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Foto: Katharina Dubno
Foto: Katharina Dubno

Im Gespräch mit der Leiterin des Frauenreferats

Gabriele Wenner: „Wir mischen uns dort ein, wo die Rechte von Frauen und Mädchen missachtet werden"

Gabriele Wenner ist Leiterin des Frauenreferats. Dem JOURNAL FRANKFURT hat sie erzählt, welche Aufgaben das Frauenreferat hat, warum der Weltfrauentag ein bundesweiter Feiertag sein sollte und welche Entwicklung in Frankfurt ihr persönlich am Herzen liegt.
JOURNAL FRANKFURT: Frau Wenner, Sie sind Leiterin des Frauenreferats der Stadt Frankfurt. Welche Aufgaben hat das Frauenreferat?

Gabriele Wenner: Das Frauenreferat berät als Fachamt die kommunalen politischen Gremien und die Verwaltung in allen für Frankfurt relevanten frauenpolitischen Themen und bereitet Entscheidungen des Magistrats vor. Das sind zum Beispiel Fragen der sexistischen Diskriminierung, der Gleichstellung, der Frauenrechte, der Intersektionalität oder des Gender Mainstreaming, die mitunter auch auf europäischer Ebene diskutiert werden. Mit dieser Expertise setzten wir auch verschiedene Themen in der Stadtöffentlichkeit. Ganz praktisch mischen wir uns überall dort ein, wo die Rechte von Frauen und Mädchen missachtet werden oder wo Informationen über Themenfelder, Leistungen, Ansprüche und Hilfestellungen fehlen. Wir initiieren hier in Frankfurt Projekte in den Handlungsfeldern Gewalt, Arbeit, Bildung, Integration, Mädchenpolitik, Kultur, und Benachteiligung von Frauen und Mädchen und vernetzen uns dazu gezielt mit Akteurinnen und Akteuren der Stadtgesellschaft. Wir nutzen die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern und erarbeiten Aktionspläne.

Was möchten Sie mit Ihrem Engagement erreichen?

Es geht vor allem darum, in den Köpfen von Menschen das Bewusstsein zu schärfen, was Gleichberechtigung wirklich bedeutet. Gleichstellung ist zwar gesetzlich garantiert, bleibt im praktischen Alltag vieler Frauen und Mädchen aber weit hinter dem rechtlichen Anspruch zurück. Frauen- und mädchenpolitische Themen müssen im Alltag, im Beruf und vor allem im gesellschaftlichen Umfeld sichtbarer werden. Dazu organisieren wir gezielt Projekte und Initiativen, wie zum Beispiel die Kampagne „Frauen.Macht.Politik.“, „Respekt stoppt Sexismus“ oder „Armut ist eine Frau“. Noch immer verdienen Frauen weniger als Männer in gleichen Positionen, noch immer begrenzen althergebrachte Geschlechterklischees und überkommene Rollenbilder den Entscheidungsspielraum. Wir wenden uns mit unseren Maßnahmen an alle Altersgruppen, an Frauen und Mädchen jeglicher Herkunft und mit verschiedenen sozialen Biografien. Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Mädchen in allen gesellschaftlichen Belangen ist ein universaler Anspruch.

In Hannover wird seit einigen Monaten sämtlicher Schriftverkehr in geschlechtergerechter Verwaltungssprache formuliert. Wann zieht Frankfurt nach?

Hannover hat mit seinen „Empfehlungen für eine geschlechtergerechtere Verwaltungssprache“ vorbildhaft eine Bresche geschlagen, viele Kommunen werden sicher nachziehen. Eine gerechte Berücksichtigung von Geschlechtern und verschiedenen Identitäten in der Sprache – vor allem in der behördlichen Kommunikation, die doch alle Menschen gleichermaßen ansprechen muss - ist doch nachvollziehbar. Auch in der Frankfurter Stadtverwaltung ist die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache immer wieder Thema, da Sprache lebt und sich laufend verändert. Das Frauenreferat hat die Aufgabe übernommen, eine Handreichung für die geschlechtergerechte Ansprache zu formulieren, die wir dann gerne zur Verfügung stellen. Von einer behördlichen Verfügung wie in Hannover sind wir natürlich noch ein paar Meter entfernt.

Berlin ist seit diesem Jahr das erste Bundesland, in dem der Weltfrauentag ein gesetzlicher Feiertag ist. Oberbürgermeister Peter Feldmann und Rosemarie Heilig, Dezernentin für Umwelt und Frauen, setzen sich dafür ein, dies auch in Hessen einzuführen. Warum wäre dies, Ihrer Meinung nach, ein wichtiges Zeichen?

Feiertage werden historisch nach religiösen oder politischen Traditionen festgelegt. Sie sind nationale landesweite Symbole, die eine gemeinschaftliche Wertschätzung und ein einheitliches kulturelles Zugehörigkeitsgefühl ausdrücken. Um einen Feiertag einzurichten, braucht es immer einen gesetzlichen Beschluss und politische Mehrheiten. Den Kampf von Frauen weltweit für Gleichberechtigung und Gleichstellung mit einem Tag der Besinnung zu würdigen, ist ein ungemein starkes demokratisches Bekenntnis. Es ist doch kaum zu glauben, dass das Wahlrecht von Frauen in Deutschland gerade mal hundert Jahre besteht. Ein Feiertag ist damit auch ein deutliches Signal an die Weltgemeinschaft, Frauenrechte als universell anzuerkennen, sich zur Gleichstellung als politische Aufgabe insgesamt zu bekennen. Wenn Berlin sich mit einem Feiertag zum Weltfrauentag positioniert, sollte das eigentlich auch in Hessen gelingen. Selbstverständlich darf ein Feiertag nicht konkrete Aktionen ersetzen.

In Frankfurt fanden wochenlang Mahnwachen von Abtreibungsgegnern vor Beratungsstellen von Pro Familia statt. Was sagen Sie zu dem Vorschlag, Schutzzonen vor den Gebäuden von Pro Familia zu errichten? Glauben Sie, dieser Schritt ist der richtige Ansatz?

Das Spießrutenlaufen für Frauen auf dem Weg in eine Schwangerenberatungsstelle ist unzumutbar. Das dringlichste Ziel ist es, schwangere Frauen bestmöglich ergebnisoffen zu beraten. Die Mahnwachen verletzen das Recht von Schwangeren auf freien Zugang zu einer Beratungsstelle. Auch die Beratungsstellen werden in ihrer Arbeit zum Beispiel durch laute Gebete eingeschränkt. Den Protest in einem festgelegten Abstand von 150 Metern stattfinden zu lassen, wäre doch ein Kompromiss.

Welche Entwicklung in Frankfurt liegt Ihnen persönlich am Herzen?

Frankfurt ist eine Stadt, die von einer enormen Vielfalt der Einwohnerinnen und Einwohner geprägt ist. Sie verändert sich in einem atemberaubenden Tempo, sie wächst enorm und bietet zugleich viel Potential, den jeweils eigenen Lebensstil zu finden und sich zu entfalten. Die Vielfalt der Möglichkeiten, der individuellen Freiheiten, des kulturellen und wirtschaftlichen Reichtums gilt es zu erhalten. Leider zeigen zunehmende politische, soziale und auch religiöse Spannungen in Deutschland und weltweit auch in Frankfurt Wirkung, die bisher erreichte Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen in Frage zu stellen und Frauen in althergebrachte Rollentraditionen zurückzudrängen. Getreu dem Motto des Frauenreferats „Für ein gleichberechtigtes, eigenständiges, gewaltfreies Leben!“ setze ich mich aus vollem Herzen dafür ein, dass Frankfurt eine soziale und gendergerechte Stadt mit Zukunft für alle Menschen bleibt.
 
6. Mai 2019, 10.52 Uhr
Helen Schindler/Elena Zompi
 
 
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