Die Frankfurter Innenstadt stand gestern Abend ganz im Zeichen des Protests. Neben den Studenten demonstrierten auch Bürger, die ihre Sorge und ihren Ärger über den geplanten Beschluss der Vorratsdatenspeicherung zum Ausdruck brachten. Dabei sollen sämtliche Daten von Telefongesprächen, etwa die Dauer der Verbindungen, sechs Monate lang von den jeweiligen Telekommunikationsunternehmen gespeichert werden, nicht aber der Inhalt der Gespräche.
Bevor es auf den Fußmarsch ging, versammelten sich die Teilnehmer auf dem Paulsplatz. „Das, was hier geschehen soll, hat mit dem Grundgesetz nichts mehr zu tun“, so Angelika Wahl von attac. Auch die anderen Redner warnten eindringlich vor den Folgen der Vorratsdatenspeicherung. Werner Lohl vom Berufsverband Deutscher Psychologen: „Schon das Wissen um die Überwachung lässt den Bürger in der Ausübung seiner Grundrechte zurückhaltend werden.“ Martin Grauduszus von der Freien Ärzteschaft befürchtet den „Untergang der ärztlichen Schweigepflicht“: „Die elektronische Gesundheitskarte, in der künftig alle Patientendaten erfasst werden sollen, ist ein hochentwickeltes Mittel zur Überwachung.“
Nach den Reden ging es unter massiver Polizeibegleitung von der Berliner Straße über den Willy-Brandt-Platz und die Alte Oper zum Paulsplatz zurück. Zeitweilig war eine Hälfte der Neuen Mainzer Landstraße von Demonstranten besetzt, der Verkehr musste zur Freude der Organisatoren warten. Durch die City schallte es: „Wolfgang Schäuble in den Knast, weil er die Verfassung hasst“ und „Wer heute noch darüber lacht, der wird schon morgen überwacht“ und verwunderten und neugierigen Passanten wurden Flugblätter in die Hand gedrückt. Gleichzeitig mit dem Fußmarsch setze der Regen ein, doch auch er konnte die Protestentschlossenen nicht beeindrucken. Zum Schluss wurde eine Mahnwache abgehalten und fünfzehn Minuten geschwiegen. „Ihr habt ein Recht auf Privatsphäre, lasst euch nichts anderes einreden“, diese Aufforderung der Bürgerrechtlerin und Autorin Bettina Winsemanns war auch das Fazit des gestrigen Abends.
Die Teilnehmerzahl lag nach Angaben der Veranstalter bei etwa 1000, die Polizei sprach von circa 300 Demonstranten. Bundesweit beteiligten sich über 10.000 Menschen in 35 verschiedenen Städten an den vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung organisierten Protesten.
Am Freitag soll im Bundestag über die Vorratsdatenspeicherung abgestimmt werden. Die Bundesjustizministerin Brigitte Zypries geht dabei von einer Mehrheit für das Gesetz aus, bekennt aber, der Streit werde endgültig wohl erst vor dem Bundesverfassungsgericht entschieden werden. Im Gegensatz zur ursprünglichen Absicht will das Bundesjustizministerium erst 2009 mit der Speicherung von Internetdaten beginnen.