Der Graf von Monte Christo

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red /

Wer sich das neue Stück der Dramatischen Bühne ansieht und eine weitere der unzähligen Adaptionen von Dumas‘"Der Graf von Monte Christo" erwartet, der wird entweder enttäuscht oder zumindest überrascht sein. Denn der Protagonist ist diesmal nicht Edmond Dantes, der spätere Graf, sondern Valert (Thorsten Morawietz), ein cinephiler Kartenabreißer in einem französischen Vorstadtkino, der sich seit drei Monaten täglich den Film über die Abenteuer des Grafen ansieht. Da er mehr in der Filmwelt zu Hause ist, als in seinem bescheidenen Dasein, verschwimmt für Valert schon sehr bald die Grenze zwischen Leinwand und Realität und für den Zuschauer die Grenze zwischen Theater und Kino.


Regisseur und Autor Thorsten Morawietz hat nach seiner Adaption von Shakespeares „Sturm“ erneut ein Lustspiel mit Spielfilmelementen gewagt. Die Leinwand wird zum Zentrum der Bühne, wenn die Figuren im Film und im Stück miteinander sprechen, zwischen den Welten wandeln und miteinander agieren. Das Zusammenwirken von Film und Spiel hat zwar schon beim „Sturm“ nicht immer überzeugt, bietet diesmal aber durchaus interessante Einfälle. So gehören zu den Höhepunkten eine kurze Stummfilmsequenz, eine Musical-Parodie und ein Fechtkampf, der sich wechselweise auf Bühne und Leinwand abspielt. Der „Graf von Monte Christo“ ist eine Hommage an das Kino, die sich zwischen Ironie und Nostalgie bewegt. Leider erscheinen die Filmsequenzen oft unbeholfen und dilettantisch, wozu der außerordentlich schlechte Ton seinen Teil beiträgt. Aber auch das Buch selbst bleibt an Einfallsreichtum in Wort und Spiel hinter grandiosen Produktionen, wie zuletzt „Phantom der Oper“, weit zurück. Angesichts der beachtlichen Leistung von zwei Neuproduktionen pro Jahr und zahlreichen Wiederaufführungen wäre dies akzeptabel, wenn die „Running-Gags“ nur nicht zu oft wiederholt werden würden, als müssten sie über die Längen und Schwächen hinweghelfen. Auch das bekannte Darstellerensemble hat man auch schon in besserer Form erlebt. Trotzdem hat auch der „Graf von Monte Christo“ durchaus seinen Unterhaltungswert, wenn auch nur einen durchschnittlichen.


Zum Schluss bleibt für den kinomanen Helden die Erkenntnis, dass das wahre Leben besser ist als das Dasein in einem Spielfilm, auch wenn die Realität zuweilen bitter sein kann. So täte es auch der Dramatischen Bühne gut, vom Film abzurücken und sich wieder mehr auf ihre Stärke, das „Live-Schauspiel“ zu konzentrieren.


Text: Lukas Gedziorowski


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