Das Programm des sechsten Terza Visione-Festivals im Filmmuseum bietet Raritäten und Kuriositäten. Die Macher wollen das gesamte italienische Genrekino von den Fünzigern bis zu den Achtzigern abbilden – und schrecken vor keiner bizarren Ausrichtung zurück.
Gregor Ries /
„Gibt es bei euch eigentlich keine Geschmacksgrenzen?“, fragte im vergangenen Jahr ein Filmvorführer das Team des Terza Visione-Festivals. Es gibt sie nicht. Im Bestreben, das komplette italienische Genrekino von den Fünfzigern bis zu den Achtzigern zu erfassen, schrecken Andreas Beilharz und Christoph Draxtra vor keiner bizarren Ausrichtung zurück. So gehören zum Programm des sechsten Festivals, das vom 25. bis 28. Juli zum dritten Mal im DFF Deutsches Filminstitut Filmmuseum stattfindet, neben dem Discofilm „Jocks“ und „Die Lust“ – einer der aufwändigeren Sexfilme des später in die Pornoregion abgewanderten Joe D’Amato – auch der provokante „Die letzte Orgie des 3. Reichs“ in einer harten Mischung aus Metzeleien und Melodram.
15 teils seltene Filme, natürlich alle auf 35 Millimeter-Material, trugen die Veranstalter aus unterschiedlichen Quellen zusammen und untertitelten fünf davon extra für die Veranstaltung. Unter der Auswahl findet man lediglich drei deutsche Synchronfassungen – beim Nürnberger Debüt war das Verhältnis noch umgekehrt gewichtet. Beilharz, Draxtra und weitere Experten führen zudem bei fast allen Vorstellungen in ihre Entdeckungen ein.
Während die einst beliebten Piraten- und Sandalenfilme fehlen, kommen Fans von Musicals („Ich protestiere nicht, ich liebe“ mit Terence Hill), Spaghetti-Western („Der Mörder des Klans“ mit Klaus Kinski) oder Politthriller („Gewalt: Die fünfte Macht im Staat“ mit Mario Adorf) auf ihre Kosten. Die Meisterregisseure Dario Argento und Lucio Fulci sind mit zwei ihrer populärsten Schocker „Suspira“ und „Das Haus an der Friedhofsmauer“ vertreten.
Dagegen wählte man bei einem weiteren Stilisten ein eher unbekanntes Werk. Bei Mario Bavas Erotikkomödie „Viermal heute Nacht“ handelte es sich zwar um eine italienisch-deutsche Co-Produktion, doch nach dem Flop im Heimatland lief der erotische Streifen hierzulande niemals an. Aus vier Perspektiven werden die turbulenten nächtlichen Erlebnisse eines Paares im Stil des Klassikers „Rashomon“ aufgerollt. Obwohl die „Auflösung“ wenig Sinn ergibt, lebt die Swinging Sixties-Reise ohnehin stärker von ihrer Pop Art-Dekor, dem ausgeklügelten Farbenspiel und den Reizen von „Miss Italien 1966“ Daniela Giordano.
>> Terza Visione, 6. Festival des italienischen Genrefilms, Filmmuseum, Schaumainkai 41, 25.-28.7., Dauerkarten 75 €, erm. 60 €, www.dff.film