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Foto: Lukas Gedziorowski
Foto: Lukas Gedziorowski

Richard Gutjahr über Journalismus

Marke, Nische, Mut

Wie man mit Journalismus im Internet Geld verdienen kann, darüber sollte der Blogger Richard Gutjahr im Kunstverein Familie Montez sprechen. Auch wenn er die Antwort schuldig blieb, hatte er ein paar Tipps für seine Kollegen.
Aufmerksamkeit ist eine Währung, sagt Richard Gutjahr. Wenn das stimmt, dann ist er ein reicher Mann. Der Journalist und Blogger hat mal ein iPad gekauft und weil er zufällig der erste war, wurde er berühmt. Dann flog er nach Kairo und berichtete über den Arabischen Frühling. Jetzt erzählt er anderen, wie sie mit Journalismus im Internet Geld verdienen können. So auch am Mittwoch beim FPC-Netzwerk-Abend im Kunstverein Familie Montez. Seinen Ruf untermauerte er gleich zu Beginn damit, dass er, während er eingeführt wurde, ein Panoramabild vom Publikum machte und es twitterte. So kommt man auf über 25.000 Tweets seit 2008. So macht man sich zur Marke.

Gutjahr für einen Selbstinszenierer zu erklären, wäre wohl in seinem Sinne. Und er sieht nichts Falsches daran. Im Gegenteil: Ein Journalist müsse seine Marke profilieren, sagte er. Dazu gehört auch eine Präsenz des Namens. "Was ist falsch daran, mit seinem Namen aufzutreten?", sagte er. "Er ist das Wichtigste, was wir haben. Das Letzte, was uns bleibt, ist unsere Persönlichkeit", sagte Gutjahr. Geschichten gebe es an jeder Ecke, wichtig seien aber die Menschen, die sie erzählten. Denn daran orientierten sich Leser wie er, indem sie Texte von Autoren lesen, die sie bereits kennen und schätzen.

Am besten könne man sich nicht profilieren, indem man mit den großen konkurriere, sondern sich eine Nische suche. Wie die Diskussion im Anschluss ergab, können das die abstrusesten Themen sein: Vom Fliegenfischen bis Fußfetischismus. Aber auch Bloggen übers Geldverdienen im Internet als Journalist kann erfolgreich sein, wie das Beispiel Karsten Lohmeyer zeigt. Wer das Interesse einer Zielgruppe bedient und ihre Aufmerksamkeit gewinnt, wird nach Gutjahrs Darstellung irgendwann zum Selbstläufer, denn ab einer gewissen Masse an Lesern und Followern automatisiert sich die Werbung für das eigene Produkt. "Das erste Jahr aber, da schreiben Sie nur für die eigene Oma, da interessiert sich niemand für Sie."

Gutjahr kritisierte die Skepsis vieler Journalisten für neue Medien. "Unser Publikum ist oft weiter als wir", sagte er. "Wir müssen uns daran gewöhnen, wie Menschen kommunizieren." Kommunikation von oben nach unten sei nicht mehr zeitgemäß, weil die Nutzer selbst Content produzierten. In Sachen Technik ging Gutjahr mit gutem Beispiel voran. Nicht nur mit seiner demonstrativen Echtzeitkommunikation, sondern auch indem er seine Apple Watch hochhielt. Dabei wurde klar, dass er selbst damit noch nicht viel anzufangen weiß, aber ein Potenzial in dem Gerät erkennt. Noch sei es ein Gimmick, aber in fünf Jahren könnte die Apple Watch ein Schlüsselbund für digitale Inhalte sein. "Warum sind Journalisten so träge?", sagte Gutjahr. "Wir sollten an der Spitze der Bewegung stehen."

Bleibt die Finanzierungsfrage. Die bringe ihn auf die Palme, sagte Gutjahr. Im Gegensatz zu Amazon, das das Einkaufen einfach gemacht habe, mache das Zeitungkaufen im Internet keinen Spaß, weil es zu umständlich sei. Die Lage der Printmedien im Netz sei selbstverschuldet. Auf Micropayment-Konzepte wie das eigene "Laterpay" ging Gutjahr jedoch nur kurz ein und daher blieb er eine Antwort auf die Hauptfrage des Abends schuldig. Allerdings hatte er einen anderen Ratschlag. Viele Journalisten fragten, noch bevor sie etwas unternähmen, "wer zahlt mir das", also nach einer Garantie für den Erfolg. Gutjahr sagte aber: "Man muss in Vorleistung gehen." Wer ein Startup gründe, müsse eben zunächst ein Jahr von Tütensuppen leben. Wer als Reporter groß rauskommen will, muss einfach mal machen, wie zum Beispiel nach Kairo fliegen, wenn dort gerade Revolution ist. Man brauche eine erste Geschichte, sie sei die erste Stufe, sagte Gutjahr, damit man Aufträge bekomme. Das Geld sei da. "Du darfst nicht erwarten, dass Leute dir Geld geben, die dich nicht kennen", sagter er. "Würden Sie die Katze im Sack kaufen?"

Trotz seines Optimismus für das, was möglich ist, wagte Gutjahr auch eine Prophezeiung für das Unvermeidliche: Dass der Umbruch in den Medien dem Fernsehen noch bevorstehe. "Das Fernsehen hat sein blaues Wunder noch vor sich. Da geht die Schlacht erst so richtig los."

 
2. Juli 2015, 10.33 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
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