Frankfurt ist dem Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ noch einen Schritt näher gekommen. „Klimaschutzkommune 2010“ darf sich die Stadt schon nennen. Nun ist sie auch Dritte im Biodiversitäts-Wettbewerb.
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Frankfurt ist längst nicht mehr nur Bankenstadt Nummer eins. Auch in Sachen Umwelt- und Artenschutz spielt die Stadt mittlerweile in der ersten Liga. Nach dem Titel „Klimaschutzkommune 2010“ kam der Stadt nun auch eine Ehrung für ihr vorbildliches Engagement in Sachen Artenschutz zuteil. Beim Wettbewerb „Bundeshauptstadt der Biodiversität“ belegte Frankfurt den dritten Platz, hinter Hannover und Münster. Der Preis der Deutschen Umwelthilfe wurde am gestrigen Dienstag in Köln verliehen.
In Vertretung für den Schirmherrn Bundesumweltminister Norbert Röttgen lobte die Parlamentarische Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser in ihrer Laudatio den Artenschutz und die Umweltbildung im Frankfurter GrünGürtel. Beispielhaft nannte sie die Landschaftslotsen am Alten Flugplatz in Bonames/Kalbach. „Sie vermitteln aktiv zwischen den vielen begeisterten Besuchern und dem Schutz der sich ausbreitenden Pflanzen- und Tierwelt.“ Genau auf diese Verbindung kam es in dem Wettbewerb an. Denn sichtbare Artenschutzarbeit vor Ort bietet den besten Anknüpfungspunkt, um die Bevölkerung für den Erhalt der weltweiten Biodiversität zu interessieren.
Mehr Pflanzenarten als im Taunus
„Großstädte sind heute für den Artenschutz wichtiger als die oftmals ausgeräumten ländlichen Regionen“, sagte Umweltdezernentin Manuela Rottmann. Nach einer 2010 veröffentlichten Inventur des Netzwerks Bio Frankfurt wachsen in Frankfurt fast 1700 verschiedene Pflanzen, im zehn Mal größeren Taunus sind es hingegen nur 1250. Auf nur 0,06 Prozent der Fläche Deutschlands beherbergt die Stadt rund die Hälfte aller frei wachsenden Pflanzenarten, die im Bundesgebiet zu finden sind. Für diese Artenvielfalt nennen Fachleute zwei wichtige Gründe: Zum einen das dichte Mosaik von versiegelten Flächen und unterschiedlichen Freiflächen wie Grünanlagen, Gärten, Friedhöfen, Ruderal- und Brachfläche n. Zum anderen die Rolle der Städte als Knotenpunkte von Handel und Verkehr. So fand sich auf dem Gelände des Frankfurter Güterbahnhofs eine große Population von zugewanderten Mauereidechsen, die eigentlich eher in mediterranen Gefilden zu Hause sind. Auch die Zahl neu eingebürgerter Pflanzen (Neophyten) hat mit der Globalisierung in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen.
Seit 1985 kartiert das Senckenberg-Institut im Auftrag des Umweltamts systematisch alle Biotope Frankfurts, im Jahr 2009 widmeten sich die Biologen zum Beispiel den Streuobstwiesen. Auf dieser Wissensgrundlage kann das Umweltamt dann Programme starten wie den „Apfel-Appell“, der Großstädtern das kleine Einmaleins der Obstwiesenpflege vermittelt. Dank vieler Partner in der Bürgerschaft sowie in Umwelt- und Naturschutzverbänden hat Frankfurt heute eine der größten Steinkauz-Populationen Deutschlands, eine große Vielfalt an Fledermäusen und an Amphibien. In dem Programm „Entdecken, Forschen, Lernen im Frankfurter GrünGürtel“ kommen jedes Jahr tausende Schulkinder und ihre Familien in Kontakt mit der Natur und erleben beim Vogeltag oder bei der Fledermausnacht die Biodiversität ihrer Stadtheimat.
Grzimek als Pionier der Biodiversität
Über die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft, die Zoologische Gesellschaft, den Palmengarten und die Johann Wolfgang Goethe-Universität ist der Artenschutz seit langem fest in der Frankfurter Bürgerschaft verankert. Bernard Grzimek schuf mit seinem Film „Serengeti darf nicht sterben“ schon Ende der 1950er Jahre, mitten im Wirtschaftswunder, ein Bewusstsein für den Wert der weltweiten Biodiversität. Auf dieser Tradition baut das Netzwerk Bio Frankfurt auf. In ihm setzen sich 16 zum Teil international aktive Institutionen aus dem Rhein-Main-Gebiet für die Erhaltung der biologischen Vielfalt ein und vermitteln zwischen Öffentlichkeit und Forschung.
„Klimaschutz und Artenschutz gehören zusammen“
„Der Schutz der Biodiversität ist so genau wichtig wie der Klimaschutz“, sagte Umweltdezernentin Manuela Rottmann. „Beides hängt untrennbar miteinander zusammen. Wer meint, man könne für den Klimaschutz den Naturschutz übergehen, hat nichts von Nachhaltigkeit verstanden.“ Der 3. Preis im Wettbewerb „Bundeshauptstadt der Biodiversität“ belohne alle, die sich in Frankfurt für den Artenschutz engagierten – vom MainÄppelHaus über die Spatzen-Initiative der Wildtierstiftung bis zum umweltbewussten Kleingartenpächter. „Der Artenreichtum ist ein wichtiger Teil von Frankfurts Reichtum“, sagte Rottmann. „Nur eine Stadt, die ihre Natur schützt, kann dauerhaft gut gedeihen.“