Wenn einer wie Van Morrison, dem seit Jahrzehnten der Ruf voraus eilt, ein schwieriger Künstler zu sein, gleich sein Konzert spielen wird wie gestern Abend in der Jahrhunderthalle in Höchst, gibt es schon im Foyer die ersten „Gerüchte“ zu hören. „Er geht punkt halb Zehn von der Bühne, steigt in die bereitstehende Limousine, fährt zum Flughafen und fliegt nach Hause.“
Erstmal enterte aber bereits um 19:30 Uhr Shirley Grimes die Bühne, eine irische Wahl-Schweizerin, deren Band spielte wie eine US-amerikanische Countryband mit eher nur leicht keltischem Einschlag. Schöne kraftvolle Stimme, saubere Interpretationen, ein gelungener Einstieg in der Abend, der dann ohne lange Pause direkt Van The Man präsentierte.
Mit vielköpfiger Band, allein drei Gitarristen (darunter eine junge Dame an der Steel Guitar und am Banjo), mehreren Bläsern, zusätzlichen Percussion, eine Geige und natürlich Piano und Hammond Organ, gönnte die lebende Legende seinen Fans in der unbestuhlten wie gut gefüllten Halle nicht nur den Sänger, sondern auch den Altsaxophonisten und Mundharmonikaspieler Van Morrsion.
So gut gelaunt und beinahe redselig hatte man Van Morrison das letzte Mal vor vielen vielen Jahren im Bockenheimer Depot erlebt, aber selbst da hatte er nicht so laut und herzlich gelacht wie gestern beim Dialog mit seinen phantastischen Musikern. Den guten alten, traditionellen Rhythm Blues ließ der Nordire hochleben und erinnerte sich sogar an ein mehrtägiges Gastspiel „zu einer Zeit in den Sechzigern, als die meisten von Ihnen noch gar nicht geboren waren“ im Frankfurter Storyville (später Zoom, heute Sinkkasten), als man pro Abend noch bis zu sieben Mal auf die Bühne musste. Die Musik von damals ist nach wie vor die Basis seines längst ganz eigenen Sounds, in dem erst die Schwerpunkte von Song zu Song verschiebt, mal jazz, mal gospelt, mal soulful ist, immer wieder Country und auch Gospel (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) streift.
So „abgehangen“, lässig und locker die Band spielt, so inspiriert und beseelt spielt sie auch. Ehrlich: die ersten dreißig Sekunden des Auftritts enthielten – auch ohne fette Big Band im Hintergrund – die Essenz eines gesamten Roger Cicero-Konzertes, nur eben viel authentischer und erhabener. Er versprach seinen Fans in einem Song eine „Magic Time“ und die bekamen sie auch. Als echter Bandlieder verteilte er die Soli, ließ den Gitarristen, dem Hammond-Spieler, Geiger und auch den Bläser genügend Raum, solistisch zu glänzen. „Keep It Simple“ ist das Motto seines brandneuen Albums. Das klingt wie Understatement, aber tatsächlich sind die Strukturen einfach und die Virtuosität verkommt nie zum Selbstzweck, nicht mal in der genialen Version seines „Moondance“. Da passte einfach alles zusammen,.
Übrigens: Punkt halt Zehn ging der Meister wohl gelaunt von der Bühne, das Licht ging an, keine Zugabe, aber niemand murrte. Ob ihn allerdings Sturm Emma (bzw. die Nachwirkungen in Form von Flugverspätungen) einfach so ziehen ließ....