Der Blick auf die Tabelle schmerzt Trainer Colin Bell. Denn nach zwei Niederlagen hintereinander steht Frankfurt momentan nur auf Platz 4. Mit sieben Punkten Rückstand auf Herbstmeister VfL Wolfsburg.
Detlef Kinsler /
Vor einer Woche verlor der 1. FFC Frankfurt sein Auswärtsspiel beim VfL Wolfsburg und spielte schlecht. Beim Spiel gegen den FC Bayern München gestern im Stadion am Brentanobad fand die Heimmannschaft in der ganzen ersten Hälfte fast gar nicht statt. Gästetrainer Thomas Wörle hatte seine Mannschaft auf das Spitzenspiel bestens eingestellt. „Wir wussten wie dominant die Frankfurterinnen zuhause sind und dass wir hier zu bestehen können wenn wir eine Topleistung bringen“, sagte der Coach in der Pressekonferenz.
„In der ersten Halbzeit haben wir vorne Druck gemacht und das Spiel von unserem Tor weg gehalten.“ Was so einfach klingt, war tatsächlich zunächst auch überraschend einfach zu realisieren. Bianca Schmidt wieder auf der rechten Außenbahn, da blitzte zunächst die oft geforderte Spielintelligenz auf, dafür liefen Kuzniks Passversuche in die Tiefe über links ins Leere.
Die Münchnerinnen erahnten die Anspielstationen eher als die Mannschaftskolleginnen. Zudem waren sie immer ein Schritt schneller, wirkten mental frischer, körperlich robuster und einen Kopf größer. So spielte sich der FCB schnell eine optische Überlegenheit heraus und schon nach fünfzehn Minuten stand es 1:0 für die Bayern. Desirée Schumann, die nach Anke Preuß’ Patzer in Wolfsburg und guten Trainingsleistungen wieder im Tor stand, machte nun auch einen eklatanten Fehler, konnte einen scharfen Ball nicht festhalten, der fiel Mana Iwabuchi vor die Füße und die nahm das Geschenk dankend an.
Noch bevor sich der FFC berappeln konnte, fiel nur fünf Minuten später das 2:0, wieder nach einem individuellen Fehler. Eine zu kurze Kopfballabwehr von Simone Laudehr landete bei Katherine Stengel, die einnetzte. Gleich drei Großchancen von Bayern stand nur eine von Svenja Huth gegenüber. Die marschierte ganz allein auf Ersatz-Torfrau Manuela Zinsberger zu, stand aber ganz allein auf weiter Flur da keine Mitspielerin mitgelaufen war. Immerhin: Colin Bell reagierte schon nach 31 Minuten und brachte die nicht ganz fitte Verónica Boquete da Kozue Ando – auch gut im Training und deshalb von Anhang an dabei – nahezu unsichtbar blieb.
Bis zur Pause ging es aber eher um Schadensbegrenzung und nicht nur Bell machte sich weitere Gedanken, sein Spielsystem umzustellen, sondern auch zwei Fotografen auf dem Weg zum Kaffee. Dumm, dass manche Positionen doppelt besetzt sind und wenn Schmidt spielt Hendrich auf der Bank bleiben muss oder umgekehrt, Hendrich doch eigentlich eher Innenverteidigerin ist und man gerade in so einem Spiel, wo selbst eine Kerstin Garefrekes, eigentlich immer eine Bank, unter ihren Möglichkeiten blieb und Dzsenifer Marozsán zur Zeit nicht allein zur Spielgestalterin taugt, Simone Laudehr wieder ins Mittelfeld beordert könnte.
Und siehe da: so kam es. Mit Kathrin Hendrich für Sven Huth übernahm Laudehr mehr Verantwortung und Bianca Schmidt bekam noch mehr Freiheiten nach vorne und tauchte sogar oft in der Spitze auf, um dort Mandy Islacker zu unterstützen. Denn die verletzte Célia Sasic fehlte an allen Ecken und Enden. Aber immerhin erarbeiteten die Frankfurterinnen drei Chancen am Stück. Die Münchnerinnen hatten nicht mehr so viel Tempo im Spiel, „vor heimischer Kulisse“, so Thomas Wörle, „fand Frankfurt mehr und mehr ins Spiel und hat uns dann zu schaffen gemacht.“ Allerdings: „Wir hatten auch in der zweiten Hälfte noch drei Chancen.“ In der 62.Minuten gelang der 70%-Frau Boquete aber der Anschluss. „Die Hoffnung hat einen Namen“, fabulierte Stadionsprecher Rolf Töpperwien. „Vero“. In das folgende „Aufbäumen“ des FFC, Laudehr traf den Ball erst hintern Pfosten, Garefrekes scheiterte ebenso wie Hendrich, die sich beeindruckend an der Torauslinie bis in den Strafraum durchgewuselt hatte. Marozsán konnte einen Freistoß aus gut 20 Metern fast noch direkt verwandeln.
Die letzte Chance in der Nachspielzeit hatte die aufopferungsvoll fightende Bianca Schmidt, der man für ihren Einsatz an vorderster Front einen Treffer gegönnt hätte. Colin Bell konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. „Nach dem 1:0 und bis zur Halbzeit ist die Mannschaft völlig auseinander gefallen. Das kannte ich so von ihr gar nicht“, bemängelte er die vielen Fehler, nahm aber die ganze Verantwortung auf sich und formulierte den Satz, den in Frankfurt ganz sicher so keiner hören wollte. „Wenn du gegen Spitzenmannschaften nicht gewinnst, bist du keine Spitzenmannschaft.“ Bis zum nächsten Ligaspiel vor der Winterpause bei Duisburg nächsten Sonntag muss Bell sein Team wieder aufbauen. Denn eine Woche später kommt der FC Bayern München schon wieder ans Brentanobad. Als Gegner im DFB-Viertelfinale. „Da fängst das Spiel wieder bei Null an.“ Thomas Wörle ist clever genug, sich nicht plötzlich zum Favoriten stempeln zu lassen.
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt.