Dieser Topf ist nicht virtuell, nicht scheinbar, sondern aus Ton und hat einen Deckel. Auch wird er nicht im Haus des Stieres und des Bären aufgehoben, sondern in der St. Nikolaikirche am Römer. Und obwohl er keine Antiquität ist und nicht mal einen neuzeitlichen Sammlerwert besitzt, fallen die Banker und Börsianer dennoch eifrig über ihn her und stopfen haufenweise Blätter hinein. Das sind aber auch keine Aktien, sondern Bittbriefe und Gebetsschreiben. Der Spendentopf ist ein Sammelkasten der etwas anderen Art. Vor allem zeigt er, dass die Finanzmarionetten nicht nur „stolz“ mit ihren sinkenden Schiffen untergehen, sondern auch Menschen sind, Menschen mit Ängsten und Gefühlen. Ganz zu schweigen von den zusätzlich durch die Krise Betroffenen.
Und von denen gibt es in „Bankfurt“ viele. Für Pfarrer Jeffrey Myers war dies ein Grund, den einfachen Krug in der Kerzenecke der Alten Nikolaikirche aufzustellen. Täglich würden die eingeworfenen Zettel gelesen und für die Menschen gebetet, sagte Myers. Warum aber die Nikolaikirche am Römer? Die Erklärung ist einfach: Der Heilige Nikolaus gilt unter anderem auch als Schutzheiliger der Banker. Vielleicht wurde er später als Schutzpatron der Banken unter anderem deshalb ausgesucht, weil er sein Geld gut anzulegen wusste – nämlich für die Armen.
Wir haben einige Ausschnitte aus dem Fürbittenkrug zusammengestellt, die die Frustrationen und Hoffnungen der Frankfurter widerspiegeln. Natürlich anonym.
Ja, Geld verloren, viel verloren! Aber ich bete und bitte um Lebendigkeit. Die Angst darf nicht gewinnen.
Ich danke dafür, dass die Finanzkrise gekommen ist und die Menschen wachrüttelt....
...dafür, dass mein Geld für die Miete, Versicherung und das Essen reicht....führe mich bitte aus der finanziellen Krise.
Mit weniger kommen wir auch zurecht...Danke dafür!
...und las mich ganz persönlich in meiner momentanen Situation materieller Bedrängnis nicht verzagen und resignieren...
Mehr Kontrolle des Finanzsektors ist jetzt dringen angesagt. Ich hoffe, dass den zu erwartenden Arbeitslosen geholfen wird.
...alles geht derzeit schief. Hilf mir aus dem Ganzen wieder heraus. Gib mir die Kraft, das alles auszuhalten...
Ich bete darum, dass wir durch die selbst geschaffene Krise zur Besinnung kommen.
Ich bitte um Gottes Kraft und Schutz, da ich in einer dramatischen Lage jetzt bin. Wurde jetzt mit 67 Jahren zum Sozialfall, was ich mir nie habe vorstellen können...
Großer Gott, wir verlieren unser Geld - andere vielleicht ihre Existenz. Lass uns in dieser Krise wieder eine neue Ausrichtung erkennen: dass es nicht wichtig ist, Geld anzuhäufen, oft auf Kosten anderer - sondern dass wir lernen, mit dem zufrieden zu sein, was wir fair und ethisch verantwortlich zum Leben brauchen.
...bitte behandeln Sie dies vertraulich. Ich musste meine Wut gegen diese charakterlose Zockerei mal los werden...
...und stehe mir bei in der jetzigen ganz schweren Lebenssituation.
...hätte ich das Geld lieber aufs Sparbuch gebracht, jetzt habe ich Schulden...es tut so Weh in meiner Seele.
Please let the funding come through...
...seit einem Jahr arbeitslos, finde keinen Job trotz bis jetzt 167 geschriebenen Bewerbungen. Ich hoffe, dass es wegen der Finanzkrise nicht noch schlimmer wird.