Auf Christbaum-Suche

August Bertl leuchtet bald in Frankfurt

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August, Spitzname Bertl, ist ein 30 Meter hoher Tannenbaum, der noch die Steiermark sein Zuhause nennt. Bald aber tritt er die weite Reise nach Frankfurt an, um hier der neue Christbaum auf dem Weihnachtsmarkt zu werden.

Christina Weber /

Die Weihnachtsbaum-Suche hat in Frankfurt Tradition. Jedes Jahr geht die Tourismus und Congress GmbH (TCG) gemeinsam mit Vertretern der Presse auf die Suche nach dem passenden Christbaum für den Weihnachtsmarkt. Denn zur Weihnachtszeit steht am Römer jedes Jahr Deutschlands höchster, natürlich gewachsener Weihnachtsbaum. Dafür müssen monatelang Wälder und Lichtungen durchforstet werden, um die passende Tanne zu finden – denn die Anforderungen sind hoch. Mindestens 30 Meter Höhe sowie biegsame Äste braucht der Baum. Vor allem aber muss er frei stehen, denn nur dann ist er an allen Seiten gleichmäßig gewachsen.

Dieses Jahr geht es in die Steiermark – nach Gröbming. Gesucht wird immer wieder in einer neuen Region, die sich dann auf dem Weihnachtsmarkt vorstellen darf. Mit der Präsentation der eigenen Heimat fängt Bertl Lemmerer vom ansässigen Tourismusverband, sofort an. „Den Mutigen gehört das Gröbminger Land“, trichtert er uns gleich zu Beginn ein. Diese Ansage dürfen wir uns zu Herzen nehmen. Denn bevor es zur Baum-Suche geht, fahren wir „Zipline“. Das ist eine Seil-Gleitfluganlage. Und zufällig gibt es hier die Größte in den Alpen. Alleine die Zahlen sorgen für Gänsehaut – in 120 Metern Höhe sollen wir in einer offenen Ein-Mann-Gondel auf 2,5 Kilometer langen Seilen in die Tiefer rasen – bis zu 115 Stundenkilometer schnell kann die Sause werden. Auf was haben wir uns da nur eingelassen? Es braucht wirklich Überwindungen, die Fahrt – oder den Flug, wie man hier dazu sagt – anzutreten. Es stockt für einen Moment das Herz, dann aber kann man die atemberaubende Aussicht wirklich genießen.

Nach dem Adrenalin-Schub sind wir alle wach und bereit, einen Baum auszusuchen. Auf Oldtimer-Traktoren, die Lemmerer normalerweise an Touristen vermietet, geht es los. Anfangs ist die Fahrt sehr ungewohnt, das Schalten fällt wesentlich schwerer, als bei PKWs. Aber nach ein klein wenig Übung, macht das Traktor-Fahren richtig Spaß. Gröbming und Frankfurt hatten vor der Baum-Suche bereits eine Verbindung, wie wir lernen. Ein Mann namens Hans Heinrich August Hauck, geboren 1890 in Gröbming und hier auch im Alter von 74 Jahren gestorben. Er war sein Berufsleben lang in Frankfurt als Banker tätig. Im Rentenalter zog es ihn aber zurück in die Heimat. Denn Hauck war begeisterter Jäger. Da er hier im Ort auch ein großer Förderer war, bauten ihm die Gröbminger ein Denkmal – an dem Ort, wo er seinen letzten Hirsch schoss.

Wir beschließen, ebenfalls das Andenken an Hauck zu ehren, und den Baum nach ihm zu benennen. Da die Gröbminger nach fast einem halben Jahr Suche, genau drei mögliche Bäume ausfindig gemacht haben, passt alles wunderbar zusammen. Schließlich hat Hauck drei Vornamen. Los geht es also zu Baum Nummer eins, den wir Hans nennen. Hans kommt leider nicht in Frage. Ein Blick von Thomas Feda, Geschäftsführer der TCG, genügt. „Der ist zu klein“, lautet das vernichtende Urteil. Das wusste Lemmerer aber schon, also geht es weiter zu Heinrich (Foto). Warum uns Heinrich vorgeführt wird, bleibt ein Rätsel. Er ist wunderschön, breit, perfekt gewachsen. „Das wäre der schönste Baum, den Frankfurt je hatte“, sagt auch Feda. Mitnehmen können wir die riesige Tanne aber nicht. Denn die Äste sind zu lang und ausladend – er würde den Transport nie überstehen.

Im Vergleich zum großen Heinrich wirkt August auf den ersten Blick fast schmächtig. Obwohl er 30 Meter hoch ist und 8,5 Tonnen wiegt. Man hätte uns die 110 Jahre alte Tanne vielleicht direkt zeigen sollen. Eine wirkliche Wahl gibt es ohnehin nicht. Nach genauer Beobachtung ist August aber recht ansehnlich. Die untere Äste sind zwar nicht auf allen Seite gleichmäßig gewachsen, aber die ersten Meter werden ohnehin abgeästet. „Ein echtes Schnittchen“, urteilt Feda.

Da Bertl Lemmerer uns so leidenschaftlich und herzlich seine Region schmackhaft gemacht hat, soll auch er im Namen des Baums verewigt werden. Wir einigen uns auf Folgendes: der Weihnachtsbaum heißt August, seine Freunde dürfen ihn Bertl nennen. Und wie sich herausstellt, hat Bertl Lemmerer auch eine zweiten Vornamen: August. Was für ein schöner Zufall.

Noch steht August, mit Spitznamen Bertl, auf rund 800 Metern Höhe. Am 4. November tritt er seine Reise nach Frankfurt an. Dann hat er erst einmal ein paar Tage Zeit, sich zu entfalten – denn für den Transport wird er gut verschnürt. Danach wird die Tanne mit rund 5000 Lichter illuminiert. Trotzdem wird sie bestimmt Anlass für Meckereien bieten. Denn das Meckern über den Weihnachtsbaum gehört genauso zur Tradition, wie die Suche.


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