Streit zwischen AStA und Goethe-Universität

AStA muss Broschüren zensieren

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Ein Raum auf dem Campus Riedberg, oder besser gesagt die Benennung des Raumes, sorgt seit langer Zeit für Diskussionen an der Goethe-Universität Frankfurt. Obwohl die Umbenennung im Februar erfolgte, gibt es neue Streitigkeiten.

Elena Zompi /

Am 18. Juli vergangenen Jahres hatte die Universitätsleitung beschlossen, einen Arbeitsraum am Campus Riedberg in „Adolf-Messer-Stiftungs-Lounge – Diskursraum – Wissenschaft in Geschichte und Gesellschaft“ zu benennen. Doch Studierende und Lehrende der Uni protestierten lautstark dagegen. Denn im Vorfeld hatte es immer wieder Diskussionen um den Plan der Uni gegeben, den Raum in „Adolf-Messer-Stiftungs-Lounge“ zu benennen. Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) hatte bei Recherchen entdeckt, dass jener Adolf Messer während der NS-Zeit nicht unschuldig geblieben war: Messer, der 1933 in die NSDAP eintrat, war mit seinem Unternehmen an Rüstungsprojekten beteiligt und beschäftigte Zwangsarbeitskräfte. Deshalb hatte der AStA den alternativen Namensvorschlag „Common Room" gemacht.

Uni hielt an Entscheidung fest

Die Entscheidung sei das Ergebnis eines intensiven Reflexions- und Diskussionsprozesses, äußerte sich die Uni bei der Bekanntgabe des neuen Namens im Juli 2018. „2014 wurde bei den Überlegungen, das langjährige Engagement der Stiftung für die Goethe-Universität mit einer Raumbenennung zu würdigen, übersehen, dass der Namensgeber der Stiftung, Adolf Messer, Mitglied der NSDAP war und als Unternehmer von der NS-Wirtschafts- und Rüstungspolitik profitierte", erklärte die Uni in einem öffentlichen Schreiben. Dass dieser Sachverhalt Kritik hervorriefe, könne das Präsidium nachvollziehen und werde die Argumente auch zukünftig in sein Handeln eingehen lassen. Allerdings wies das Präsidium darauf hin, dass mit dem Namen die Stiftung und nicht die Person Adolf Messer benannt werden solle. Durch die seit 1993 bestehende Zusammenarbeit zwischen der Stiftung und der Universität hätten beide eine gemeinsame Geschichte. Diese Geschichte sei geprägt von konstruktiver Zusammenarbeit; zugleich ließe sie eine sich verändernde Reflexion des Verhältnisses von privater Wissenschaftsförderung und Universität deutlich werden. „Ebenso wenig aber wie die Universität die deutsche Geschichte hinter sich lassen kann, kann und sollte sie ihre jüngere Geschichte negieren“, heißt es in dem Schreiben.

In einer Stellungsnahme des AStAs, die in der November-Ausgabe der AStA-Zeitung erschien, zeigt sich dieser „bestürzt“ über die Entscheidung und die „Ignoranz“ der Universität. Damit habe die Universitätsleitung einen einstimmigen Senatsbeschluss, die öffentliche Kritik und die Ergebnisse einer vom AStA organisierten Podiumsdiskussion missachtet. Ferner trete in der Entscheidung Opportunismus zu Tage: Es sei der Universitätsleitung offensichtlich wichtiger, durch eine konforme Namensvergabe weiterhin Stiftungsgeld von der Messer Group zu beziehen als sich durch einen alternativen Namen für ihre Studentenschaft und für eine angemessene Vergangenheitsbewältigung zu entscheiden.

Der AStA sieht in der Vergangenheitsbewältigung der Goethe-Universität ein generelles Problem: Sie habe es in der Vergangenheit immer wieder versäumt, den Nationalsozialismus in der eigenen Geschichte aufzuarbeiten. Daher habe der AStA eine Projektstelle für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit gegründet. Die Universitätsleitung komme ihrer Aufarbeitungspflicht indes nicht nach – im Gegenteil lege sie sogar eine „herausragende Verdrängungsleistung“ an den Tag. Die Aufarbeitung sei nur insoweit erwünscht, wie sie dem öffentlichen Bild der Universität guttue. Die AStA-Projektstelle für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit solle dem nun entgegenwirken, heißt es in dem Artikel „Bericht Projektstelle NS-Aufarbeitung“ in der November-Ausgabe der AStA-Zeitung.

Neue Streitigkeiten

Im Februar dieses Jahres dann die Wende: Die Universität knickte ein und benannte den Raum nach dem Vorschlag des AStAs in „Common Room“ um. Doch damit ist offenbar noch kein Frieden eingekehrt. Als Kritik an dem Verhalten der Uni, „sah sich der AStA im März vergangenen Jahres gezwungen eine Broschüre zu erstellen, um auf der Grundlage der gesammelten Unterlagen auf eine fehlende kritische Auseinandersetzung mit Bereitstellerinnen und Bereitstellern von Drittmitteln hinzuweisen.“ Die Broschüre zur Umbenennung der „Adolf-Messer-Stiftungs-Lounge“ enthält neben der Dokumentation von Senatsbeschlüssen und Archivmaterialien, die die nationalsozialistische Vergangenheit Adolf Messers sowie die Beschäftigung von Zwangsarbeitskräften durch diesen belegen, zwei Gutachten sowie einen Brief von Universitätsleiterin Wolff. Wie die Hessenschau zuerst berichtete, forderte Wolff vergangenen Mai den AStA dazu auf, die Veröffentlichung der beiden Broschüren zukünftig zu unterlassen. Die Veröffentlichung der in den Broschüren enthaltenden Unterlagen stelle die effektive und unbehinderte Arbeit des Senats infrage. Mittlerweile findet man die Broschüre nur noch in zensierter Version auf der Internetseite des AStAs.


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