Für die Landtagswahl im kommenden Jahr hat die NPD eigentlich schon aufgegeben. Chancen im Westen rechnet sich die rechtsextreme Partei eigentlich nur noch in Niedersachsen aus. Gleichwohl sei ausländerfeindliches Gedankengut auch in Hessen auf dem Vormarsch, sagen die Wissenschaftler Holger Oppenhäuser, Margrit Frölich und Benno Hafeneger. In ihrem Buch, das die aktuelle Lage in Hessen zusammenfasst, werden vor allem die ländlichen Regionen als gefährdet angesehen. Oppenhäuser berichtet von Jugendlichen, die sich nicht mehr auf Partys trauen, weil Angst haben, Schwierigkeiten mit ihren rechten Altersgenossen zu bekommen. „In manchen Diskos kommt es zu Rekrutierungsversuchen.“ In Schulen hingegen werde das Thema oft nicht angesprochen.
Laut Margrit Frölich, stellvertretende Direktorin der evangelischen Akademie Arnoldshain habe das Thema in der Vergangenenheit Konjunkturen erlebt, mittlerweile sei es aber Kontinuität gewichen. Bei einer Tagung, die vor einem Jahr in der Akademie stattfand, sei klar geworden, dass es nicht wenige Menschen gebe, die gegen rechts aktiv werden wollen - nur wüssten sie nicht wie. Aus der Tagung ist so nicht nur das Buch hervorgegangen, sondern auch ein Aufruf an die Landtagsfraktionen das Thema an eine breite Öffentlichkeit zu lenken. Es bestehe dringender Handlungsbedarf. Benno Hafeneger von der Uni Marburg sieht zum Beispiel als Aufgabe, die örtlichen Meinungsbilder einzubinden, will heißen: die freiwillige Feuerwehr, den Gesangverein oder den Fußballclub. „Rechtsextremismus ist gewiss kein neues Phänomen, aber wir haben es mit einer neuen Dynamik zu tun. Die Kameradschaften aber auch die NPD haben es geschafft, einen Generationswechsel einzuleiten.“ Befragungen mit Lehrern hätten ergeben, dass teilweise über 80 Prozent der Schüler rechtsradikale Bands und deren Liedtexte kennen. Empirisch belegbares Zahlenmaterial liegt gleichwohl nur bundesweit vor - inhaltlich ist es nicht besonders ermutigend. 11 Prozent der Wähler haben ein rechtsextremes Weltbild, eine weitaus größere Zahl würde fremdenfeindlichen Äußerungen zumindest teilweise zustimmen. So kann das Buch zwar als Kompendium im Kampf gegen rechtsextreme Bünde verstanden werden – die Situation in Hessen kann es nur aus dem subjektivem Empfinden der Autoren wiedergeben. In einer Stadt wie Frankfurt klingt es zwar beruhigend, wenn Benno Hafeneger von einem „insgesamt ländlichen Phänomen“ spricht, doch spätestens die Diskussion um den Moschee-Bau in Hausen hat gezeigt, dass die Stimmung von seriös vorgetragenen Bedenken schnell zu fremdenfeindlichen Äußerungen wechseln kann. Die NPD jedenfalls hat die Zeichen der Zeit schon erkannt und mit fremdenfeindlichen Flugblättern in die Diskussion eingegriffen.