Kolumne von Ana Marija Milkovic

Stirb langsam, Goetheplatz

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Der Goetheplatz ist so eine Sache. Kann man den überhaupt gut finden. Frau Milkovic aber schreibt in ihrer neuen Kolumne: "Da steh ich drauf." Nur um hinzuzufügen: "Die mangelnde Perspektive gibt Zuversicht."

Ana Marija Milkovic /

Goetheplatz, da steh ich drauf. Die mangelnde Perspektive gibt Zuversicht. Da geht noch was! Ein bisschen Platzgestaltung auf jeden Fall. Eben liegen neueste Wettbewerbsergebnisse vor. Wettbewerbsinteressierten empfehle ich allerdings eher die Formel 1. Die hat sich im Gegensatz zur hiesigen Architektur Lichtjahre weiterentwickelt und fährt längst nicht mehr die AVUS rauf und runter. Ich erinnere mich an Ayrton Senna, ein Meister seines Fachs, erfolgreich und sexy. Sicherlich, heute mausetot, suche ich sein architektonisches Pendant. Die Suche fällt schwer, jedenfalls unter den Lebenden. Heute kann das Betrachten zeitgenössischer Architektur ausreichen, um sich tot zu fühlen. Hieß es einst "Vedi Napoli e poi muorit", machen die Frankfurter ernst: "Frankfurt sehen und sterben". Mag das Verlangen zum Sterben unterschiedlich begründet sein, im Ergebnis bleibt es gleich. Allerdings halten unsere Entrepreneurs nicht allzuviel von internationaler Wirksamkeit. Wenn hier gestorben wird, interessiert es über unseren Tellerrand hinaus niemand. In Frankfurt wird gegessen was auf den Tisch kommt und das bestimmt immer noch die regionale Küche. Unsere architektonische Weltvorstellung gründet seit annähernd einem Jahrzehnt in einer Scheibe, weit entfernt vom Rand liegt die neue Welt. Dubai, Shanghai, Bangkok, Peking, Beijing. Manche Expedition staunt nicht schlecht, was die sich dort trauen. Hier traut sich auch so mancher etwas. Ich stehe jetzt genau an der Stelle auf dem Goetheplatz mit den kleinen Fontänen, gleich verbuddelter auf dem Rücken liegender Manneken-Piss-Männchen und frage mich, was das soll? Wer dominiert hier das Geschehen? 2009 schrieb die FAZ noch "Der Goetheplatz wird neu gerahmt. Nach jahrelangen Umbauarbeiten soll das Erscheinungsbild ...grundlegend verändert werden." 2013 verliert der Passant dank architektonischer Monotonie die Orientierung, wäre da nicht Jean Nouvels signifikantes dem Platz Trost spendendes überragendes Dach. Wer empfahl, entschied 2009 die kleine Auswahl internationaler renommierter Büros, daneben die Auswahl international "never heard of" Frankfurter? Und wenn schon "never heard of"', warum dann nicht innovative, avantgardistische Köpfe? Oder hat Deutschland einfach keine Avantgarde? Braucht eine reich verschuldete Stadt überhaupt eine Avantgarde? Stört die eventuell nur? Wie entsteht eine geistige, gestaltende, fortschrittliche Elite, wenn's niemanden kümmert und sie fehlt? Wie auch immer die Antworten aussehen, 2009 endete jedenfalls in Frankfurt damit der Pritzker-Preisträgerin Zaha Hadid nahe zu legen, sie könne nicht bauen, jedenfalls nicht in unserer Stadt. Plötzlich schlecht beleumundet, ist ihr Wesen zudem schwierig und ihre Art zu bauen teuer. Wen wundert's? Natürlich kann sie nicht mithalten, wenn immer wieder die gleichen Fassadendetails unsere Strassenfluchten beliebig wiederkehrend zieren. Und die Zeichnungen der immer wiederkehrenden Details aus den immer wiederkehrenden gleichen Schubladen gezogen werden. Aber wozu dann ein Wettbewerb, um ein Ergebnis zu erzielen, das auch Eschborns Stadtmitte gut schmücken könnte?


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