Abgründe und Höhenflüge mit Placebo

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red /

„Es macht Spaß, sich auf Sänger Brian Molko einzulassen und ihn auf seiner Reise in die menschliche Gefühlswelt zu begleiten. Nach dem Hören diesen Albums sollte jeder Fan dieser wunderbar melancholischen Musik geworden sein“, stand in der Kritik zum letzten Placebo-Album „Meds“ im JOURNAL FRANKFURT. Und dann kamen die Jungs erst mal nur nach Mannheim für ein Konzert und Frankfurt schien wieder mal das Nachsehen zu haben. Umso erfreulicher, als dann eine weitere Auftritt in der Jahrhunderthalle angekündigt wurde. Und dahin pilgerten dann auch die Placebo-Fans zahlreich am gestrigen Abend und feierten ihre Helden vom ersten Ton an.


Die Briten hatten mächtig aufgefahren, um ihre Botschaften (Molko: „Politik und Musik, Politik und Film, Politik und...“) auch visuell umzusetzen. Die Lightshow war gigantisch, dazu Projektionswände – Ohren und Augen hatten mächtig zu tun, um Placebo mit allen Sinnen zu erfassen. „Meine Philosophie ist es, jeden Tag jemanden glücklich zu machen“, meinte Molko zwischendurch. An diesem Abend ist es ihm mehrtausendfach gelungen. Auch eine Art Placebo-Effekt.


Mögen Molko und Co. auch große Melancholiker sein, so ist ihr Sound doch weit davon entfernt, in dunkle, düstere Gefühlsduseleien abzudriften. Es gibt sicherlich Momente in der Musik, die selbst Schwarzkitteln gefallen, es gibt Hymnisches, Pathetisches, aber an der Basis sind Placebo – manchmal mit drei Gitarren zu Bass und Schlagzeug – wenn auch differenziert in Harmonik und Melodik – voranpreschend wie eine echte Rockband. Auch wenn Placebo „Ich werde gefallen“ heißt, so ist Frontmann Molko nicht der sich zu Schau stellende Narziss, obwohl er sich – wie auch Bassist/Gitarrist Stefan Olsdal – gut zu inszenieren weiß. Souverän, aber sympathisch. Das Grandiose an Placebo ist, dass ihr Sound nie eindimensional bleibt, das Ganze sich widersprüchlich gibt und trotzdem zu einem homogenen Ganzen wird: artifiziell und brachial, laut und feinsinnig, plakativ und filigran. Ihre Version von Kate Bushs „Running Up The Hill“ als Zugabe machte gerade das besonders deutlich mit seinen ausufernden Noise-Attacken bei ungebrochener Sensibilität und Sinnlichkeit.


Und – um einer noch jungen Tradition zu folgen – meldet sich hier auch mal wieder B. zu Wort: „Placebo öffnet Abgründe und verführt zu Höhenflügen in ein und demselben Moment. Man kann sich in jeder Sekunde entscheiden: fallen oder fliegen. Und wenn man die Augen schließt und los lässt, kann man beides zugleich.“


TEXT/FOTO: DETLEF KINSLER


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