Es ist nicht leicht, das Temperament der Deutschen zu wecken. Doch wenn man das erstmal geschafft hat, bleibt kein Auge mehr trocken. Der Beweis: das Konzert von Joe Cocker gestern Abend. Nachdem das Publikum während der ersten Stücke beinahe etwas mit dem Applaus zu sparen schien, belohnte es den Rock-Veteranen und seine Band in der zweiten Hälfte des Konzerts mit purer Begeisterung. Neben Stücken von seinem aktuellen Album „Hymn for my Soul“, das Joe Cocker Anfang des Jahres bereits bei Thomas Gottschalks „Wetten, dass...?“ präsentiert hatte, spielte der Musiker mit der markanten Stimme auch all seine Hits, die ihm zu Weltruhm verholfen haben. Ob „You are so beautiful“, „N’oubliez jamais“, „When the night comes“ oder „Unchain my heart“– nicht nur Fans erlebten an diesem Abend ein sicherlich unvergeßliches Konzert.
Eigentlich gab es in der fast ausverkauften Festhalle keine Stehplätze. Zuschauer, die schon zu Beginn des Konzerts von der Musik mitgerissen wurden, wurden von den Ordnern der Festhalle immer wieder freundlich zu ihren Plätzen zurück begleitet. Als dann jedoch die ersten Töne des Cocker - Erfolghits „With a little help from my friends“ zu hören waren, sprangen nicht mehr nur ein oder zwei Besucher von ihren Plätzen auf. Es wurde geklatscht, gejohlt und in den Gängen zwischen den Stuhlreihen und vor der Bühne ausgelassen getanzt.
Sir Joe Cocker, wie er seit seinem Rittschlag am 16. Juni eigentlich heißen muss, präsentierte sich gut gelaunt und bestens bei Stimme. Seine großen Erfolge, wie der mit einem Oscar ausgezeichnete Song „Up where we belong“, wurden von seiner Band begleitet, die in ihrer musikalischen Perfektion und Spielfreude sicherlich zu den ganz Großen zählt. Natürlich fehlten auch Cockers Markenzeichen nicht - seine unbeholfen wirkenden, zuckenden Bewegungen vorm Mikrofon und der markante Cocker-Schrei, auf den das Auditorium jedes mal mit frenetischem Applaus reagierte. Doch nicht nur fürs Ohr, auch fürs Auge wurde den Zuschauern etwas geboten: die beiden Background-Sängerinnen, die in engen Lederhosen und High Heels sangen und tanzten zogen die Blicke ebenso auf sich, wie die scheinbar unbekleideten Frauensilhouetten, die bei dem Song „You can leave your hat on“ auf der großen Leinwand über der Bühne eingeblendet wurden. Auch wenn es anfangs so aussah, als seien Rockstar und Publikum ein wenig in die Jahre gekommen – zu spüren war davon nichts. Zum Abschied schmetterte der Musiker seinen Fans noch ein schallendes „Frankfurt – keep on rockin‘“ entgegen. Und mit den Songs vom neuen Album, das im Frühjahr veröffentlicht wurde, wird das auch sicher gelingen.