißen Frankfurter Rampen des amerikanischen Architekten Richard Meiers in dunklen Anzügen durch die Ausstellung schieben. Es wird das schickste Altersheim der Welt sein.

Ich habe mir einige Fotos von Jil Sander angesehen, die erst sehr spät zu internationalem Erfolg kam. Sie hat ein kluges und sehr feines Gesicht, das sich uns über Jahrzehnte als Markenzeichen eingeprägt hat. Bruce Weber hat sie 1998 für die Vogue fotografiert. In ihren Privatgemächern sagte sie der Zeitschrift, sie könne in beidem leben, in minimalistischem und prunkvollen Interieur. Ihr Refugium sei für sie amüsant und verträumt. Das ist eigentlich absurd. Ein verträumter Stil ist nicht ihr Markenzeichen. Romantik als Erscheinungsbild wurde durch Gradlinigkeit im Entwurf ersetzt. Hausbackener Stil wich klaren Linien und Formen und emanzipierte deutsche Frauen. Mit einem Anzug von Jil Sander wirkt jede Frau modern und gleichzeitig gut angezogen.

Auf feine Stoffe legte sie in ihrer Arbeit von Anbeginn wert. Die Ausstellung im MAK sollte aber Käufer interessieren, die gerne bei Billigmodeketten einkaufen. Einmal den Unterschied sehen und verstehen lernen. Nehmen wir einmal an, ein Anzug von Jil Sander kostete 1500 Euro. Der Stoff wird sicherlich von ausgezeichneter Qualität und sehr gut verarbeitet sein. Auf beides kommt es im Zusammenwirken bei qualitativ hochwertiger Mode an. Der Anzug wird bei guter Pflege 10 Jahre halten, ohne dass er aus der Mode fällt. 41 Cent am Tag kostet das gute Stück. Schwierig sind nach meiner Rechnung demnach die ersten 10 Jahre, die wir vorausschauend 41 Cent am Tag zurück legen müssten, um ein Stück von Sander zu tragen.

Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Warum aber auch sollten Zwanzigjährige Jil Sander tragen? Steht ausgereifte Mode nicht in Konkurrenz zur Vergänglichkeit der Jugend und ist uncool? Werde ich doch noch schwach heute Abend? Werde ich mich unter die Gäste des MAK mischen? Ich weiß es nicht. Wagner K ist einer der herausragenden Köpfe unserer Frankfurter Museumswelt, der einer großen deutschen Modemacherin und Unternehmerin einen denkwürdigen Auftritt und Rückblick verschafft hat. Hier wurde ein Meilenstein in Eigenregie gelegt. Kein Blockbuster wie in Frankfurt seit Jahren üblich. Ob heute oder morgen oder nächste Woche, ich werde mir die Ausstellung auf jeden Fall ansehen.
3. November 2017
Ana Marija Milkovic
 
 
Fotogalerie:
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