Editorial 08/2019 JOURNAL FRANKFURT

Schwänzen bildet

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Am heutigen Donnerstag erscheint die August-Ausgabe des JOURNAL FRANKFURT. In ihrem Editorial schreibt Chefredakteurin Ronja Merkel über den Klimawandel in Frankfurt und darüber, warum die Fridays for Future-Demonstrierenden jedes Recht haben, die Schule zu schwänzen.

Ronja Merkel /

Dass sich die verschiedenen Generationen gegenseitig oft mit Unverständnis begegnen, ist nichts Neues. „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widerspricht ihren Eltern, legt die Beine übereinander und tyrannisiert ihre Lehrer“, soll schon Sokrates gesagt haben. Es ist wohl Teil der menschlichen Natur, immer mit etwas Verachtung auf die zu schauen, die nach uns kommen. Das Dumme ist: Wenn wir so weiterleben wie bisher, werden nicht mehr viele nach uns kommen. Auch deshalb ist es mir ein Rätsel, warum der jungen Generation, die aktuell weltweit mit so viel Engagement und Ausdauer für die Zukunft der Menschheit protestieren geht, so viel Ablehnung entgegenschlägt.

Rund zwei Millionen Menschen sind innerhalb der vergangenen zwölf Monate weltweit für den Klimaschutz auf die Straße gegangen. Ein Großteil von ihnen geht noch zur Schule – und lässt für die Proteste jeden Freitag den Unterricht ausfallen. Wer diese globale Bewegung und ihren kontinuierlichen Kampf noch als faule Schulschwänzerei abtun kann, hat selbst noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Vergangenes Jahr war Frankfurt die wärmste Stadt Deutschlands. Am Mainufer warteten keine grünen Wiesen, sondern verdorrtes Gras und trockener Staub. So sah es in vielen Teilen Europas aus – und in ganz Europa starben aufgrund der Hitze Tausende Menschen. So geht es bereits seit einigen Jahren und so wird es weitergehen, weltweit. Und weltweit werden Menschen auf die Flucht gehen, weil ihre Heimatländer nicht mehr bewohnbar sein werden. Die Einschränkungen, die wir in unserem westlichen Luxus vornehmen müssen, um eine Besserung herbeizuführen, sind nichts im Vergleich zu dem, was uns erwartet, wenn wir weiter untätig bleiben.

Die Fridays for Future-Demonstrierenden gehen nicht für irgendeine fixe Idee auf die Straße, sie marschieren für unsere Zukunft. Auch für die Zukunft derer, die glauben, eine Meinung dürfe man sich erst mit Volljährigkeit leisten. Also bitte, liebe junge Generation: Macht weiter. Schwänzt die Schule, blockiert die Straßen und schreit so laut, dass man euch auch noch im entlegensten Winkel dieser Welt hört. Sollte es unseren Planeten in 500 Jahren noch geben, wird es euer Widerstand sein, über den man im Geschichtsunterricht sprechen wird. Und dann wird es sich auch wieder lohnen, freitags in die Schule zu gehen.


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