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Virus Musik Radio Show: Pogo, Poesie und Bubblegum
Pillow Fight Club
„Typisch Frankfurt“, nörgelte einer, noch bevor die erste Band – Dolf aus Neu-Isenburg, junge Punk Rocker, gut als Opener mit Aufweckfunktion – fertig war. „Da werden sieben gute Bands gratis angeboten und der Club müsste eigentlich gerammelt voll sein.“ Das dauerte tatsächlich noch ein bisschen, bis die Menschen aller Altersgruppen den Weg in den Sinkkasten gefunden hatten. Der war dann aber letztlich bestens besucht und alle waren glücklich.
Nach Dolf dann Szenenwechsel ins Café zur zweiten Bühne. „Vorne tanzig, hinten chillig“, auf diese (zu) einfache Formel brachte es Sepp’l Niemeyer (Foto links) von der Virus Musik e.V., der – nach der Programmgestaltung – auch die Moderation traditionsgemäß übernommen hatte. Oder auch: die lautere Töne auf der großen, die leiseren auf der kleinen Bühne. Bei Josua Chrostek und seiner diesmal akustisch angetretenen Band The Rails war’s zum Singer/Songwriter-Pop (moody, aber nicht Moody Blues – dafür fehlte die Kitschkomponente beim Youngster) noch kuschelig, weil sich nicht automatisch alle der Völkerwanderung an der Bar entlang anschlossen. Der Impuls wuchs mit Fortdauer des Abends, bei der Kapelle Ostermann (eh zu Comedy-lastig für meinen Geschmack) kapitulierte ich, bei Maike Rosa Vogel sicherte ich mir noch als The Audience ihren letzten Töne spielten meinen Sitzplatz direkt vor der Bühne. Aber der Reihe nach.
Dem Pillow Fight Club hört man längst die Routine vieler, viele Konzerte übers Jahr an. Und auch bei der Pop Akademie hat man gelernt, aber den eigenen Charakter nicht verloren, was von Größe und Selbstbewusstsein zeugt. Dass das doppelte gemischte Doppel (oder die Pärchenband wie jemand mal schrieb) gute Songs schreibt, konnte man bei ihren zwischenzeitlichen Unplugged-Gigs wahrnehmen. Der Schrillige, Kreischige der Anfangstage ist raus, nicht aber die Energie und der Charme. Das ist längst Indie-Pop, manchmal auch Bubblegum, aber mit inhaltlichem Tiefgang. Man darf aufs Album gespannt sein.
The Audience
Die Labelmates von Hazelwood, The Audience aus dem Fränkischen, sind eine ganz wunderbare deutsche Band. Klingt zwischendurch wie Progressive Rock der Mittsiebiger, hat Hirn (weil intelligent „gemacht“), aber auch viel Herz und Seele und ist alles andere alles kopfig und damit für die Füße, sondern fährt zu allem Überfluss auch noch in die Beine und bringt die Leuten zum Grooven und sogar zum ekstatischen Abtanzen. The best of many worlds – mehr geht fast nicht bei Popmusik. Toll der Sänger, kein Pin up, dafür ein echte Soulman, der seine Songs lebt.
Maike Rosa Vogel
Das tut auch die gebürtige, jetzt in Berlin lebende Frankfurterin Maike Rosa Vogel, von Sepp’l ganz salbungsvoll angekündigt, als käme da jetzt das zerbrechlichste alle Wesen mit den pastellensten Songs vorstellbar. Diesmal ganz allein auf der Bühne sang sie ihre subtilen deutschen Texte zu einfachster wie wirkungsvoller Gitarrenbegleitung, spielte auch mal Mundharmonika und war in der Essenz alles andere als nur lieb und harmoniesüchtig. Maike Rosa Vogel steht in der Tradition klassischer deutscher Liedermacher und auch amerikanischer Singer/Songwriter, gar Protestsänger. Burg Waldeck trifft Greenwich Village. Da klingt tatsächlich eher mal nach Degenhardt und Biermann als nach Adam Green. Aber auch ein Leonard Cohen klingt an. Poesie durch und durch, aber eben auch sozial kompetent und politisch interessiert.
Zum Abschluss des Live-Programms Mate Power mit ihrem Ska-Latin-Reggae-Sounds, überaus „tanzig“ (um im Virus-Jargon zu bleiben), was die jungen Konzertbesucher zum Pogotanzen und Stagediving animierte. Eine gelungener wie „schöner Abend mit friedlicher Stimmung“, wie Irmgard Tennagels, die Musikreferentin Popularmusik der Stadt Frankfurt glücklich resümmierte.
Fotos: Detlef Kinsler
22. Dezember 2008, 18.11 Uhr
Detlef Kinsler
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